Burden

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Einige Wochen sind vergangen. In letzter Zeit wurde ich immer paranoider. Wolfram ist seit seinem letzen Besuch auch nichtmehr aufgetaucht. Das einzige was ich Tag ein und Tag aus nun tat, war aufstehen, Schule gehen, daheim lesen oder YouTube Videos schauen und dann wieder schlafen gehen. Desto länger ich so weitermachte, desto deprimierter wurde. Dieser immer wieder kehrende Trott, konnte einem glatt fertig machen.

Es war Nachmittag. An einem Samstag. Ich war ganz schwarz gekleidet. Heute fand das Begräbnis statt. Mich wunderte, dass es erst so spät stattfand, aber das war meine kleinste Sorge. Anfangs dachte ich mir, dass ich es einfach vergessen könnte. Aber wie könnte man einen Mord aus dem Gehirn löschen. Deshalb entschloss ich an dem Begräbnis teilzunehmen. Ich versuchte mir einzureden, dass ich deshalb tat, weil mir die Eltern leid taten. Natürlich taten sie mir leid, aber ich denke ich tat es, weil ich wollte, dass ich realisierte was ich getan habe und mich dafür schuldig fühlte. Deshalb befand ich mich nun in dieser Situation. Um nicht zu sehr aufzufallen, stand ich weiter hinten und gab keinen Mucks von mir. Eine Frau und ein Mann standen ganz vorne und weinten. Ich vermutete stark, dass sie die Eltern waren. Daneben stand ein kleines Mädchen. Sie weinte ebenfalls. Wahrscheinlich die kleine Schwester. Rund um sie schauten sie Leute zu Boden. Man konnte stark annehmen, dass sie die Verwandten waren. Ich allein starrte wie gebannt auf den Sarg.

„Verdammt weine! Fühle dich schuldig", schrie ich mich innerlich an.

Aber es kam nichts. Keine Träne. Kein Zittern. Keine einziges Gefühl etwas Falsches getan zu haben. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf weiterhin auf den Holzkasten, welcher nun langsam nach unten gesenkt wurde. Kurz bevor der Sarg nichtmehr zu sehen war, musste ich lächeln. Ich blickte zu Boden und realisierte plötzlich was ich fühlte. Das Gegenteil von was ich wollte. Keine Schuld. Ich war zufrieden. Das Grinsen verschwand nicht aus meinem Gesicht, das einzige was ich tun konnte, war niemanden merken zu lassen, dass ich fast schon glücklich war. Ich hörte noch kurz den Worten des Pfarrers zu. Lauschte dem Wimmern und Weinen der Familie. Jedoch veränderte es sich nicht. Das Lächeln verschwand nicht. Ohne weiter darüber nachzudenken, drehte ich mich um und verschwand vom Friedhof.

Der Weg heim fühlte sich lang an. Ich war schockiert. Nicht von meinem Lächeln. Sondern dass ich mich kein bisschen für schuldig empfand. Mich beunruhigten meine eigenen Gefühle.

Daheim legte ich mich aufs Bett und seufzte laut.

„Und ein weiteres Mal gehen wir diesen festgesessen Ablauf des Tages...", murmelte ich deprimiert vor mich her.

Zu einem kleinen Teil war ich wirklich froh, das nach langem mal wieder etwas Neues passiert war. Tiefer und tiefer versank ich in meinen Gedanken und schlief schlussendlich einfach ein.

Plötzlich ries es mich aus dem Schlaf und ich schnellte auf. Ich zitterte und schwitzte. Keuchend setzte ich mich auf die Bettkante und lehnte mich ein wenig nach vor. Es dauerte einige Zeit bis ich mich wieder gefangen hatte. Etwas neben der Spur, schlurfte ich hinaus auf den Gang und watschelte die Treppen herunter. Meine Beine trugen mich mühsam in die Küche.

„fast 4 Uhr morgens ... musste ich denn wirklich gleich so lang schlafen", murmelte ich entmutigt.

Wie aus dem Nichts, fuhr ein erbärmlicher Schmerz durch meinen Körper. Ich sank zu Boden und versuchte mir mit aller Kraft einen Schrei zu unterdrücken. Ich wollte nicht Mum aufwecken. Ich rollte mich auf dem Boden zusammen und versuchte die Schmerzen zu ertragen. Meine Nägel krallte ich mir in meine Beine und ich biss mir auf die Lippen. Auf einmal schmeckte ich etwas. Es war Blut. Genau in diesem Moment hörte es endlich auf. Erleichterte rang ich nach Luft, da ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Jedoch fiel mir das Atmen schwer, ich wollte an die frische Luft. Mit weichen Knien bemühte ich mich aufzustehen. Unsichere Schritte trugen mich zur Tür zum Hintergarten. Eilig schob ich sie auf und stolperte nach draußen. Hechelnd kniete ich auf dem Boden. Endlich wurde ich wieder ruhiger. Ich hörte auf zu zittern und zu keuchen. Der Nachtwind, welcher durch meine Haare streichelte, tat gut. Er entspannte mich. Plötzlich viel mir ein Sprichwort ein, welches ich vor langem einmal gehört hatte.

„3 Uhr morgens ist noch tief in der Nacht ... Aber 4 Uhr morgens ist schon früh am Morgen... nur ein kurzer Augenblick der zwischen Tag und Nacht entscheidet.", murmelte ich vor mich hin.

Ich erhob meinen Kopf und blickte in den Himmel.

„Nur ein kurzer Augenblick ...", flüsterte ich.

Meine Entspannung verschwand, als ich plötzlich wieder diese Schmerzen spürte. Erneut rang ich nach Luft und rollte mich auf dem Boden hin und her. Etwas Warmes rollte meine Wangen hinunter. Ich weinte. Dieser unerträgliche Schmerz wurde immer mehr und mehr. Es fühlte sich an, als würde meine Wirbelsäule verbogen werden. Mein ganzes Gesicht brannte und ich fühlte jeden einzelnen Zahn in meinem Mund. Arme und Bein pochten und es fühlte sich so an als würden sie gleich platzen. Schweißtropfen vielen zu Boden oder waren es meine Tränen? Ich wusste es nichtmehr. Komplett benebelt starrte ich auf den Boden und wagte es nicht mich zu viel zu bewegen. Auf einmal merkte ich wie ich mich nichtmehr aufrichten konnte und mich meine Wirbelsäule auf Beine und Hände zwang. Hechelnd und zitternd war mir zu Beginn nicht einmal bewusst, dass der Schmerz schwächer wurde. Als er dann endlich aufhörte kippte ich zur Seite und fiel auf den Boden. Keuchend lag ich da und starrte in den Wald. Einige Zeit blieb ich so liegen, da ich die Angst hatte, dass wenn ich mich wieder bewegen würde, alles nochmal von vorne beginnen würde. Nach einiger Zeit wollte ich es jedoch versuchen, da ich in mein Zimmer gehen wollte um mich nicht eine Verkühlung zu holen. Bemüht stemmte ich mich auf meine Beine und erst dann realisierte ich was passierte war. Ich konnte nicht aufstehen. Ich war auf allen Vieren. Nervös und mit pochendem Herzen wollte ich mir ins Gesicht greifen um herauszufinden, ob sich etwas verändert hatte. Meine Bewegung stoppte, als ich endlich meine Hand sehen konnte, wenn ich sie überhaupt noch Hand nennen konnte. Vor mir befand sich eine weiße flauschige Pfote. Geschockt stolperte ich rückwärts und viel auf meinen Hintern. Als ich spürte, dass ich auf etwas saß, blickte ich verwirrt unter mich. Ein großes, flauschiges etwas lag da. Überrascht sprang ich auf. Und drehte mich gleichzeitig um. Nun stand ich genau vor der Hintertür. Im Glas konnte ich mein eigenes Spiegelbild sehen. Roten Augen starrten mich an. Entgeistert musterte ich mich selbst. Mich ... den Wolf gewordenen Menschen.


Es tut mir so leid, dass ich schon so lang nichts geschrieben habe ;_ ; Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen! <3

Ich hoffe euch gefällt der neue Teil <3 würde mich über eine positive Bewertung und ein Kommentar freuen ^^

~Alexa~

She WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt