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Als wir beim Wasserfall ankamen blieb mir fast die Luft weg. Er ragte wie ein riesiger, glitzernder Diamantbrunnen vor uns auf. Der Anblick war echt atemberaubend! Das Wasser fiel herab wie Sternschnuppen vom Himmel.

Funkelnd, schimmernd und blitzend.

Es schien den Himmel und die Erde zu verbinden, wie ein Regenbogen.

Verträumt blickte ich auf die Diamantenpracht. Auch die anderen waren hin und weg von diesem Anblick. Langsam streckte ich die Hand aus um den kühlen Strahl des Wassers zu berühren. Wie in Zeitlupe ergossen sich die winzigen Tropfen über meine Hand, meinen Arm entlang und fielen dann zu Boden. Das Gras schien an der Stelle immer grüner und saftiger zu werden. In diesem Moment fühlte ich mich so frei, glücklich und beflügelt, als ob ich schweben würde.

In Gedanken breiteten sich an meinem Rücken zwei große, fedrige, schneeweiße Flügel aus. Sie hüllten mich ein und geleiteten mich in die Luft, immer weiter nach oben.

Da konnte ich nicht mehr anders, meine Beine fingen an sich zu drehen, zu tanzen und zu hopsen. Beschwipst vom Glück hüpfte ich, gefolgt von Lucky und Caro, ins Wasser.

„Ist das super, duper mega cool, oder ist das super, duper mega cool?"

„Das ist mega, giga, irre super duper school!!!", antwortete meine Schwester.

„Was ist denn school?"

„Na eine Mischung aus schön und cool!"

„Du bist echt verrückt!"

„Ja, glücklich, verrückt."

Lachend spritzte ich Caroline einen Schwall Wasser ins Gesicht. Natürlich rächte sie sich gleich mit einem noch viel größeren Wasserschub. Doch ich war gut drauf also bekam sie nur ein glückliches Kieksen von mir zu hören.

Plötzlich fiel Caro das Lachen aus dem Gesicht als hätte ich gesagt, dass ich sie hasste.

„Was ist denn?"

„Wo ist Lucky?"

Verdammt. Auch ich hatte nicht aufgepasst und unseren Hund total aus den Augen verloren. Suchend drehte ich mich mehrmals um meine eigene Achse. Mein Blick glitt wieder zu meiner Schwester die mit bleichem Gesicht aus dem Wasser watete. „Alles okay?", fragte ich vorsichtig.

Langsam glitt sie, den Rücken an einen Baum gelehnt, zu Boden. Dann vergrub sie ihr Gesicht in ihre verschränkten Arme. „Hey, der kann doch nicht verschwunden sein", versuchte ich sie zu beruhigen. „Außerdem hilft hier tatenlos rum sitzen auch nicht viel!" Als Carl jedoch nur ein Schluchzen von sich gab, eilte ich zu ihr und nahm sie in den Arm.

Nach einer Weile löste ich mich wieder von ihr und sagte dann zuversichtlich: „Komm, wir laufen jetzt einfach bisschen in der Umgebung herum und rufen ihn, dann wird er bestimmt kommen!"

Es sei denn er wurde gefangen oder er ist ertrunken, diese Gedanken verdrängte ich jedoch schnell wieder. Außerdem hätten wir erstens gehört wenn irgendwer sich an Lucky rangemacht haben sollte und zweitens ist das Wasser gerade mal so tief dass es unserem Hund höchstens bis zum Hals ging. Trotzdem teilte ich meine Gedanken wohl lieber nicht mit meiner Schwester, da ich es nicht riskieren wollte, dass sie noch besorgter wurde.

Im vorderen Teil meines Kopfes ratterte es und ich überlegte wo Lucky sein konnte.

Im hinteren Teil also im Unbewusstem hörte ich etwas, dass mir komisch bekannt vor kam. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich begriff was ich da gehört hatte. Überrascht starrte ich mit großen Augen zu meiner Schwester, die zurück starrte. Dann riefen wir gleichzeitig: „Lucky!" Und tatsächlich, in diesem Moment kam unser Hund aus dem Wald, der hinter dem Wasserfall lag, herbeigelaufen.

Ein paar Minuten später standen Caro, Lucky und ich vor dem gewaltigen Wald. Wir renkten uns die Köpfe aus, als wir an den Baumriesen empor blickten.

„Was sich wohl hinter dem geheimnissenvollen Gebirge verstecken mag?"

„Finden wir es raus!", meinte ich abenteuerlustig.


Wir kämpften uns nun schon etliche Stunden durchs Gestrüpp. So kam es einem zumindest vor. Lucky lief immer noch mühelos umher und wir versuchten ihm, außer Atem, nach zu kommen. Irgendwann reichte es mir und ich setzte mich auf einen großen Stein. „Komm schon, weiter, sonst kommen wir ja nie an!"

„Ich habs satt die ganze Zeit orientierungslos herumzuirren und außerdem ist mir heiß, ich gab Durst, muss schon ewig aufs Klo und falls du es noch nicht bemerkt hast, mein Magen hat sich auch alle paar Minuten lautstark gemeldet!"

Caro sah mich mitfühlend an. „Charlie, wir sind doch bestimmt bald da. Und Lucky..."

„Wie kannst du dir eigentlich so sicher sein, dass Lucky uns zu irgendwas Tollem führen wird?!", fragte ich schon etwas genervt. Eine kleine Zornesfalte machte sich auf Caros Stirn breit. „Weil ich unserem Hund vertraue, und du solltest das auch mal versuchen! Glaub mir der lange Weg wird sich lohnen."

„Schön wärs.", murmelte ich. Doch meine Schwester hatte das zum Glück nicht mehr gehört da sie schon weiter gegangen war. Weil ich nicht riskieren wollte das ich alleine zurück blieb, lief ich den Beiden schnell hinterher.

Als ich hechelnd bei ihnen ankam, stützte ich mich auf Caros Schulter und stieß zwischen ein paar Atemzügen hervor: „Bitte, könntet... ihr bitte kurz stehen bleiben!?"

„Na gut. Sag mal Charlie ist alles okay, du bist ein bisschen blass um die Nase.", meinte meine Schwester besorgt.

„Nein, nein alles... okay", ich holte noch einmal tief Luft, „keine Sorge, mir geht es gut!"

„Sollen wir eine kurze Pinkel-Pause einlegen?"

Mein Kopf errötete, als ich nickte. Um nicht zu riskieren dass meine Schwester das sah, verschwand ich schnell hinter ein paar Büschen um aufs Klo zu gehen.

Als ich wieder zurück kam versuchte Caroline Lucky gerade ein paar Tricks beizubringen. Als sie mich bemerkte stand sie auf und lächelte mich zufrieden an.

„Du strahlst ja über das ganze Gesicht, was ist los?"

Geheimnisvolles Lächeln umspielte ihre Lippen als sie mich zu sich winkte. Vorsichtig folgte ich ihr. Dann blieb sie abrupt stehen, drehte sich zu mir um und flüsterte: „Schau mal, was unser schlauer Hund da entdeckt hat." Sie schob zwei große Blätter auseinander und dahinter kam eine Lichtung zum Vorschein. Es war aber nicht nur irgendeine Lichtung, nein, es war eine Wiese voller Beeren und Bäumen mit lecker aussehenden Früchten. Schon beim Anblick dieser Leckereien lief mir das Wasser im Mund zusammen. „Ich würde sagen, das haben wir uns verdient!" Caro lächelte mich an.

„Ja, das finde ich auch!", stimmte ich meiner Schwester zu.

Schnell liefen wir auf all diese leuchtenden Früchte zu, pflügten sie von Sträuchern und Bäumen und stopften uns damit die Bäuche voll. Eine besser als die Andere. Jede hatte seinen ganz eigenen saftigen Geschmack. Lucky konnte sich auch für ein paar Leckereien begeistern. In diesem Moment war ich so glücklich und satt wie schon lange nicht mehr. Den anderen beiden schien es auch so zu gehen.

Als unsere Bäuche gefüllt waren versuchten wir alles Mögliche als Behälter zu benutzen um Vorrat mitnehmen zu können. Wir nahmen unsere Oberteile ab und füllten sie mit allen Früchten die uns in den Weg kamen. Brombeeren, Himbeeren, Erdbeeren, Äpfel, Kirschen, Pfirsiche und Aprikosen. Ich fragte mich nur wer das alles angepflanzt haben könnte, doch daran wollte ich lieber nicht denken. Nicht dass hier irgendwelche Ureinwohner wohnten und wir gerade ihre Ernte stahlen. 

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