04.06. #1

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Hands

PoV Taddl

Überraschenderweise wachte ich heute einige Minuten vor meinem Wecker auf, der um Acht geklingelt hätte. Also schaltete ich den Alarm ab, nachdem ich mir verschlafen durch die Haare gestrichen hatte. Ich hievte mich aus meinem Bett und tappte langsam ins Bad, wo ich mich meines Shirts und meiner Boxershorts entledigte und dann unter der Dusche verschwand. Nachdem das Wasser eine angenehme Temperatur erreicht hatte, ließ ich es auf meinen Körper herunterprasseln. Ich massierte fest meine Schläfen, um irgendwie die Müdigkeit zu vertreiben, die mir tief in den Knochen saß. Ich wusste nicht, weshalb ich nicht ausgeschlafen war, da ich eigentlich recht früh ins Bett gegangen war, doch dann fiel es mir wieder ein. Schlagartig war ich hellwach und mein Blick wanderte zur Uhr, die an der Wand des Bades hing. Lunas Behauptung schoss mir durch den Kopf, wie schon so oft in den letzten Tagen. Zwar hatten weder meine Mitbewohner noch ich das Thema nochmal aufgegriffen, nachdem wir am Samstag das Café verlassen hatten, doch der Gedanke wollte meinen Kopf nicht mehr verlassen. Zwar hatte ich Lunas Worte zuerst für einen Scherz gehalten, doch je länger ich darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher schien es, dass meine beste Freundin recht hatte. Was mich aber noch mehr beschäftigte, war dass ich derjenige gewesen war, der auf Ardy zugekommen war, um mich zu entschuldigen. Aber auf mich wirkte Ardy nicht so, als wäre er an Männern interessiert und wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, wenn dies so war. Ich würde ihn heute einfach danach fragen und somit das Thema aus der Welt schaffen, denn meine Intuition sagte mir, dass Luna sich geirrt hatte. Mit einem selbstsicheren Lächeln schaltete ich das Wasser ab, schnappte mir ein Handtuch und lief zurück in mein Zimmer. Nachdem ich mich angezogen, geföhnt und sonstig fertig gemacht und gestylt hatte, verließ ich leise die Wohnung. Als ich die Tür des "Lucy's" öffnete, stellte ich nach einem Blick auf die Uhr fest, dass es bereits 8:47 Uhr und ich somit ein wenig zu spät war. Ardy saß bereits an seinem Platz und studierte gerade eines der Plakate, die immer am Ersten des Monats ausgetauscht wurden. Ohne groß nachzudenken, schlich ich auf Ardy zu, der immer noch konzentriert das Plakat betrachtete und nichts Anderes mehr mitzubekommen schien. Auch als ich fast direkt neben ihn stand, hob er nicht den Kopf, was ich als Beweis dafür nahm, dass er mich noch nicht einmal bemerkt hatte. Ich grinste und machte einen Satz nach vorne, so dass ich direkt neben ihm stand, zeitgleich legte ich ihm meine Hände auf die Augen. Der Ältere zuckte heftig zusammen und erstarrte dann, als wäre er aus Stein. Ich senkte den Kopf, sodass meine Lippen direkt neben seinem Ohr waren und flüsterte: "Guten Morgen, Ardy." Er erwiderte zögerlich: "Guten Morgen." Ich musste mich zurückhalten, nicht los zu lachen, da er so erschrocken war und seine Stimme deshalb zitterte. "Weißt du, wer ich bin?", wollte ich leise wissen und pustete ihm frech ins Ohr, woraufhin er erneut zusammen zuckte. "Keine Ahnung...Tommy vielleicht?", murmelte Ardy ratlos und versuchte, meine Hände abzuschütteln, indem er den Kopf zu mir drehte. "Taddl?", riet er dann und ich nahm vorsichtig meine Hände von seinen Augen, die mich sofort musterten. "Tada!" Grinsend hob ich die Arme in die Höhe und posierte vor dem Älteren. Dieser musste lachen und begann dann damit, sich selbst zu loben, als hätte er ein neues Element entdeckt. Ich ließ mich ihm gegenüber nieder und entdeckte erfreut, dass er einen Kaffe für mich mitbestellt hatte. "Woher wusstest du, dass ich es bin?", wollte ich wissen und strich mir eine Strähne aus der Sicht. "Tja, Geheimnis!", entgegnete Ardy frech und grinste mich herausfordernd an. "Ne echt, sag' mal", drängte ich den Braunhaarigen. "Mehrere Gründe: 1. Hab ich jeden Moment damit gerechnet, dass du hier auftauchst, 2. Deine Stimme ist besonders. Ich kenn' außer dir niemanden, der so 'ne tiefe Stimme hat, die übrigens früh morgens noch tiefer ist als gewöhnlich", erklärte er und grinste mich währenddessen ungeniert an. "Und 3., dein Geruch. Du riechst gut, weißt du?", beendete er seine Erklärung und ich grinste ihn an. "Also wusstest du von Anfang an, dass ich es bin", stellte ich fest und seine Wangen färbten sich ein wenig rot. Ertappt sah er zur Seite und ich wollte wissen: "Warum hast du dann zuerst was anderes gesagt? Dass dein Mitbewohner hier auftaucht, ist doch eher unwahrscheinlich?"
Ardy nickte langsam und sah mich direkt an, bevor er sich verlegen auf die Unterlippe biss. Ich legte den Kopf schief und beobachteten ihn genau. "Sag' schon", forderte ich ihn lächelnd auf, doch er schüttelte bloß den Kopf und biss weiterhin auf seiner Lippe herum. Zwischen uns herrschte einen Moment lang Stille. "Lass das." Fragend sah er mich an. "Deine Lippe. Du machst deine Lippe ganz kaputt, wenn du so weitermachst." Er schien zu verstehen und hörte damit auf, nachdem er sich einmal über die Lippen geleckt hatte. Wieder herrschte Schweigen und wieder durchbrach ich es. "Hast du eigentlich 'ne Freundin, Ardy?", rutschte es mir heraus und ich konnte Ardys Reaktion nur nachvollziehen. Er hatte sich verschluckt und hustete nun, während seine Augen weit aufgerissen waren. Ich musste zugeben, dass die Frage wirklich aus dem Nichts gekommen und ziemlich unpassend war. Als Ardy sich wieder beruhigt hatte, trank er einen Schluck seines Kaffees. "Äh, nein. Ich hab keine Freundin", murmelte der Braunhaarige schließlich und strich sich nervös durch die Haare. "Ah...und warum nicht? Ich meine, du siehst gut aus und Humor hast du auch", entgegnete ich und beobachtete Ardy genau. Dieser zuckte mit den Schultern und seufzte. "Eigentlich ist es doch verständlich, oder? Immerhin verbringe in den halben Samstag lesend in einem Café."
Das traurige Lächeln, das sich auf sein Gesicht geschlichen hatte, löste in mir Etwas aus. "Erstmal, verbringst du deine Samstage nicht lesend, sondern du triffst dich mit mir", widersprach ich ihm und legte meine Hand sanft auf seine, um ihn irgendwie aufzumuntern. "Wenn ich ein Mädchen wäre, würde ich sofort mit dir ausgehen. Wahrscheinlich wären wir dann schon längst zusammen", murmelte ich etwas leiser. Ardys Lächeln wurde ein wenig breiter und sein Blick wanderte zu seiner Hand, auf der meine lag. "Ich hab' nicht sofort gesagt, dass du es bist, weil...", er machte ein kleine Pause, in der er tief durchatmete, dann fuhr er fort, "weil...du dann deine Hände weggenommen hättest." Verwirrt sah ich den Braunhaarigen an, der den Kopf gesenkt hatte und sich nicht traute, mir in die Augen zu sehen. Dann verstand ich. Luna hatte Recht gehabt. Ardy war in mich verschossen.

[1098 Wörter]

-Ra

saturday morning - [tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt