Ehrlichstett, April 2016

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Es hat sich durch Zufall ergeben, dass sie sich am See getroffen haben. Seit der Prügelei, seit der Party in der Werkstatthalle, hatten sich Tamara und Kylie nicht mehr gesehen, sie waren sich nicht bewusst aus dem Weg gegangen, es hatte sich einfach nicht ergeben. Tammi hatte so viel zu tun gehabt, Studium, die Arbeit auf dem Hof und der YouTube Kanal, der immer mehr Abonnenten bekam, der immer mehr Arbeit machte. Sie wollte den Leuten auch etwas bieten und nach dem Erfolg des kleinen Liedes hat sie angefangen, auch anderen Videos zu veröffentlichen , nicht mehr nur die Geschichte, die ihre Mutter schrieb, sondern auch kleine Szenen vom Hof, aus ihrem Training mit den Pferden und natürlich von Nicki. Das klitzekleine Pony war und blieb ein Star und die Leute waren regelrecht verrückt nach Informationen über sie.

Dass sie heute am See war, lag daran, dass der launische April ihnen ein Sommerwetter vorgaukelte, das eine Arbeit mit den Pferden unmöglich machte: Fast 30 Grad und eine schwüle Hitze, die förmlich nach See schrie, also hatte sie sich verabschiedet, einmal kurz abkühlen, denn das Wasser war noch angenehm kalt.

Und am Strand ist sie auf Kylie gestoßen, die erstaunlicherweise alleine hinten an den Steinen sitzt, fast versteckt, fast hätte sie sie gar nicht gesehen; und trübsinnig ins Wasser starrt:
„He, Kylie,was ist mir dir?"


Kylie fährt erschrocken zusammen, ihr Blick verwirrt und unstet, fängt sich dann aber gleich und lächelt Tammi strahlend an:
„Ach du bists. Hey, ewig nich gesehen, wie geht's dir?"


„Gut, macht sich alles. Wie ist mit dir? Du siehst traurig aus."


„Nö, bin nur müde. Wo ist Devon?"


„Keine Ahnung," Tamara lässt sich neben Kylie auf die warmen Steine sinken und zieht die Schuhe aus: „Ich habe ihn ewig nicht gesehen. Ich dachte, der wäre mit dir?"


„Mit mir? Bist du irre? Der ist völlig verrückt nach dir. Was soll der bei mir?"


Es entseht eine Pause während er keine weiß, was sie sagen soll. Dann fangen beide gleichzeitig an:
„Wie geht's..."

"Meinst du...?


Beide lachen, was dem Moment etwas seiner Spannung nimmt.


„Mach du!" Kylie nickt Tammi auffordernd zu.


„Meinst du Liebe vergeht irgendwann," fängt Tamara unvermutet wieder an und blickt aufs Wasser hinaus.


„Wie meinst du das? Dass man vergisst, wie man liebt?"


„Nö. Wenn ich an Devon denke, dann weiß ich gar nicht mehr, wieso ich so verrückt nach dem Idioten war. Und ich weiß auch nicht, wie das so schnell verschwinden kann. Da wo früher Flimmern und Flattern und Aufregung war, ist heute nur noch Wut. Manchmal. Und dann frage ich mich, wie ich in jemanden wie den hatte verliebt sein können."


„Was ist mit Jakob?"


„Das ist anders." Sie macht eine Pause: „ Aber der passt einfach nicht zu mir. Ich weiß auch nicht, und ich denke dann trotzdem immer noch an Devon, obwohl ich weiß, dass das Schwachsinn ist. Dann ist da Jakob und ich denke manchmal, ich habe ihn nur benutzt, dass er mich ablenkt. Und dann komme ich mir schlecht vor. Und dann denke ich immer, was wohl jetzt wieder über mich geredet wird und was da alles noch kommt. Vielleicht muss ich es einfach mal irgendwie schaffen, zu vergessen."


„Ach, schaffste bestimmt."


„Du siehst die Dinge immer so einfach," Tamara seufzt," ich glaube, du kannst auch irgendwie abschalten, was die anderen denken. Ich kann das nicht."


„Meinst du ich kriege nicht mit, wenn die andren Mist über mich reden?"

Kylie runzelt die Stirn und sieht Tamara an.


„Nein, so meine ich das nicht. Ich meine..." sie bricht ab.


„Ist schon Okay. Da ist was dran. Manchmal lass ich es einfach egal sein, was andere reden."


„Vielleicht hab ich genau das falsch gemacht." murmelt Tamara undeutlich.


„Wie meinst du das?" hakt Kylie nach und rückt ein bisschen näher.


„Na, ich meine. Jakob ist so normal und Devon..." Sie zögert.


„Warum redste nicht einfach mit denen darüber? Warum sagst du ihnen nicht, was du denkst?"


Tamara zuckt die Schultern.


„Musst dich nur trauen!"


Tammi lacht stumm. Sie will jetzt lieber ausweichen:" Und bei dir? Was geht bei dir?"


Kylie lacht leise.

Sie rückt noch ein bisschen näher und legt den Arm um Tamara. Und dann, ohne eine Pause entstehen zu lassen, legt sie ihre Lippen auf Tammis. Weich fühlt sich das an. Ganz vorsichtig legt sie ihr eine Hand auf die Wange und streicht hinab, ihren Hals hinunter. Ihre Lippen öffnen sich, die von Tamara öfffnen sich wie von alleine und ihre Zungen berühren sich sanft. Ein leichtes Kribbeln breitet sich in Tamara aus, ihr Atem wird schwer.

Kylies Hand hat nun ihre Brust erreicht und streicht immer tiefer.

Ein kalter Schauder läuft Tammi über die Haut.

Was tut sie da?
Sie zuckt zusammen, rollt sich zur Seite und holt tief Luft. Sie springt auf. Sie schüttelt heftig den Kopf: "Nein....Kylie, nein!"


Kylies Augen sind wunderschön, als sie unschuldig ansieht. So schön, dass sie sie am liebsten noch einmal geküsst hätte. Das war so einfach gewesen, aber genauso unvernünftig, unlogisch.

Sie schüttelt erneut den Kopf:

„Du...du sagst das keinem, oder?"


Kylie lächelt ein halbes Lächeln und flüstert: „Nein, versprochen. Ich glaube, ich wollte es nur ausprobieren."


Tamara atmet erleichtert auf. Sie hat schon befürchtet, es müsse mehr bedeuten.

„Bleibt unser Geheimnis," sie grinst verlegen und Hitze stiegt ihr in die Wangen.


„Klar," Kylie nickt und streckt sich, „klaro!"



Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt