Domstadt, Dezember 2015

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Einer dieser unsäglich langweiligen Sylvesterempfänge. Stehempfang, eine Menge Anzugträger, jeder steht sich die Beine in den Bauch und beweihräuchert sich selber. Ein wichtiger Landespolitiker ist da mit seiner Entourage, eine Anzahl Damen in dezenter dunkler aber tiefausgeschnittener Kleidung suchen seine Aufmerksamkeit, weil sie Geld brauchen für die Renovierung der Dorfkirche, den Kindergartenchor oder die Umzäunung der Kleingartenanlage.
Am Rand der Veranstaltung zwei Herren, an einem Stehtisch, die sich gedämpft unterhalten:


Schmohl: Gut, dass wir uns hier treffen, Udo. Es brennt, die machen mir die Hölle heiß.


Gammelhieb,lacht tonlos, ein bisschen spöttisch: Kann ich mir vorstellen. Hast nicht gerade die beste Presse, alter Junge.


Schmohl,verärgert: Davon will ich hier nicht reden und halte dich lieber bedeckt! Wenn die ganze Sache den Berg runtergeht, dann bist du auch dran, mit deiner Villa im Naturschutzgebiet und den Genehmigungen. Das kannst du wohl glauben. Wenn die da anfangen zu bohren, bei der Laguna, glaubst du die machen vor dem Villenviertel halt? Weil sie so nett sind? Vergiss es! Vergiss es einfach. Wenn die Laguna fällt, dann stürzen einige mit in den Abgrund, das kannst du glauben.


Gammelhieb: Ist ja wieder gut, beruhige dich, wir ziehen an einem Strang , das weißt du doch Kannst dich auf mich verlassen, ich steh hinter deiner Laguna, und mein Amt auch, wie ein Mann. Also sprich, um was geht es?


Schmohl: Ist im Moment nicht wegen der Laguna. Das läuft erst mal. Ich muss diesen Investor finden, da ist aber erst mal Zeit bis Frühjahr. Aber es müssen noch Gelder durchgewunken werden und ich kann im Moment keinen verärgern, geht einfach nicht. Und die wollen diesen albernen Heile Welt Verein loshaben, und der sperrt sich und ziert sich.Sollte eigentlich längst erledigt sein, die Sache, aber irgendwie geht da nichts voran. Ich dachte eigentlich, du würdest dich da mal kümmern.


Gammelhieb,beleidigt: Also hör mal, ich habe getan, was man da tun kann. Meine Mitarbeiter haben da jeden Stein umgedreht und wir haben aus jeder Mücke einen Elefanten gemacht. Das ist nicht so einfach. Es gibt GESETZE, verstehst du. Gesetze, an die ich mich halten muss. Klar, man kann die Sache ein bisschen ausdehnen, aber das haben wir gemacht, glaub mir. Weiter geht nicht, weiter ist gar nicht. Die haben einen Anwalt, der ist scharf, wie ein Hofhund und euer Graf der verhält sich auch nicht gerade geschickt, mit seinem Bauschutt, das kannst du mir auch glauben. Man kann nur beten, dass sich da nicht die Presse draufsetzt, das ist eine Gratwanderung, ehrlich. Ist nur wegen dir, dass ich das durchziehe, alter Freund, nur wegen der alten Freundschaften. Ehrlich!


Schmohl: Ja, ja, ich weiß. Du gibtst dein Bestes. Aber du musst noch mal nachlegen.


Pause, während der beide Herren nachdenken.



Schmohl: Da muss es einen Weg geben. Was ist mit dem Veterinäramt? Können die da nicht ran? Findet sich da nicht ein Tier, das schmutzig ist oder krank? Da geht doch immer was. Die können doch nicht alle gesund sein. Und dann die Tierschützer drauf, das geht doch heutzutage schnell. Und kommt immer an bei den Leuten. Die Leute sind da doch schnell zu mobilisieren, wenn es um Tiere geht, vor alle wenn nicht ihre eigenen sind und sie selber keine Verantwortung übernehmen müssen.


Gammelhieb,ironisch: Ha, ha, ich lache mich mal tot. Hast du dir die Tiere mal angesehen? Da waren wir längst dran. Keine Ahnung, wie die das machen, aber bei denen ist alles gesund. Kein Zipperlein, kein einziges. Und wenn, dann ist sofort der Tierarzt da, der Hufschmied, der Wunderheiler und keine Ahnung. Die KÜMMERN sich wirklich um ihre Viecher! Da kommst du nicht ran. Die beten die regelrecht an, diese Irren! Und die Tiere, das sind so Plüschpferde, so Kuscheltierkram, das kannst du vergessen, dass da irgendwelche Tierschützer was machen. Die sind die reinsten Sympathiefaktoren, diese Plüschviecher, vergisss es einfach. Da gehen die Tierschützer eher auf uns los, weil wir den süßen Tierchen was wollen und das brauchen wir nicht wirklich auch noch, oder? Und – die haben die Pferde von ihrem Tierarzt dort einstehen, zur Ausbildung – lacht erneut tonlos– da kommst du nicht ran. Haben wir schon versucht. Der an ist hochdotiert und sehr anerkannt, da geht nichts. Wir sind da noch mal dran wegen der Pachtverträge und dieser Kündigungsklage. Wir versuchen was zu machen, dass die gar keinen Grund gepachtet haben und keinen Stall haben, aber juristisch wackelt das. Ich denk, da geht nichts weiter, denn wenn die die Klage gewinnen und der Pachtvertrag bestätigt wird, dann ist das wieder ausgehebelt. Wir versuchen da auch noch was zu drehen, weil doch die Pferde Privatbesitz sind und für den Verein genutzt werden und der Verein aber die ganzen Verträge geschlossen hat, aber, ich sage dir auch das ist wackelig. Sehr, wackelig.

Schüttelt bedenklich den Kopf.


Schmohl: Na dann übers Geld.


Gammelhieb: Welches Geld?


Schmohl: Na schick denen eine Rechnung!


Gammelhieb: Was für eine Rechnung?


Schmohl,ungeduldig: Na über das alles, was du da tust, dein Amt. Stell das denen in Rechnung. Kannst du doch. Jeder Besuch den dein Amt dort machen muss, tausend Euro. Und wenn die nicht zahlen, Strafe: Zweitausend Euro. Und wenn sie das nicht zahlen erneuter Besuch. Tausend Euro. Und wenn sie in Widerspruch gehen, weitere tausend Euro und so weiter und so weiter.


Gammelhieb,ein Lächeln breitet sich auf seinenZügen aus: Gar keine schlechte Idee. Das könnte funktionieren.


Schmohl, grinst.


Gammelhieb,nickt: Ich muss das noch abklären. Aber du hast Recht. Ich kann denen Amtshandlungen in Rechnung stellen, richtig. Und zu Amtshandlungen geben die ja dauernd Anlass. Täglich eine Anzeige von diesem Bonsayh, täglich Mails und Briefe und Anrufe. - grinst – ist dieser unglaublich nervige Typ tatsächlich mal zu etwas gut: Täglich Anlass zu Amtshandlungen. Und der Gesetzgeber gibt mir hier Recht: Wenn sich Bürger so beklagen, dann müssen meine Leute ausrücken und nachsehen. Und das kostet. Und der Steuerzahler freut sich, wenn er das nicht zahlen muss, sondern dieser Lotterverein, der immer Anlass dafür gibt.


Er hebt sein Glas.

Beide stoßen an:


Gammelhieb,zufrieden: Das könnte funktionieren. Das könnte gehen. - anerkennend – Du bist ein Fuchs, Alexander, ein echter Fuchs!


Schmohl, grinst.

Die Gläser klirren leise, als sie erneut anstoßen.




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