Kapitel 5

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Auf dem Bild ist Peter.

An meinem zweiten Morgen in Hogwarts kam ich gut aus dem Bett. Ich wachte automatisch um Punkt sechs auf. Ohne einen Hauch der Müdigkeit stand ich leise auf und machte mich fertig. Dann schlich ich mich aus dem Schlafsaal heraus. Ich wollte die anderen nicht wecken.
Es stellte sich schnell als Fehler raus, alleine losgelaufen zu sein. Ich verirrte mich auf den Weg dreimal. Einmal dank des freundlichen Geistes Peeves. Mir fiel erst zu spät wieder ein, dass Marlene mir verboten hatte auf ihn zu hören. Wenigstens wusste ich dadurch, in welche Richtung ich musste, und zwar in genau die andere Richtung.

Als ich den Stall betrat, fühlte ich mich sofort viel wohler. Da hier niemand anderes war, beschloss ich, mir erst einmal anzugucken, welche Tiere die anderen so haben. Mittlerweile waren überall Namensschilder angebracht worden. James und sein Partner hatten einen Schnatzer namens Poco, Lily und ihr Partner einen Crup namens Tinseler und dann gab es noch den Niffler Katia, den Kniesel Dunja und den Runespoor Apophis. Felicitas wieherte empört, als ich nicht sofort zu ihr kam, sondern noch die anderen Tiere begrüßte.
„Du wirst lernen müssen, dass sich nicht alles um dich dreht", flüstere ich dem kleinen Fohlen zu, nachdem ich bei den anderen Tieren war. Ich streichelte Felicitas vorsichtig über die Nase.
„Ich hole mal die Sachen, dann füttere ich dich und bringe dich raus." Das Einhorn wieherte zustimmend.
Als ich wiederkam, stand das Fohlen schon an der Boxentür und wartete. Lachend setzte ich mich auf die Tür. Dann machte ich den Fohlen das Zaumzeug um. Felicitas konnte es kaum erwarten, endlich wieder rauszukommen. Wahrscheinlich wollte sie wieder mit Bubble spielen. Die hatte es sich schon auf dem Rücken des Fohlens bequem gemacht und sah mich erwartungsvoll an.
Als ich die Tür öffnete, kam das Fohlen sofort raus. Sie lief brav neben mir her nach draußen.
„Braves Tier", flüsterte ich und strich dem Tier vorsichtig übers Fell. Sie schmiegte sich sofort an meine Hand. Ich musste lächeln. Das hier fühlte sich nach Heimat an. Die Tiere fühlten sich nach Heimat an.

Auf der Weide fütterte ich Felicitas. Sobald das Fohlen satt war, sprang Bubble von ihrem Platz. Die beiden Tiere jagten über die Weide, ich sah ihnen beim herumtollen zu.
„Ich sehe dich das erste Mal in Hogwarts richtig glücklich." Ich zuckte zusammen. Dabei fiel ich fast vom Zaun, doch jemand hielt mich fest, damit ich nicht fiel.
„Pass auf." Sirius setzte sich neben mich.
„Hey", begrüßte ich den Jungen.
„Morgen. Schon so früh auf?"
„Ich stehe immer so früh auf. Außerdem habe ich gesagt, dass ich mich morgens um Felicitas kümmere."
„Du hältst nicht viel von Spitznamen, oder?"
„Ich mag Spitznamen, solange sie eine Bedeutung haben. Es sollte nicht einfach nur etwas sein, was man vom Namen ableiten kann, sondern etwas, was einen an die Person erinnert. Du nennst dich öfter Tatze. James hat dich auch ein paar Mal so genannt. Woher kommt der Name?" Sirius sah zu Boden.
„Ähm... na ja, also... das ist schwer zu erklären... Meine Lieblingstiere sind Hunde und daher kommt der Spitzname."
„Das war doch gar nicht so schwer zu erklären." Sirius lächelte leicht. „Jetzt bist du dran. Wie nannten dich deine Freunde?"
„Julia."
„Julia?"
„Du musst dir aber einen Eigenen ausdenken. Für dich hat er keine Bedeutung." „Da hast du Recht. Für mich ist er ein Name, den ich nicht nachvollziehen kann. Du musst mir erklären, woher er kommt." Ich wurde leicht rot. Genau das war es, was ich nicht erzählen wollte.
„Nicht so schüchtern, Süße. Ich will alles über dich wissen."
„Du wirst aber nicht alles erfahren."
„Aber dieses Detail. Bitte." Er sah mich mit Hundeaugen an. Ich seufzte. Irgendwann werden sie es eh erfahren.
„Meine Familie betreibt ein Theater. Wir haben in den letzten zwei Jahren Romeo und Julia aufgeführt. Die 4P, das sind zwei meiner Großcousins und zwei meiner Großcousinen, haben Samuel und mich immer damit aufgezogen, dass wir Romeo und Julia waren. Irgendwann wurde ich dann nur noch Julia genannt."
„Du bist also eine Schauspielerin?"
„Jetzt bin ich im Ruhestand... na ja bis ich wieder zu Hause bin." Er lachte, während ich nervös mit meinem Bettelarmband spielte.
„Was machst du überhaupt so früh hier?", versuchte ich über diese komische Situation hinwegzugehen.
„Joggen." Ich musterte ihn. Seine Haare waren vom Schweiß ganz nass und auch auf seinem T-Shirt, unter dem sich die Muskeln sichtbar abzeichneten, sah man ein paar Schweißflecke.
„Wir sollten zurück, wenn wir noch Frühstück wollen oder zum Unterricht", meinte Sirius. Er sprang vom Zaun.
„Warte noch kurz. Felicitas! Bubble!" Die beiden Tiere hoben den Kopf. Meine Katze kam sofort auf uns zu gerannt, das Einhorn wesentlich vorsichtiger und langsamer hinterher. Ich ging den beiden Tieren ein Stück entgegen, damit Felicitas, nicht bis Sirius laufen musste.
„Auf Wiedersehen, mein kleines Mädchen." Ich kraulte Felicitas hinter den Ohren.
„Ich komme morgen wieder, vielleicht auch schon früher. Bubble und ich gehen jetzt auch erstmal frühstücken." Ich drückte dem Einhorn noch einen sanften Kuss auf die Nase, dann ging ich zu Sirius rüber. Mit einen eleganten Satz sprang ich über den Zaun.
„Meine Hilfe muss ich dir wohl nicht anbieten", bemerkte Sirius.
„Ich bin selbstständig."
Zusammen gingen wir wieder zum Schloss rüber. Ich bog in die Große Halle ab, während er hochging, um zu duschen. In der Halle saßen schon die anderen aus meinem Zimmer. Sogar Marlene saß dabei.
„Da ist ja unsere Rumtreiberin", begrüßte mich Alice.
„Wo warst du denn?", fragte Dorcas.
„Am Stall. Ich habe Felicitas auf die Weide gebracht und Sirius getroffen. Er war joggen."
„Er geht jeden Morgen joggen. Ist bei den Mädchen allgemein bekannt. Es gibt verrückte Mädchen, die ganz früh aufstehen, um ihm dabei zuzusehen." Irgendwie bescheuert. So gut sah der Typ echt nicht aus, dass man extra aufstehen musste, um ihn beim Joggen zu beobachten. Komische Mädchen hier.
„Ich verstehe das auch nicht. Ich habe ihn ohne T-Shirt gesehen. Nicht so lohnenswert, dass man dafür früh aufstehen muss", flüsterte mir Marlene zu.
„Wenigsten eine Normale hier."
„Mehr oder weniger."
„Für mich bist du ziemlich normal. Wahrscheinlich bin ich einfach ein Freak."
„Das bist du. Sieh es positiv. Bin ich auch. Zumindest sind wir nicht alleine."
„Was flüstert ihr denn?" Die anderen sahen uns neugierig an.
„Nichts Wichtiges." Wir sahen die anderen unschuldig an.
„Seid ihr sicher, dass ihr euch erst hier kennengelernt habt?"
„Ganz sicher", erklärte ich.
„Hundert prozentig", fügte Marlene hinzu. Die anderen sahen sich nicht überzeugt an. Um ehrlich zu sein, war ich auch nicht ganz überzeugt. Irgendetwas war komisch an dem Verhältnis zwischen uns.

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