13.06 & 14.06.

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13.06.

PoV Taddl

Ungeduldig sah ich aus dem Fenster. Es war Montagmorgen und in drei Minuten würde der Unterricht beginnen, das bedeutete für mich, dass ich eine HÜ in Sozialkunde schreiben würde. Nachdem ich gestern von Manu zurück gekommen war, hatte ich noch den restlichen Stoff gelernt. Ein wenig Angst hatte ich trotzdem vor dem Test, nicht zuletzt, weil das Thema mir nicht unbedingt lag. Meine Finger waren eiskalt und zitterten ein wenig, weshalb ich mir die Hände rieb. Immer wenn ich aufgeregt war, wurden meine Finger kalt und taub, was zugegebenermaßen nervig sein konnte, vor allem, wenn ich wusste, dass meine Angst unbegründet war. Es klingelte. Der Lehrer betrat den Raum und augenblicklich wurde es still. Wir begrüßten uns, er teilte die Blätter aus und die folgenden fünfzehn Minuten herrschte angestrengtes Schweigen, nur gestört von dem kratzenden Geräusch von Kugelschreiber auf Papier.

"Und, wie lief Soz?", wollte Luna in der Pause wissen. Sie war zwar nicht in meinem Kurs, aber sie wusste natürlich über jede Arbeit, die ich schrieb Bescheid. Ich zuckte nur mit den Schultern. "Kann ich nicht einschätzen, aber eigentlich war's ganz okay", gab ich ihr zur Antwort und überlegte kurz. Ich war wie gewöhnlich vor Ablauf der Zeit fertig gewesen und hatte deshalb die letzten Minuten damit verbracht, nachdenklich vor mich hin zu starren. Schon seit heute Morgen hatte ich das Verlangen, Ardy zu sehen, doch für den Moment musste auch der Kontakt übers Handy genügen. Der Braunhaarige hatte morgen Geburtstag und ich bedauerte, dass ich ihm nicht persönlich gratulieren konnte. Naja, ich könnte ja einfach zu ihm fahren, so weit entfernt war seine Wohnung nicht, aber irgendetwas hinderte mich daran. Es wäre einfach unglaublich kitschig und ehrlich gesagt, konnte ich mit solch schnulzigen Aktionen überhaupt nichts anfangen. Meiner Einschätzung nach war Ardy auch nicht gerade der Typ für Romantik, was mich zugegebenermaßen nicht im Geringsten störte. "-und deshalb musst du unbedingt mit mir da hin", beendete Luna gerade den Vortrag, den sie mir gerade gehalten hatte. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und erntete dafür einen überraschten Blick von meiner Mitbewohnerin. "Äh, sorry, was hast du gesagt? War gerade in Gedanken", entgegnete  ich und die Braunhaarige verdrehte die Augen, bevor sie mich neugierig musterte. "Ach ja, woran hast du denn gedacht?", wollte die Kleinere wissen und beförderte mit einer schnellen Handbewegung eine Strähne aus ihrem Gesicht. "Nicht so wichtig", murmelte ich und Luna zog argwöhnisch eine Augenbraue in die Höhe. "Mmh, wenn du meinst", erwiderte sie, weshalb ich kurz etwas verwirrt dreinblickte. Normalerweise hakte die Braunhaarige immer hartnäckig nach, doch gerade schien sie Wichtigeres im Sinn zu haben. "Also, wohin muss ich dich unbedingt begleiten?", wollte ich wissen und augenblicklich begannen ihre Augen zu funkeln und sie erzählte mir von einem Kosmetikshop, der komplett vegan und umweltschützend war. Mit jedem Wort, das sie sagte, überzeugte sie mich mehr davon, dass wir auf jeden Fall dort hin mussten.

Den restlichen Tag verbrachten wir in der Wohnung, erledigten unsere Hausaufgaben und räumten auf, wobei Luna immer wieder die HÜ ansprach, die sie heute geschrieben hatte. "Man, ich hab die HÜ so verhauen, wie kann man nur so dumm sein?! Ich hab einfach irgendwas hingeschrieben. Und eine Aufgabe hab ich zur Hälfte sowieso falsch, weiß ich jetzt schon. Mmh, warte mal, wenn ich von fünf Aufgaben mindestens 2 richtig habe, dann kann es doch gar keine Fünf werden, oder?", ratterte die Braunhaarige vor sich hin, während sie hektische Handbewegungen machte, die ihre Aufregung unterstrichen, und in der Küche auf und ab lief. Genervt verdrehte ich die Augen und seufzte einmal leise. "Ach Lumi, es wird schon keine Fünf werden", murrte ich und fügte nach einem Blick in ihr entsetztes Gesicht noch hinzu, "und auch keine Vier. Also mach dir keine Sorgen und warte einfach ab, bis ihr die HÜ zurück bekommt." Kurz schien die Grünäugige noch widersprechen zu wollen, doch dann zuckte sie mit den Schultern und verschwand in der Richtung, in der ihr Zimmer lag. Ich sah auf mein Handy und stellte enttäuscht fest, dass weder Ardy und noch Manu online waren und ich somit keine wirkliche Beschäftigung hatte. Da Pipi bereits wieder bei Lunas Eltern war, fiel auch diese Alternative weg und kurz spielte ich mit dem Gedanken, ohne Hund spazieren zu gehen, worauf ich zugegebenermaßen nicht wirklich Lust hatte. Seufzend machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer, um ein wenig zu lernen. Da in ungefähr einem Monat die Ferien beginnen würden, gab es reichlich Stoff, den wir lernen mussten, weil in dieser Zeit jeder Lehrer noch eine Arbeit oder Sonstiges schreiben wollte, um noch eine letzte Note eintragen zu können. Meistens war es genau diese Note, die die Punktzahl im Zeugnis entscheidend nach oben oder nach unten ausmachte. Also schlug ich in meinem Schulplaner nach, wann wir die nächste Arbeit schreiben würden und stellte erschrocken fest, dass bereits am Donnerstag eine Kursarbeit anstand, in einem Fach, das mir glücklicherweise keine Probleme bereitete, nämlich Geschichte. Da wir gerade ein Thema behandelten, dass mich ziemlich interessierte, schlug ich meine Unterlagen mit einem Anflug von Enthusiasmus auf. Die nächsten Stunden war ich in die Einträge in Heft und Buch vertieft, markierte hin und wieder etwas und las mir immer wieder die Blätter durch, die unser Lehrer uns gegeben hatte. Nachdem ich abends duschen gegangen war und etwas gegessen hatte, ging ich relativ früh ins Bett, da ich ziemlich erschöpft war. Außerdem hatte ich mir meinen Wecker so gestellt, dass ich kurz vor Mitternacht aufwachen würde und Ardy gratulieren konnte. Wenn er noch wach sein sollte, würde ich ihn auch anrufen und ihm übers Telefon gratulieren, was natürlich tausendmal persönlicher war als bloß eine Nachricht über WhatsApp.


14.06.

Sanft wachte ich auf. Ratlos, weshalb ich überhaupt in meinem Schlaf gestört wurde, überlegte ich erst einige Sekunden, bis mir einfiel, dass ich selbst meinen Wecker für diese Uhrzeit gestellt hatte. Schnell griff ich mir mein Handy und schaltete es auch gleich an. Zischend kniff ich die Augen zusammen, denn das gleißende Licht des Bildschirms blendete mich in der sonstigen Dunkelheit meines Zimmers enorm. Nachdem meine Augen sich halbwegs an die Helligkeit gewöhnt hatten, entsperrte ich das Handy und sah an Ardys 'zuletzt online'-Anzeige, dass er vor zwanzig Minuten noch wach gewesen war. Kurz zögerte ich, doch als die Uhrzeit von 23:59 auf 00:00 umschaltete, rief ich den Älteren augenblicklich an. Das Wartezeichen ertklang zweimal, bevor jemand abhob und sich mein Gegenüber mit einem "Hallo?" meldete. An der Stimme erkannte ich, dass es Ardy war und er wahrscheinlich gerade geschlafen hatte oder zumindest kurz davor gewesen war. "Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe", erwiderte ich und räsperte mich einmal leise, da meine Stimme etwas kratzig vom Schlaf war, "aber ich wollte dir unbedingt als Erster zum Geburtstag gratulieren." Kurz herrschte Stille am anderen Ende der Leitung und ich musste bei der Vorstellung, wie verwirrt Ardys Gesichtsaudruck in diesem Moment sein musste, lächeln. "Oh Gott, danke. Das wäre doch echt nicht nötig gewesen, ich meine...Morgen ist Schule?", sprudelte es aus dem Braunhaarigen heraus und ich lachte leise auf. "Du musst doch meinetwegen nicht so lange aufbleiben! Du bist sicher hundemü-", fügte er mit bebender Stimme hinzu. "Bin ich der Erste?", unterbrach ich und wieder wartete er kurz, bevor er antwortete. "Ja, bist du." Ich gluckste zufrieden und hörte Ardy leise lachen. "Du hättest wegen mir nicht extra wach bleiben müssen", wiederholte er. "Bin ich nicht." "Ach und weshalb bist du dann wach?", wollte er wissen und ich wusste genau, dass er in diesem Moment seinen Kopf schief legte, so wie er es immer tat, wenn er etwas fragte. "Hab mir 'nen Wecker gestellt." Er seufzte, doch ich konnte hören, dass er dabei leise lachte. "Das ist nicht wirklich besser, Taddl."


[1281 Wörter]

7 ausgerenkte Wirbel, yeah.

-Ra

saturday morning - [tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt