25.06. #3

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Appartement

PoV Taddl

"Kann sein, dass es ein bisschen unordentlich ist", warnte der Braunhaarige mich, als er den Schlüssel zu seiner Wohnung heraus kramte. "Ein bisschen?", hakte ich nach und er verdrehte grinsend die Augen. "Gut, vielleicht mehr als ein bisschen", gab der Ältere schließlich zu und stieß mit einer schwungvollen Bewegung die Tür auf. Diese gab den Blick frei auf totales Chaos - anders konnte ich es nicht beschreiben. Trotz seines eingegipsten Armes hielt Ardy mir die Tür auf, weswegen ich mich sofort umschauen konnte. Ich wusste zwar, dass mein Freund einen Mitbwohner hatte, doch das erklärte nicht die imense Anzahl an Schuhen, die kreuz und quer im Eingangsbereich stand. "Soll ich meine Schuhe ausziehen?", wollte ich wissen und bückte mich bereits, um die Schnürsenkel zu öffnen. "Stell sie einfach irgendwo hin, wo du sie später wieder findest", ertönte Ardys Stimme, anhand der ich beschloss, dass der Braunhaarige hinter mir stehen musste. Keine halbe Sekunde später, spürte ich, wie der Kleinere mir einen Klaps auf den Hintern verpasste, weshalb ich erschrocken aufquiekte. Der Braunhaarige lachte auf und strich mir sanft über den Rücken, während ich immer noch damit beschäftigt war, meine Schuhe auszuziehen. "Aaardyyy", schallte es plötzlich durch die Wohnung, bevor es einmal laut polterte und jemand mit lauten Schritten auf uns zu gerannt kam. Da durch eine Wand die Sicht auf einen Teil der Wohung versperrt war, konnte ich noch nicht sehen, wie Ardys Mitbewohner aussah, doch seine Stimme war hoch und scheinbar sprach ihr Besitzer nasal. Ein paar Augenblicke später schlitterte ein schwarzhaariger Junge in mein Sichtfeld, dessen Augen sich vor Erstaunen weiteten, als er mich erblickte. "Hä?", kam es wenig intelligent aus seinem Mund ich Ardy gluckste neben mir belustigt. "Hey, nenn' mich einfach Taddl, okay?", stellte ich mich vor und hielt dem Schwarzhaarigen meine Hand entgegen, in die er einschlug. "Hey, ich bin Tommy, Ardys Mitbewohner", entgegnete er und ich grinste schief. "Er hat mir schon viel von dir erzählt", erklärte ich mit einem Blick zu Ardy, der sich verlegen am Kopf kratzte. "Ach, das kann ich genau so zurück geben", erwiderte Tommy und ich mein Grinsen wurde breite, als Ardy ein warnendes Zischen von sich ließ. Dies schien der Kleinste der Runde jedoch gar nicht zu bemerken - oder es ließ ihn schlichtweg unbeeindruckt - denn er plapperte munter darauf los. Anscheinend hatte Ardy ihm erzählt, was wir letzten Mittwoch getan hatten, denn er machte sich gerade über dessen gebrochenes Handgelenk lustig, an dem dieser ja sozusagen selbst schuld war. Ein Blick zu meinem Freund verriet mir, dass er seinem Mitbewohner an liebsten an die Kehle springen würde, was sich auch fast bewahrheitete, als Tommy plötzlich etwas erwähnte, was mich aufhorchen ließ. "Du hast ja wirklich so schöne Augen, wie Ardy meinte. Ich bin sicher, die Mädels fliegen genauso auf dich, wie unser Ardyleinchen es tut." Ich sah meinen Freund verwundert an und dessen Blick wanderte geschockt zwischen Tommy und mir hin und her. "Wo-woher weißt du...?" Die unausgesprochene Frage blieb einen Moment lang im Raum hängen. "Ernsthaft Ardy? Das hätte auch ein Blinder mit Ohrenproblemen gemerkt, dass du auf ihn stehst", meinte der Schwarzhaarige schmunzelnd und Ardys Wangen färbten sich rot vor Verlegenheit. "Also weißt du, dass ich...also, dass ich schw-", setzte Ardy an, doch sein Mitbewohner unterbrach ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung. "Ach, dass du schwul bist hab ich eh schon vermutet", entgegnete Tommy und musterte mich eingehend. "Und? Seid ihr zusammen?" Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch bevor auch nur ein Wort über meine Lippen kam, beantwortete Tommy sich seine Frage selbst. "Blöde Frage, klar seid ihr zusammen." In Ardys Gesicht war die Verwirrung genau so deutlich zu sehen, wie in meinem, doch auch das hielt nicht lange an. "Ich seh' es an euren Augen, ihr begehrt euch gegenseitig; ihr fresst euch ja halb auf und das nur, indem ihr euch anseht", erklärte der Schwarzhaarige und ich fuhr mir verlegen durchs Gesicht. Auch Ardy wandte den Kopf zur Seite, wie ich aus dem Augenwinkel wahrnahm. Ein helles Lachen ließ uns beide herumfahren und zwang uns die Aussicht auf einen jauchzenden Tommy auf. "Wenn ihr euch gerade sehen könntet, köstlich! Ich hab nur Spaß gemacht, aber Ardy hier", er deutete mit seiner Hand auf den Angesprochenen, "hat ein Bild von euch beiden als Laptop-Hintergrund und auf dem küsst ihr euch. Also hab ich nur eins und eins zusammen gezählt." Kurz sagte niemand etwas, dann stieß Ardy empört aus: "Was hast du an meinem Laptop zu suchen?!" "Ich hab was gegoogelt", murmelte Tommy und der Braunhaarige neben mir schnaubte. "Und das hättest du nicht an deinem Handy machen können?", wollte mein Freund wissen, wobei er einen ziemlich zickigen Ton an den Tag legte. "Naja, ich war ein wenig neugierig. Und dein Laptop stand zufälligerweise auf der Couch. Und dann bin ich ausversehen auf die Tastatur gekommen und er ist angegangen und ich hab das Bild gesehen. Und dann war alles vorbei", druckste der Schwarzhaarige herum und hob sich beim letzten Satz die Hand zu einer dramatischen Geste an die Stirn. "Tzz, Spast", seufzte Ardy, dann griff er nach meinem Handgelenk und zog mich an seinem Mitbewohner vorbei in den Wohnbereich. "Tommy, verziehst du dich auf dein Zimmer?", wollte Ardy mit einem fordernden Unterton wissen. Der Schwarzhaarige stand einen Moment unschlüssig herum, entdeckte dann jedoch Ardys Hand, die demonstrativ auf meiner Hüfte lag und verschwand zügig in seinem Zimmer, aus dem Sekunden später leise Musik ertönte. Sobald das Geräusch der sich schließenden Tür ertönte, beförderte Ardy mich mit einem sanften Stoß auf die Couch, auf der ich mit einem erschrockenen Stöhnen landete. Kaum dass ich meine Augen, die ich vor Schreck zugekniffen hatte, wieder geöffnet hatte, saß Ardy bereits rittlings auf meinem Schoß und verschränkte die Hände in meinem Nacken, während er gierig seine Lippen auf meine presste. "Ich dachte schon, er geht nie", murmelte der Kleinere in den Kuss hinein und ich hätte gerne etwas erwidert, jedoch überfoderte die heiße Haut des Älteren mich gerade komplett. Als er plötzlich mit seiner Zunge über meine Unterlippe fuhr, seufzte ich auf und krallte mich an seine Hüfte fest. Noch einen Moment ließ ich ihn gewähren, dann packte ich ihn an den Oberschenkeln und stand auf. Er schlang augenblicklich seine Beine um meine Hüfte und presste sich so nah wie möglich an meinen Körper. Ich taumelte von der Couch weg und lief in die Richtung, in der Tommy zuvor verschwunden war. "Dein Zimmer?", hauchte ich gegen die Lippen meines Freundes. Dieser antwortete nicht, sondern nickte einfach nur grob zu einer der drei Türen. Ich fackelte nicht lange und legte die letzten Schritte zurück, dann stieß ich die Tür auf und setzte den Braunhaarigen ab, um die Tür sorgfältig zu schließen. Als ich mich umdrehte, lag Ardys Shirt bereits in irgendeiner Ecke des Zimmers.

Ardys warmer Atem auf meiner ebenfalls warmen Haut bereitete mir eine Gänsehaut. Gedankenverloren streichelte ich dem Kleineren durch die leicht zerzausten Haare, während dieser still hielt und sich an meine Seite geschmiegt hatte. "Ardy", flüsterte ich und wusste, trotz einer fehlenden Reaktion seinerseits, dass er mir zuhörte. "Ich liebe dich."
Statt einer Antwort platzierte der Braunhaarige einen Kuss auf meiner Brust, knapp unterhalb des Schlüsselbeins. "Ich bin so froh, dass ich dich habe. Dass ich dich damals angesprochen habe - auch, wenn es nur wegen eines Buches war", murmelte ich und strich ihm sanft eine Strähne, die immer wieder in ihre alte Position zurück sprang, aus der Stirn. "Mmh, eigentlich total dumm", nuschelte Ardy und vergrub sein Gesicht tiefer an meinem Brustkorb. "Wie meinst du?", hakte ich nach, da ich mir nicht sicher war, ob er den Umstand unseres Kennenlernens meinte oder etwas anderes. "Na, dass du mich angesprochen hast, weil ich gelesen hab", erklärte er und hob den Kopf, so dass er nun deutlicher zu verstehen war. Ich lächelte, als ich mir unser erstes Gespräch ins Gedächtnis rief. "Und obwohl ich so ein Arsch zu dir war, hast du nicht locker gelassen", sprach Ardy meine Gedanken laut aus. "Ja. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich dich so überfallen hab", rechtfertigte ich mein damaliges Verhalten. "Aber...das war das Süßeste, was jemals jemand für mich gemacht hat", murmelte der Kleinere und scheinbar schämte er sich dafür. "Da bin ich aber froh", entgegnete ich und erntete dafür einen überraschten Blick von Ardy. "Sonst wär's schwer für mich geworden, dich davon zu überzeugen, dass ich kein komplettes Arschloch bin", fügte ich grinsend hinzu und strich ihm liebevoll über die Wange. "Ey, das war voll ernst gemeint, man", murrte Ardy, hatte jedoch ebenfalls ein Grinsen im Gesicht. Als er plötzlich Anstalten machte aufzustehen, protestierte ich mit einem verwunderten "Hey!" und hielt sein Handgelenk fest in meiner Hand, als er sich ein wenig von mir entfernte. "Was machst du?", wollte ich wissen, wobei mich die Antwort zum Einen brennend interessierte, ich sie zum Anderen einfach nicht wissen wollte sondern einfach nur die Rückkehr meines Freundes. "Ich will dir was zeigen, also lass mich los, du Klammeräffchen", forderte der Braunhaarige und schüttelte meine Hand von seinem Arm ab. Ich folgte ihm mit meinem Blick, der Ältere suchte anscheinend etwas in einer der Schubladen des Schreibtisches. Er fand schließlich, was er suchte, denn ein triumphierendes Auflachen ertönte, bevor er sich umdrehte und dann schnell auf mich zukam. Er hielt etwas in den Händen, jedoch konnte ich nicht erkennen, was er gefunden hatte, da es ziemlich dunkel im Zimmer war. Hastig schlüpfte der Braunhaarige wieder unter die Decke, wobei er sich diesmal nicht so nah an mich schmiegte wie zuvor. Wortlos überreichte er mir seinen Fund. Seine Bewegungen machten deutlich, wie viel die Sache ihm wert war, denn er ging sehr behutsam damit um. Ich setzte mich auf, um das Ding in meinen Händen näher zu betrachten, was sich aufgrund der im Zimmer herrschenden Dunkelheit als echte Herausforderung entpuppte. Es war weiß, das hatte ich schnell erkannt und auch das Material war einfach zu erraten. Fast wie Papier, aber rauer und gleichzeitig dünner. Es war eine Serviette. Und obwohl meine Augen immer noch nichts Weiteres entdeckt hatten, wusste ich haargenau, wie sie aussah. Oder eher gesagt, was in meiner Handschrift dort stand. "Du hast sie behalten?", es war eher eine Feststellung. Sobald die Worte meinen Mund verließen, verspürte ich ein Kribbeln im Bauch und mir wurde angenehm warm. Ardy sagte nichts, also nahm ich an, dass er genickt hatte. "Du bist der süßeste Mensch dieses Planeten", flüsterte ich, während ich mich zu ihm beugte und sanft meine Lippen auf seine legte. "Niemand hätte sie einfach weggeworfen", murmelte der Braunhaarige und obwohl wir uns nicht mehr küssten, spürte ich seinen Atem auf meinem Gesicht. "Du hast sie behalten, das ist das einzig Bedeutende für mich." Ich konnte hören, wie er schluckte. "Du weißt, dass ich dich liebe, oder?", wollte der Kleinere schließlich leise wissen und ich legte behutsam die Serviette beseite, um beide meiner Hände an seine Wangen zu legen. "Natürlich weiß ich das", wisperte ich, mein Gesicht war nun ganz nah an seinem, welches ich in meinen Händen hielt. "Ich liebe dich", flüsterte Ardy und wieder spürte ich einen warmen Lufthauch auf meiner Haut. "Wie oft haben wir das schon gesagt?", murmelte ich und lehnte meine Stirn gegen seine. "Nicht oft genug", seufzte er kaum hörbar und seine Lippen streiften federleicht meine. "Ich liebe dich", hauchte ich und fuhr hauchzart mit den Daumen über seine Wangenknochen, fast so, als könnte er zerbrechen, wenn ich ihn zu grob berührte. "Ich liebe dich auch."

[1906 Wörter]

-Ra

saturday morning - [tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt