♡Living Dead.♡ 10

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Jeder Tag fühlte sich gleich an. Die gleichen Lehrer. Die gleichen Leute die mich von weitem mit glänzenden Augen bewunderten. Die gleichen Leute, welche vor Neid erblassten und über mich tuschelten.

Naja, alles hatte seine Kehrseite. Auch das hübsch sein. Müde trank ich aus dem Kaffee-Becher und stierte durch den Klassenraum.

Seit Tagen war ich einfach nur müde. Alles was ich tat war. Aufstehen. Aufstylen. Schule. Nachhause. Lernen. Schlafen. Und das seit drei Wochen.

Ich hatte nur einmal etwas mit den Jungs unternommen und dann hatte ich es wieder sein lassen. Ich hatte keine Lust über Witze zu lachen, die ich nicht lustig fand und mit ihnen rumzuhängen.

Ich hatte es so satt die ganze Zeit lächeln und süß sein zu müssen. Also ließ ich die Treffen einfach ganz bleiben. Inzwischen war ich gestresst, dauermüde und wollte mich nur noch in meinem Zimmer verkriechen.

Ein Ort an dem ich ungestört ich selbst sein konnte. Ganz allein. Ich trank einen Schluck der inzwischen kalten Flüssigkeit und starrte an die Tafel, an der Mr. Hemmington gerade etwas über den Keynesianismus schrieb.

Wirtschaft war stinklangweilig, aber einfach. Gelangweilt pulte ich an meinem Kaffee-Becher herum. Wieso war ich nicht zufrieden? Die letzten Wochen waren zwar sterbenslangweilig gewesen, aber es verlief alles so wie es sollte.

Inzwischen hatte ich es satt zu hören, wie schön ich doch sei. Das wusste ich doch. Ich wollte meine Ruhe. Meine Seele brauchte Ruhe. Ruhe von diesem anstrengenden Alltag. Wo fände ich Entspannung?

Als die Stunde zu Ende war, kam ein Klassenkamerad auf mich zu und sagte: "Ayo, Valeria! Demnächst findet bei mir 'ne Party statt und du bist eingeladen. Ich würde mich echt freuen, wenn du kommst." Ich wollte wieder leben. Unter Leuten sein.

Ich antwortete vielleicht ein bisschen zu schnell und zwang mir ein Lächeln auf: "Ja, ich bin dabei!" Grinsend sagte Benny: "Alles klar, cool. Ich schreib dir dann noch wann genau und die Adresse und so."

Ich verabschiedete mich von ihm und meine Mundwinkel wanderten so schnell nach unten, dass Usain Bolt eifersüchtig werden würde.

Vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich mehr unter Leuten war. Ich gehörte doch zu den Beliebten. Ich war doch hübsch. Auch hatte ich eine freie Auswahl was Typen anbelangte. Ich hatte alle möglichen Möglichkeiten und doch fühlte ich mich zurzeit grässlich.

Was war nur los mit mir? Wieso war ich so unzufrieden? Es ist als würde ich zwar leben, aber irgendwie emotional in einem Käfig eingesperrt sein, sodass das Leben an mir vorbeirauschte.

Es fühlte sich an wie der Standby-Modus in dem Film Klick. Naja, so stellte ich ihn mir auf jeden Fall vor. Oder wie eine Regenwolke, die mir folgte wohin ich auch ging.

Ich betrat den Flur und mein Blick fiel auf ein Pärchen, welches kuschelnd an einen Spind gelehnt stand. "Ich liebe dich" flüsterte er ihr zu. Die kleine Brünette kicherte und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.

Das kannte ich aus dem Biologie-Unterricht. Es nannte sich Mutualismus. Eine Wechselbeziehung, zwischen Lebewesen zweier Arten, aus welcher beide einen Nutzen zogen.

Er sagte ihr, was sie hören wollte, macht ihr Geschenke und sie befriedigte ihn auf viele Arten und Weisen, die ich jetzt nicht näher erläutern würde. Belustigt lachend drehte ich mich um und steuerte auf die Toiletten zu.

Ich äffte ihn nach: "Ich liebe dich. Na, sicherlich." Eine Tür der Toiletten ging auf und ich erschreckte mich furchtbar. Verdammt! Ich dachte ich wäre allein. Miriam stand nun neben mir und wusch sich die Hände.

"Weißt du, nur weil du so etwas wie Liebe nicht erlebt hast, heißt es nicht dass es sie nicht gibt." Wütend starrte ich sie an. Miss Allwissend höchstpersönlich, oder was?

Sie war diejenige die keine Ahnung hatte. Wieso redete sie überhaupt mit mir? Hatte sie eine Ahnung wie es in mir aussah? Nein!

"Ach und das was du für Alexej empfindest ist Liebe? Weißt du, allein schon weil er mich ausgefragt hat, müsste dir aufgefallen sein, dass er nicht auf dich steht. Verblendete, verträumte, Ignoranz nennt sich dass, was du da als Liebe bezeichnest. Das ist einfach nur der übereifrige Wunsch von einer Person geliebt zu werden, die du auf den Erstbesten projezierst. Und ich hab dir gesagt, dass ich nicht deine Freundin bin. Also rede nicht so mit mir, als würdest du mich kennen, oder mir etwas zu sagen haben!" Miriams Blick vereinte verschiedenste Gefühle.

Trauer, Mitleid und so etwas wie Wut.

Damit schnappte ich mir meine Tasche und stolperte aus der Toilette. Ich ging einfach auf die Toilette eine Etage höher. Man sollte Toiletten für Beliebte und Unbeliebte bauen. Wirklich. Das würde mir solche unangenehmen Begegnungen ersparen.

In der nächsten Stunde hatte ich Englisch. Ich brachte meine Entschuldigung nach vorne, da ich letztens gefehlt hatte und mit einer Erkältung im Bett lag.

Frau Clarkson nahm diese an und gab mir zu verstehen, dass ich mich wieder setzen sollte. Sie stellte sich vor die Tafel, winkte mit einem Bogen kleiner Zettel und lächelte sadistisch: "Vokalbeltest!"

Mir wich alle Farbe aus dem Gesicht und meine Hände begannen zu zittern. Wir hatten doch gar keine Vokabeln durchgenommen.

Hayley beugte sich zu mir nach vorne und flüsterte höhnisch: "Ich war so nett dir die Vokabeln mitzubringen. Ich habe Frau Clarkson versichert, dass du die Möglichkeit hattest zu lernen. Hab ich gern gemacht, Süße."

Ich drehte mich um und starrte sie wütend an. Dieses dämliche Miststück! Ich meldete mich: "Ich habe die Vokabeln aber nicht erhalten. Hayley hat sie mir nicht gegeben."

Frau Clarkson hob eine Augenbraue: "Sie und Hayley sind doch beste Freundinnen und ziehen ständig zusammen durch die Gänge, oder sehe ich das falsch? Wieso also sollte sie sie ihnen nicht gegeben haben?"

Ich schwieg. Frau Clarkson seufzte: "Netter Versuch. Sie sind zwar eine gute Schülerin, aber Lügen scheint ihnen nicht zu liegen, Valeria."

Sie klatschte gnadenlos die Vokabeltests auf die Tische. Na wunderbar! Ich kannte 4 von 25 Vokabeln. Wieso schreibt man auch ein Test über Vokabeln aus unserer hässlichen Lektüre!

Ich verstand sie im Zusammenhang und das war es doch, was zählte. Aber so vereinzelt hatte ich nicht alle nachgeschlagen. Mist!

Nachdem ich meinen Zettel abgegeben hatte, war ich die ganze Stunde über nur noch genervt. Nachdem ich Schluss hatte, ging ich mit noch schlechterer Laune nach Hause, als ich zur Schule gegangen war.

Das hieß zurzeit schon etwas. Zuhause ging ich sofort nach oben, schmiss meine Tasche in eine Ecke und mümmelte mich in meine Decke ein. Ich schaltete den Fernseher an und zog mir irgendeine billige Fernsehserie rein.

Ich war durch. Ich hatte zu nichts mehr Lust. Langsam schloss ich die Augen und schlief ein. Vielleicht würde ich ja für immer schlafen. Betäubt. Wohl behütet. In einer Traumwelt.

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IdleTeenz

Teen IdleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt