„Paps?"
Meine Stimme zittert, während ich nervös an einem „Rettet die Wale" Button auf meiner Weste herumfummele.
Mit waldmeisterwackelpuddingweichen Knien steige ich die letzten zwei Stufen zur Dachterrasse hinauf.
Gleisendes Sonnenlicht empfängt mich und für einen Moment kneife ich halbblind die Augen zusammen. Nachdem sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben, begutachte ich meine Umgebung. Die Dachterrasse ist mit hellgrau melierten Mamorplatten ausgelegt und scheint die Größe eines halben Fußballfeldes zu haben. Paps steht am Geländer, welches nur aus einer kniehohen Mauer und einem Handlauf aus Edelstahl besteht.
„Blümchen!", sagt er, den Blickauf die atemberaubende Skyline von Berlin gerichtet.
„Paps, was soll das hier?", frage ich und meine Stimme klingt unglaublich piepsig durch die Stille, die hier, fünzig Meter über dem Boden herrscht.
„Anastasia", Paps winkt mich, den Blick immernoch auf die unzähligen Gebäude am Horizont gerichtet zu sich. Zitternd mache ich ein paar Schritte in seine Richtung und bleibe mit einem großen Sicherheitsabstand zum Geländer stehen. Mein Herz flattern unregelmäßig in meiner Brust wie ein Vogelküken, welches panisch versucht, sich beim ersten Flugversuch in der Luft zu halten.
Ich habe Höhenangst.
Höllische Höhenangst.
„Ich möchte dir etwas zeigen", setzt Paps wieder an und zieht damit glücklicherweise meine Aufmerksamkeit auf sich. Weg vom viel zu niedrigen Geländer und dem viel zu tiefen Abgrund dahinter.
Meine zittrigen Finger fangen wieder an, um den „Rettet die Wale" Button zu tanzen.
„Anastasia", endlich dreht sich Paps zu mir um „was ist das?". Dabei weist er mit dem Arm auf die Aussicht, die sich uns bietet. Ich schlucke. „Berlin?", frage ich etwas verwirrt.
„Fast!", ruft Paps mit erhobenem Zeigefinger. „Das", er deutet wieder auf die Skyline „ist Berlin von OBEN!"
Der Button klirrt unter meinen Fingernägel, als er gegen einen anderen Button mit einem Ice-Age-Aufdruck stößt.
„Aha", ist das einzige, was mir dazu einfällt. Aber Paps scheint das garnicht zu bemerken. Er fängt an, von einem Ende der Terrasse zum anderen zu tigern, wie er es sonst nur bei sehr ernsten Telefongesprächen macht.
„Die Vogelperspektive!", ruft er und lacht.
Dann dreht er sich mit einem Ruck zu mir um. „Ich habe Berlin schon oft aus der Vogelperspektive betrachtet, weißt du?", sagt er und ein irres Grinsen flackert über sein Gesicht.
Unsicher stolpere ich ein paar Schritte zurück. Das ist nicht der Paps, den ich kenne. Nicht der Paps, der mir seit ich klein bin jeden Abend eine Gutenachtkuss gegeben hat, egal , wie spät er nach hause kam, nicht der, der im Herbst mit mir in den Wald gefahren ist, um Holunderbeeren und Schlehen zu pflücken, aus denen wir später Saft und Likör gemacht haben.
Dieser Mann ist nicht mein Vater.
Der Mann, der nicht Paps ist breitet die Arme aus und flattert mit ihnen, als wolle er einfach von den grau melierten Fliesen abheben. Dann hopst er, schneller als ich denken kann, auf die kleine Mauer, sodass ihm das Edelstahlgeländer in die Kniekehlen drückt.
Er lacht. Ich schreie.
Ich will zu ihm rennen und ihn darunter ziehen, weg vom Abgrund, aber ich kann nicht, die Höhenangst lässt mich keinen Schritt weiter. Das einzige, was ich tun kann, ist, ihn mit schreckesgeweiteten Augen anzustarren und den „Rettet die Wale" Button ganz fest zu drücken.
„Ich bin schon so oft geflogen, Blümchen, es ist möglich, alles ist möglich!", ruft der Mann, der nicht Paps ist und lässt die Arme sinken, sodass ich einen Moment glaube, dass alles sei garnicht passiert und Paps würde jetzt da runtersteigen und wir würden uns unten in der Küche eine heiße Schokolade machen, wie wir es immer gemacht haben, wenn mich irgendetwas aufgewühlt hat.
Der Mann, der nicht Paps ist wirft mir einen Blick zu, in dem so viel Liebe und Hoffnung und leider auch eine ganze Menge Wahnsinn liegt.
„Sie her Blümchen, ich kann fliegen!", ruft der Mann, der nicht Paps ist und breitet die Arme aus, wirft mir einen letztes verücktes Grinsen zu und lässt sich rückwärts ins Nichts fallen.
Plötzlich ist es unglaublich still auf der Dachterrasse.
Der Button rutscht mir aus den steifenFingern und schlägt klirrend auf dem Boden auf. Meine Beine geben nach. Ich sinke zusammen, kann meinen Blick nicht vom Geländer lösen, dass so unglaublich leer ist.
Nein.
NEIN.
Von unten höre ich Tumult, schwere Schritte stampfen die Stufen hinauf. Plötzlich springe ich auf, das Geländer zieht mich magisch an. Ich stolpere die letzten Schritte, packe das Geländer, das noch warm von seinen Händen ist und will mich weit vorbeugen. Doch plötzlich ergreifen mich starke Hände und ziehen mich zurück. Ich wehre mich, kämpfe, schaffe es, mich noch einmal nach vorne zu beugen.
Doch meine Sicht verschwimmt, sodass die Gestalt, die in seltsam verdrehter Stellung dort unten liegt nur ein dunkler Fleck ist. Einer von vielen. Ich wehre mich weiter, meine Stiefel schlittern über die Fliesen, mein Gehirn kennt nur noch ein Wort. Und ich hole tief Luft, stemme mich gegen die Arme der Wachmänner und schreie es so laut ich kann in den Abgrund, als könnte ich ihn damit zurückholen.
„PAPAAAAA!"
XXXXXXXXXXXXXXXXXX
Ich hab lange überlegt, dieses Kapitel zu posten.
Falls irgendwer was dran auszusetzten hat, melde dich.
Ciao Eure Cup XXX
DU LIEST GERADE
Das steht in den Sternen ON HOLD
ParanormalAnastasia ist vierzehn und hat echt alles. Protzvilla mit anschließendem Privatpark, hundertfünfundzwanzig Bodyguards, die das gesamte Gelände bewachen und gratis dazu einen Vormund alias Motzgurke. Aber seit dem Tod ihres Vaters wünscht sie sich ni...