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Melanies Sicht:

Wärme.
Das war alles was ich realisierte.
Wenn ehrlich könnte ich mir dafür sogar ins Gesicht schlagen,doch ich hatte schon wieder dieses Gefühl der Geborgenheit in mir.
Langsam lies ich meinen Kopf sinken und stemmte meine Stirn gegen seine Brust,worauf er kurz zusammenzuckte,mich aber nurnoch mehr an sich drückte.
"Jayden...",murmelte ich leise.
Er reagierte nicht.
"Jayden ich...",versuchte ich es noch einmal,doch ich verstummte wieder,als ich seinen stockenden Atem an meinem Hals spürte.
Er lies mich nicht los.
Er hatte Angst.
Das dachte ich zumindest.
Wenn ehrlich wollte ich sogar irgendwie,dass genau ich diese eine Person war,bei der er Geborgenheit fühlen konnte,auch wenn er Angst hatte.
Langsam hob ich meine Arme und lies sie auf seinem Rücken nieder.
Ich bewegte mich nicht,spürte genau wie er unter meinem Vorgehen kurz seinen Atem anhielt.
Es entging mir nicht.
"Es ist alles gut",murmelte ich leise und strich ihm mit meiner einen Hand sanft über den Rücken.
Ich wusste nicht wirklich wieso genau ich das tat.
Doch ich hatte die ganze Zeit dieses eine Bild vor meinen Augen,dieses eine Foto auf dem Jayden abgebildet war.
Seine Augen waren mir noch immer im Gedächtnis geblieben und erinnerten mich aufs Neue etwas an mich selbst.
Diese Trauer.
Diese Wut.
All diese Gefühle spürte ich mit ihm.
Und das versuchte ich ihm zu zeigen.
"Melanie..."
Er lies mich los und neigte seinen Kopf so weit nach unten,dass er mir in die Augen sehen konnte.
Er schwieg.
Ich wich seinem Blick nicht aus.
Es war,als könnten wir uns einfach ohne Worte verstehen.
Und genau diese brauchten wir in diesem Moment auch nicht,alles war wir brauchten war Ruhe.
Und die hatten wir.
Ich war mir ziemlich sicher-
Nein ich wusste es.
Jayden brauchte Hilfe. Er würde es nicht mehr alleine schaffen aus dieser ganzen Scheiße zu entkommen,kein Mensch würde so etwas hinbekommen.
Man benötigt immer jemanden an seiner Seite.
Und ich würde dieser jemand sein.
Zumindest wollte ich es versuchen.
Schon oft hatte ich mir diesen Satz gesagt,doch nun war ich mir auch wirklich entgültig sicher.
Und er würde sich verändern,er würde sich verändern und ein neues Leben beginnen.
Ich würde ihm aufhelfen.
Ich werde ihm aufhelfen.
Selbst wenn es allen Ernstes die dümmste und komischste Entscheidung meines Lebens sein würde,ich war mir sicher,dass ich es niemals bereuen werde.
Langsam zog ich meine Mundwinkel ein Stück weit nach oben und schenkte meinem Kidnapper ein Lächeln,meine Augen seinem Blick noch immer nicht ausweichend.
Und ich glaube,dass dieses Lächeln sogar noch ein klein wenig größer wurde,als mein Gegenüber nach kurzem Zögern mit derselben Miene vor mir stand.

Jaydens Sicht:

Sie ist nicht gegangen.
Sie hatte mich nicht zurückgelassen.
In meinem Körper waren zwar noch immer alle Gefühle durcheinander,doch ich konnte ganz deutlich meine Erleichterung spüren.
"Jayden...",hörte ich sie murmeln,verstärkte den Druck meiner Arme aber nurnoch etwas mehr.
Keine Worte,nicht jetzt.
Nurnoch ein kleines bisschen.
"Jayden ich...",versuchte sie es aufs Neue,doch ich vergrub meinen Kopf in ihrem Nacken und lies sie nicht los.
Ich konnte nicht.
Ich wollte nicht.
Ich hatte dieses dumpfe Gefühl,dass Melanie versuchen würde von hier wegzulaufen,wenn ich sie loslassen würde.
Ich wollte das nicht.
Das war wirklich das allerletzte was ich wollte.
Doch was ich wenn sie mich wirklich nicht leiden konnte und alles was sie wollte war es,zu verschwinden?
Ich grinste schwach.
Natürlich.
Mein mittlerweile oft gedachter Satz ging mir aufs Neue durch den Kopf.
'Wie könnte man denn auch den eigenen Kidnapper mögen?'
Gerade als ich Melanies zierliche Gestalt aus meinem Griff befreien wollte,zuckte ich aber zusammen und rührte mich nicht weiter.
Sie umarmte mich.
Freiwillig.
"Es ist alles gut"
Ihre Worte blieben in meinem Kopf und schwirrten dort umher,hatten anscheinend nicht einmal vor,diesen Ort so schnell wieder zu verlassen.
Dieses Mädchen war wirklich-
besonders.
"Melanie...",murmelte ich leise und lies sie dann auch endlich los,nur um ihr in die Augen zu sehen.
Stille umgab uns,doch sie war nicht unangenehm.
Ganz im Gegenteil,ich genoss sie.
Auf Melanies Gesicht lag ein leicht entschlossener Ausdruck.
Ihr Blick wich meinem nicht aus und auf einmal veränderte sich ihre Mimik.
Ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht und sie blickte mich aus ihren klaren Augen auffordernd an.
Ich spürte nurnoch wie meine Mundwinkel kurz zuckten und sich meine Lippen zu einem Lächeln formten.
Ich wollte sie wirklich nicht verlieren.

Ich weiß nicht mehr wie lange wir uns so gegenüber standen,doch es kam mir vor wie eine Ewigkeit.
Eine Ewigkeit,die meinetwegen noch länger hätte andauern können.
Doch es musste natürlich das kommen,was nun eben mal kommen musste.
"Jayden"
"Ja?"
"Ich brauche Verbände"
Ich starrte sie fassungslos an.
Sie hatte den Moment einfach zerstört.
Eiskalt.
Ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen und sie legte ihren Kopf schief,als ich sie weiterhin entgeistert anstarrte.
Ich seufzte und packte ihren 'gesunden' Arm,um sie gleich darauf in mein Zimmer zu ziehen und sie auf mein Bett zu setzen.
Mit einer schnellen Handbewegung griff ich in eine meiner Schubladen und holte aus der hintersten Ecke einige Verbände raus.
Als ich mich wieder zu Melanie umdrehte starrte diese mich an.
"Ich habe überall gesucht..und sie waren die ganze Zeit hier?"
Sie seufzte genervt und ich spürte wie sich ein schwaches Grinsen auf mein Gesicht schlich,als ich wieder zu ihr lief.
"Unglaublich"
Sie schüttelte ihren Kopf und wollte nach den Verbänden greifen,doch ich hielt sie davon ab.
"Wie stellst du dir das bitte vor? Du wirst es nicht schaffen deinen Arm nur mit einer Hand zu verbinden. Mach Platz",meinte ich nur und hockte mich neben sie auf mein Bett,als sie etwas zur Seite gerutscht war.
Vorsichtig nahm ich ihren Arm und begann diesen neu zu verbinden.
Selbst wenn mein Charakter an sich meistens kalt erscheinte,hatte ich natürlich trotzdem Gefühle wie zum Beispiel Reue oder Mitgefühl,ich war schließlich kein Soziopath.
Nur zeigte ich das nicht wirklich.
Besonders bei Verletzungen aber,veränderte sich mein Charakter ein wenig.
Wenn man so etwas wirklich als 'Veränderung' bezeichnen konnte.
Nachdem sich meine gespaltene Persönlichkeit gebildet hatte,habe ich schon vielen Menschen wehgetan.
Seelisch als auch körperlich.
Allem Anschein nach hatte ich einfach nach einiger Zeit bei so gut wie allen Verletzungen,von wem auch immer sie stammten,das Gefühl ich wäre Schuld an ihnen.
Auch in dem Moment,als ich Melanies Arm verband.
Naja...
Indirekt war ich ja schon dafür verantwortlich,dass es so weit gekommen war.
"Es ist okay"
Sofort drehte ich mein Gesicht zu dem des Mädchens neben mir und starrte sie an.
Sie hatte ihren Kopf auf ihrem gesunden Arm abgestützt und sah mich ruhig an.
"Mir gehts gut,keine Sorge"
Es tat weh.
Es schmerzte.
Und wie es schmerzte.
Zu wissen,dass man verdammt noch mal Schuld war an dem Leiden eines anderen Menschen tat wirklich weh.
Ich spürte wie ich kaum merklich meinen Kopf schüttelte und meinen Blick nicht von Melanie abwand.
Ich war zerstört.
Am Boden zerstört.
Ich hatte das Gefühl ich wäre das größte Monster auf diesem gesamten Planeten.
Einen Menschen zum Selbstmord zu treiben ist einfach nur unmenschlich.
Und für genau das hielt ich mich auch.
Ich war grausam.
Ein verdammter Idiot.
Ein Monster.
Ich wusste,dass ich niemals irgendjemandem von Bedeutung sein würde,da ich es auch niemals schaffen würde,mich alleine zu überwinden.
Alleine meine zweite Seite zu überwinden und sie für immer und ewig aus meinem Leben zu schmeißen.
Ich würde das nicht schaffen.
Langsam lies ich meinen Kopf sinken und schluckte.
Ja.
Alleine könnte man nie etwas bewirken.
"Ich bin hier. Ich werde nicht weglaufen"
Sie neigte ihren Kopf nach unten,um mir zumindest etwas ins Gesicht schauen zu können.
"Wir schaffen das gemeinsam.
Du bist nicht allein"
Ich weiß noch genau,dass mich in diesem Moment eine ganze Welle von Gefühlen beinahe schon zu überschwemmen schien.
Ich wusste nicht wirklich was ich denken sollte und versuchte einfach ihre Worte wirken zu lassen.
Sie würde mir helfen.
Sie wollte mir helfen.
Ich blickte in ihr lächelndes Gesicht und aufs Neue fragte ich mich,wie sie es nur schaffte genau diesen Effekt bei mir auszulösen.
"Du bist doch bescheuert....",lachte ich leise,legte mir eine Hand über meine Augen und atmete einmal tief durch.
Sie bot mir ihre Hilfe an,streckte ihre Hand nach mir aus.
Und ich würde versuchen diese zu ergeifen,dieser einen Person Vertrauen zu schenken.
Sie wollte für mich da sein und versuchen mich aus dieser Hölle zu befreien.
Wie ein Engel.

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Da bin ich wieder~
Diesmal habe ich wieder versucht Jaydens Gefühle etwas klarer auszudrücken und die Beziehung zwischen ihm und Melanie zu verdeutlichen,was hoffentlich funktioniert hat.
Ich werde schon bald das nächste Kapitel anfangen,doch es wird höchstwahrscheinlich erst ab nächstem Wochenende rauskommen,da diese Woche Tests anstehen ;-;
Wie immer hoffe ich natürlich,dass es euch gefallen hat uuuuuund
See 'ya~

In love with my KidnapperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt