Kapitel 4

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Auf dem Bild ist James.

Als ich aufwachte, wusste ich erst nicht, wo ich war. Auf jeden Fall nicht zuhause in meinem Bett. Ach ja, zuhause. Ich spürte, wie sich mein Herz zusammenzog. Ich brauche etwas, um mich daran zu erinnern, dass ich in Hogwarts war. Normalerweise kam ich morgens gut aus dem Bett, doch heute verspürte ich wirklich gar keine Motivation aufzustehen.

Ich hörte wie Lily, Mary, Dorcas und danach Alice ins Bad gingen. Als gerade Alice das Bad in Beschlag nahm, wurden die Vorhänge meines Bettes auseinandergezogen. Die Sonne schien mir ins Gesicht. Ich stöhnte auf und versteckte mich unter meinen Kopfkissen.
„Aufstehen Morgenmuffel." Lily pikste mir in die Seite.
„Keine Lust."
„Die Sonne scheint, der Tag wird super!"
„Trotzdem keine Lust." Carolin Sanders! Der Tag ist perfekt zum Ausreiten, Klettern gehen oder zu picknicken. Nur dafür müsste ich zu Hause sein.
„Ich weiß, was du hast! Du hast Heimweh", meinte Mary, die sich über mich beugte. Heimweh? Fühlt sich Heimweh so an?
„Gegen Heimweh hilft es, von zuhause zu erzählen", rief Alice.
„Erzähl kein Scheiß, ablenken", kam es von Marlenes Bett aus.
„Du bist so ein Spaßverderber McKinnon!"
„Nein, ich sage nur die Wahrheit, denn die währt am längsten." Ich stöhnte.
„Wir wollen doch nur ein bisschen quatschen!" Aufstehen erschien mir jetzt doch gerade die bessere Alternative, anstelle mir den Streit weiter anzuhören.
Ich verschwand im Badezimmer. Dieses Gestreite nervte echt. Als ich aus dem Badezimmer kam, saßen meine Zimmergenossinnen auf ihren Betten. Marlene verschwand leise vor sich hingrummelnd im Badezimmer.
„Kommst du mit zum Frühstück?", fragte mich Dorcas.
„Was ist mit Marlene?"
„Die Spaßbremse kommt nie mit. Sie ist lieber alleine", meinte Alice.
„Jetzt sei nicht so gemein zu ihr." Lily sah Alice strafend an, bevor sie weitersprach.
„Aber sie haben Recht. Marlene ist nicht so gerne mit uns zusammen." Ich zögerte. Wenn Marlene wirklich lieber alleine sein wollte, sollte ich mitgehen, aber dann hätte sie mich gestern nicht herumgeführt. Ich beschloss, dazubleiben. Zu den anderen konnte ich jeder Zeit gehen und Marlene wollte ich nicht einfach hier sitzen lassen.
„Geht schon einmal vor. Ich wollte noch ein paar Sachen auspacken", erklärte ich.
„Na gut, dann bleib hier. Bis später." Ich öffnete meinen Koffer, der sich nach einmal Zauberstabwedeln selber auspackte. Die Anziehsachen sortierten sich ordentlich in den Schrank ein.
Gerade als ich fertig war, kam Marlene aus dem Bad.
„Was machst du denn noch hier?", fragte sie verwundert.
„Ich warte auf dich." Ein kleines Lächeln schlich sich auf das Gesicht der Blondine.
Zusammen gingen Marlene und ich nach unten in den Gemeinschaftsraum, wo wir auf die Rumtreiber trafen. Remus sah etwas kränklich aus.
„Morgen Ladies", rief Sirius.
„Hallo ihr vier", begrüßte ich sie. Marlene murmelte nur kurz hallo.
„An wen war denn gestern der Brief? Muss ja dringend sein, wenn ihr euch dafür nach der Nachtruhe draußen herumschleicht", wollte James wissen.
„Seid nicht so neugierig", meckerte Marlene sofort. Ok. Ein bisschen übertrieben war die Reaktion schon, aber sie hatte auch Recht. Die Rumtreiber waren ziemlich neugierig. Sie würden es sicher nicht einfach akzeptieren, dass wir gestern komisch waren.
„An wen war der denn jetzt?"
„An meine Familie." Nein, das hatten die Jungs nicht erwartet. Sie sahen mich ziemlich verwirrt an.

Auf den Weg nach unten versuchten die Jungs, na ja eigentlich vor allem James und Sirius, noch einmal auf gestern Nacht zurückzukommen. Marlene und ich lenkten geschickt in stiller Einkunft vom Thema ab. Wir waren dabei echt kein schlechtes Team.
In der großen Halle hatten die vier Jungen, das Thema gestern Abend schon lange vergessen. Stattdessen erzählten sie von den Lehrern auf Hogwarts. James steuerte zielstrebig auf die Mädchen aus meinem Zimmer zu.
„Du siehst heute gut aus, Evans", meinte James. Er ließ sich auf die Bank gegenüber von der Rothaarigen fallen.
„Ich gehe nicht mit dir aus", rief Lily, ohne von der Zeitung aufzublicken. Alle anderen ignorierten die Szene. Marlene hatte schon ein Brötchen im Mund, Sirius ertränkte sich in Kaffee und Remus hatte sich wie Lily hinter einem gerade gekommenen Tagespropheten verschanzt.
Ich nahm mir auch ein Brötchen. Eins musste ich ehrlich sagen: Das Essen hier war furchtbar lecker.
„Wegen gestern...", fing James an, der sich wohl nach dem Korb wieder mit Marlene und mir beschäftigen wollte.
„Ihr wolltet mir noch von Professor McGonagall erzählen."
„Was war gestern Abend?", fragte Mary alarmiert.
„Nichts!", kam es von James, Sirius, Marlene und mir gleichzeitig. Lily sah uns jetzt misstrauisch an. Sie glaubte uns nicht. Verständlichweise.
Professor McGonagall rettete uns zum Glück. Wir mussten unsere Stundenpläne wählen, weshalb die anderen abgelenkt waren. Ich achtete gar nicht darauf, was die anderen wählten. War ja auch eigentlich ziemlich egal. Ich würde mich schließlich nicht nach ihnen richten.
„Miss Sanders, was wollen sie wählen?", fragte mich die Lehrerin. Das war nicht schwer. Ich hatte mir schon zu Hause überlegt, was ich weiterhin belegen wollte. Und mich darüber erkundigt, ob ich es mit meinen ZAG-Noten konnte.
„Zauberkunst, Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Kräuterkunde, Zaubertränke, Alte Runen und Pflege magischer Geschöpfe." Die Lehrerin las irgendetwas auf einem Zettel nach, dann bekam ich den Stundenplan. Sie wanderte weiter und ließ Peter wählen, während ich mir den Stundenplan ansah. Gleich als Erstes eine Freistunde.
„Du hast ernsthaft Pflege magischer Geschöpfe?", fragte Sirius mich misstrauisch.
„Was dagegen?" Ich nahm ein Stück von meinen Speck und gab es Bubble, die auf meinen Schoss saß.
„Wir haben alle praktische Erfahrung." Ich musste grinsen. Die trauten mir echt nichts zu. Ok, sie konnten nicht wissen, dass ich mit Tieren aufgewachsen bin, die das Ministerium als Haustiere ungeeignet fand. In meinem Leben bin ich schon mehr magischen Tierwesen als nur unseren Einhörnern begegnet. Ich kam super mit Tieren und Pflanzen klar.
„Mach dir keine Sorgen um mich, Sirius. Ich komme schon klar."
„Wenn die wunderschöne Dame doch Hilfe braucht..."
„Helfe ich ihr!", unterbrach Marlene Sirius. Die Professorin verteilte weiter Stundenpläne und sah uns belustigt zu.
„Ok, irgendetwas läuft da zwischen euch beiden. Was ist los?", wollte der junge Black wissen.
„Nichts", kam es von uns beiden gleichzeitig. Wir fingen an zu lachen. Lily sah uns jetzt noch misstrauischer an.
„Wir müssen zu Geschichte der Zauberei!", rettete uns dieses Mal Remus. Lily erhob sich von ihren Platz.
„Irgendwas habt ihr angestellt", meinte Lily noch, bevor sie mit Remus und Peter die Halle verließ.
„Lily ist weg, dann könnt ihr reden, ohne dass ihr angeschnauzt werdet", drängelte Dorcas.
„Nase raus aus meinen Angelegenheiten!"
„Spaßbremse!" Marlene stand wütend auf. Sie rauschte aus der Halle raus. Die Blondine reagierte manchmal echt über.
„Du hast sie verärgert", bemerkte James.
„Seid ihr gesprächiger als Doll?", fragte Alice. Ich schüttelte den Kopf. Wenn Marlene nicht ihr Privatleben preisgeben wollte, respektiere ich das, auch wenn ich es nicht verstand. Ich hatte auch meine Geheimnisse, wie mein verbessertes Gehör, aber deshalb zog ich mich nicht so zurück. Alice versuchte währenddessen, aus Sirius und James schlau zu werden, die allerdings anders als erwartet, dicht hielten. Wir blieben noch etwas sitzen und redeten, bevor wir nach oben gingen. Die anderen rannten zielsicher durch die Schule zum Gemeinschaftsraum. Ich folgte ihnen.
Im Schlafsaal packten wir unsere Sachen für den Schultag zusammen. Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zaubertränke und Pflege magischer Geschöpfe. Die Bücher wanderten in meine Umhängetasche mit Pergament, einer Feder und einem Tintenfass.
Wir wollten gerade wieder aufbrechen, da kam Marlene ins Zimmer. Sie schnippte einmal mit ihren Zauberstab. Ihre Handtasche kam mit ihren Büchern und Schreibzeug zu ihr geflogen. Sie war kaum zur Tür rein gekommen, da war sie schon fertig mit packen.
„Da ist ja die kleine Spaßbremse", rief Dorcas.
„Dorcas! Nur weil sie nicht will, dass alle über ihr Privatleben reden, ist sie noch lange keine Spaßbremse!" Mary sah Dorcas genervt an.
„Wir dürfen hier auch nichts mehr", meckerte Alice.
„Nicht Carolin ausfragen, nicht Marlene ärgern, wenn wir Klatsch und Tratsch verbreiten, ist es auch falsch, was dürfen wir denn noch?"
„In den Unterricht gehen", schlugen Mary, Marlene und ich gleichzeitig vor. Die beiden Mädchen schienen kurz zu überlegen, was sie nun davon hielten, bevor sie begeistert nickten.
„Da kann man gut neue Sachen aufschnappen. Auf geht's!"
Die beiden Mädchen schnappten sich einen Arm von mir und Mary, dann zogen sie uns ungeduldig zum Klassenraum. Ich versuchte mir, wieder den Weg einzuprägen. Teilweise klappte es auch. Den Weg Richtung große Halle kannte ich so ungefähr, aber nachdem wir einen neuen Weg einschlugen, wusste ich nach der sechsten Ecke, nicht, wie ich zurückkommen könnte.

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