Kapitel 15: Weg

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"Mom?!", fragte ich ungläubig. "Was machst du denn hier??"

"Willst du so deine Mutter begrüssen?", fragte meine Mutter und sah mich mit gehobenen Augenbrauen an.

"Hi Mom...", sagte ich immer noch verdattert. "Was machst du hier?", fragte ich wieder, als sie nichts darauf erwiderte.

"Also wirklich...wo sind deine Manieren geblieben, Schätzchen? Willst du mich nicht in deine Wohnung bitten?"

Ich ging wortlos an ihr vorbei, die Treppen hoch. Ich glaube ich brauche nicht zu erwähnen, dass meine Mutter und ich kein sonderlich gutes Verhältnis hatten.

Als wir im 2. Stockwerk ankamen blieb ich vor meiner Wohnungstür stehen. Erst jetzt fiel mein Blick auf den mittelgrossen Koffer, den meine Mutter hinter sich herschob. Im ernst jetzt?? Sollte das ein Scherz sein?! Erst tauchte mein Bruder aus dem Nichts auf und jetzt auch noch Mom? Das war mir zu viel.

"Mom...was soll das ganze?!", fragte ich entgeistert und machte eine Handbewegung die sowohl ihren Koffer als auch sie mit einschloss.

"Ich hab gedacht ich gehe meine  Tochter besuchen und bleibe für ein paar Tage", sagte sie unbekümmert. 

"Einfach so??" Ich schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich kenn dich und weiss deshalb ganz genau, dass das nicht der wahre Grund ist, Mom!"

"Schätzchen...lass uns doch in deine Wohnung gehen...Die Nachbarn...", sagte meine Mutter und deutete auf die Wohnungstüren der Nachbarn.

Ich stöhnte genervt. Scheiss auf die Nachbarn!, dachte ich, schloss aber trotzdem die Tür auf. Ich sollte besser kein Stress mit den anderen Mietern haben.

"Du schuldest mir eine Antwort...", sagte ich ungeduldig zu Mom. Doch die war viel zu sehr damit beschäftigt meine Wohnung genauer zu betrachten. Ich stöhnte innerlich. Diese Frau trieb mich in den Wahnsinn!

Ich wollte grade einen weiteren Versuch starten um eine Erklärung für ihr Auftauchen zu  verlangen, da kam Tom in Boxer-shorts und mit vollem Mund aus der Küche geschlendert. Er blieb abrupt stehen und seine Kinnlade rutschte runter als er unsere Mutter erblickte. Kleine Stücke, die wohl früher mal ein ganzer Hamburger gewesen sein sollten, fielen ihm aus dem Mund und landeten auf meinem schönen Parkettboden. Wäre ich nicht schon wütend genug gewesen, hätte ich vielleicht sogar gelacht. Es war ein einfach zu komischer Anblick.

Tom schluckte das ganze Essen runter und, genau wie ich vor einigen Minuten auch, fragte er ungläubig: "Was machst du denn hier??"

"Meine Güte, was ist nur mit euch Kindern los? Freut ihr euch denn nicht mich zu sehen?", sagte sie und blickte uns stirnrunzelnd an. "Und du", sagte sie und deutete auf Tom "ziehst dir besser etwas an"

"Du sagst uns erst wieso du hier bist Mom!", sagte Tom und ich hob verblüfft die Augenbrauen. So hatte ich ihn noch nie mit Mom reden hören. Sonst verstanden sie sich immer blendend. Für Mom war Tom immer ein vorzeige-Kind gewesen. Er hatte immer gute Noten nach Hause gebracht, war fleißig und so weiter. In Mom's Augen war ich das komplette Gegenteil, dabei hatte ich etwas anderes bewiesen: ich studierte, im Gegensatz zu Tom, der sein Studium abgebrochen hatte um in einer Computer Firma zu arbeiten. Das ich mich ungerecht behandelt fühlte, war nur eines der Gründe wehalb ich mein Elternhaus verlassen hatte.

"Ist ja gut...Ich habe mich mit Jason gestritten und brauchte abstand. Reicht das als Erklärung?", sagte sie.

"Nein!", antwortete ich wütend. Ich verstand nicht wieso Jason dann nicht aus dem Haus zog, da es ja Mom gehörte und sie nicht dort ihre Ruhe haben konnte.

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