15.06. #1

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Wednesday

PoV Taddl

Lächelnd schloss ich die Wohnungstür auf und beförderte meinen Rucksack etwas zu schwungvoll in eine Ecke des Flures. Es war kurz nach Eins und ich war schon den ganzen Morgen voller Vorfreude, Ardy endlich wiederzusehen. Kaum vorstellbar, dass früher Sieben Tage zwischen unseren Treffen gelegen waren. Hoffentlich sah Ardy das genauso und wir würden uns in Zukunft öfter sehen, als nur an den Samstagen. Ich hatte mir bereits an der Schule Etwas zu essen gekauft und es auf dem Weg nach Hause gegessen, weshalb ich jetzt nur schnell meine Hausaufgaben, die ich bis morgen brauchte, erledigte und mich dann meinem Kleiderschrank widmete. Ich hatte noch zwanzig Minuten Zeit, die ich damit verbrachte, ein Outfit herauszusuchen, das gut zusammen passte. Da es draußen recht warm war, entschied ich mich für ein einfaches weißes Shirt ohne Ärmel, welches ich auf mit einer zerissenen hellblauen Jeans kombinierte. Die restliche Zeit ging an meine Haare verloren, da ich versuchte, diese in eine halbwegs anständige Form zu bekommen. "Ich muss unbedingt mal wieder meine Haare schneiden", murmelte ich und betrachtete verzweifelt eine hellblaue Strähne, die ich zwischen meinen Fingern hielt. Die Farbe war schon ziemlich heraus gewaschen, was mir eigentlich nicht schlecht gefiel, aber irgendwann sah es ein wenig schäbig aus. Außerdem war Sommer und da war es recht angenehm, sich die Haare neu zu färben und auch ein wenig zu schneiden. Seufzend band ich sie einfach zu einem kleinen Zopf zusammen, bevor ich mit einem Blick auf die Uhr fest stellte, dass Ardy gleich da sein würde, also schnappte ich mir mein Handy und den Wohnungsschlüssel und schloss die Tür hinter mir, dann joggte ich die Treppen hinunter und verließ das Haus. Sobald ich auf der Straße war, sah ich auf mein Handy. 13:52 Uhr, keine Nachrichten oder sonstige Lebenszeichen von Ardy. "Oho, die 'Deutsche Bahn' mal ohne Verspätung", stellte ich belustigt fest, während ich mein Handy auf Vibration schaltete und es in meiner Hosentasche verschwinden ließ.

Als ich am "Lucy's"ankam, war von Ardy nichts zu sehen. Kurzerhand beschloss ich, ihn bereits am Bahnhof in Empfang zu nehmen oder ihm zumindest entgegen zu kommen, falls er schon da sein sollte. Also lief ich am Café vorbei, in Richtung Bahnhof. Auf halbem Weg holte ich mein Handy heraus und sah, dass Ardy mir geschrieben hatte. Sein Zug hatte sieben Minuten Verspätung, was erklärte, dass ich ihnimmer noch nicht sehen konnte. Als ich am Bahnhof ankam, war immer noch weit und breit keine Spur von Ardy, doch die Anzeige am Gleis zeigte mir an, dass er in ein paar Minuten ankommen würde. "Hach, die 'Deutsche Bahn', verlässlich wie immer", seufzte ich, während ich mich auf die Eisenbank setzte, die unter einem kleinen Unterstand angebracht war. Das Ertönen der Glocke, dicht gefolgt vom Schließen der Schranken, kündigte die baldige Ankuft eines Zuges an. Leicht nervös erhob ich mich, in meinem Kopf spukte die Frage herum, wie ich Ardy begrüßen sollte. Gedanklich war ich schon jedes mögliche Szenario mindestens dreimal durchgegangen, doch endgültig entschieden hatte ich mich noch nicht. Die Bahn, die mittlerweile näher gekommen war, verlangsamte ihr Tempo, bis sie schließlich zum Stillstand kam. Ich fuhr mir hektisch durch die Haare und beobachtete aufmerksam, wie die Türen des Zuges sich jeweils am vorderen und am hinteren Ende öffneten. Eine ganze Horde an Menschen stieg aus, die meisten waren jünger als ich; Schüler, die gerade Unterrichtsschluss hatten. Inmitten all dieser Menschen entdeckte ich einen mir vertrauten braunen Haarschopf. Ohne zu zögern lief ich auf ihn zu und musste schmunzeln, da der Kleinere sich suchend umblickte. Als er mich schließlich sah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und er machte einige Schritte auf mich zu, wurde dann jedoch von einem Fünftklässler ausgebremst, der seinen Weg kreuzte. Er zuckte grinsend mit den Schultern und verdrehte gespielt genervt die Augen, bevor er mir erneut entgegen kam. Als ich direkt vor ihm stand, legte er den Kopf ein wenig schief, dann hauchte er ein leises "Hey", bevor er seine Arme um meinen Oberkörper legte und mich in eine Umarmumg zog. Ich erwiderte diese ein wenig verwirrt, da ich eigentlich nicht damit gerechnet hatte, dass er so mutig sein würde. "Hallo", murmelte ich, meine Worte wurden durch seine Haare gedämpft. Er vergrub sein Gesicht an meiner Brust, weswegen ich meine Griff um seine Schultern verstärkte. "Hab dich vermisst", nuschelte der Braunhaarige in mein Shirt und ich musste lächeln. "Ich dich auch", antwortete ich leise und strich ihm sanft durch die Haare. Er löste sich aus der Umarmung und sah mich einen Moment lang mit großen Augen an, den Mund leicht geöffnet, so als wollte er etwas sagen. Doch er schloss seinen Mund, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, sein Blick weiterhin auf mich gerichtet. "Ähm, nochmal persönlich: Alles Gute nachträglich, du alter Stinkstiefel", brachte ich lachend über die Lippen, nachdem einen Moment lang seltsame Stille geherrscht hatte. Verwirrt schüttelte Ardy leicht den Kopf, dann schien er zu realisieren, was ich gerade gesagt hatte, denn ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "Oh danke. Weißt du, was ich mir gewünscht hab?", erwiderte der Braunhaarige und ich zuckte ratlos mit den Schultern. "Einen Stink-Stiefel", antwortete er lachend, wobei er das Wort so seltsam betonte, dass ich ebenfalls lachen musste. "Alles klar", entgegnete ich resignierend und sein Lachen verstummte langsam. "Ne, jetzt mal im Ernst. Dein Geschenk war toll." Ich hob lächelnd eine Augenbraue und wollte wissen, ob es ihm wirklich gefiel. Er nickte, überlegte es sich dann jedoch anders und antwortete: "Ne, war richtig scheiße, hab's auch direkt weggeworfen!" Alleine der Fakt, dass er bei diesen Worten ein Lachen unterdrückte, hielt mich davon ab, ihm Glauben zu schenken. "Ich hatte echt Angst, dass es dir nicht gefällt. Immerhin kennen wir uns noch nicht lange, was die ganze Sache nicht gerade leichter gemacht hat", rechtfertigte ich mich, obwohl ich ziemlich erleichtert war, dass meine Wahl nicht komplett daneben gelegen hatte. "Ist ja okay. Mir gefällt es, vielleicht löse ich einen der Teile bald ein", erwiderte er und grinste schief. "Holy, ich dachte, ich hab jetzt erstmal meine Ruhe", seufzte ich, woraufhin ich einen Schlag gegen die Schulter kassierte. Ardy lachte. "Tja und vom Rest bekommst du dann Bilder", fügte der Braunhaarige hinzu, während er zwinkerte. Etwas ratlos, da ich nicht wirklich wusste, von was er Bilder machen wollte, nickte ich trotzdem. Bilder von Ardy waren immer gut, egal ob mit Geschenk oder ohne. "Lass uns mal los, irgendwann musst du ja auch wieder nach Hause", beschloss ich und lief los, über den, mittlerweile wie leer gefegten Bahnsteig. "Ist ja nicht so, dass erst zwei Uhr ist und wir noch ewig Zeit haben, nein", murrte Ardy und schloss lachend zu mir auf.

[1115 Wörter]

-Ra

saturday morning - [tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt