Ich begann: "Lass uns hoch gehen Dad." Er zog eine seiner schon gräulichen Augenbrauen hoch und sagte: "Sollte ich nicht derjenige sein, der dass zu dir sagen sollte?" Seufzend ging ich an ihm vorbei in sein Arbeitszimmer. Über Rangstellungen zu diskutieren, dazu hatte ich gerade keinen Nerv.
Er folgte mir und schloss die Tür hinter sich. "Valeria, du hattest Hausarrest und bist dennoch gegangen. Das ist sehr respektlos von dir. Respektierst du uns als deine Eltern überhaupt? So verhält man sich gegenüber seiner Familie nicht. Weißt du wie wütend ich gerade bin!?"
Mir stieg die Wut zu Kopf: "Respekt? RESPEKT!? Du verlangst von mir etwas, was du mir nicht beigebracht hast! Wie soll ich jemandem Respekt erweisen, der die Familie selbst entehrt! DU BIST VIELLEICHT MEIN VATER, ABER DASS IST AUCH DER EINZIGE GRUND WIESO ICH RESPEKT HABEN SOLLTE! WIESO SOLLTE ICH EINER KALTHERZIGEN, FREMDGEHENDEN PERSON RESPEKT SCHENKEN!?"
Ich blickte ihn wütend an, während meine Hand auf meiner sich von der hastigen Atmung hebenden Brust lag. Meine andere Hand zeigte genau auf sein Gesicht. Auf meinen Vater den Ehebrecher.
Er knirschte mit den Zähnen und sagte: "Was hast du gerade gesagt? Bist du noch bei allen Sinnen, Valeria?! Ich betrüge deine Mutter doch nicht. Hier geht es um dich nicht um mich. Was ist nur los mit dir!?"
Ich schnappte nach Luft und murmelte: "Ach du Scheiße, okay... Dad, ich habe dich sogar gesehen mit diesem blonden Flittchen im Restaurant!" Er zog scharf die Luft ein und blinzelte irritiert. Er hakte nach: "Du hast was?" Ich nickte: "Ja, genau das habe ich und rausreden kannst du dich nicht. Ich war es, die deinen Spiegel an dem Abend abgetreten hat. Mein Fuß war das höchstpersönlich. Sei froh dass es der Seitenspiegel war. Und jetzt sag mir nochmal was du von mir verlangst..."
Mein Blick ruhte verletzt, vorwurfsvoll und gespannt auf meinem alten Herren. Er sagte nichts und sah zu Boden.
Ich fuhr fort: "Respekt. Darüber habe ich in letzter Zeit viel gelernt. Vom Leben selbst, aber sicher nicht von dir und du... du beendest die Fremdgeherei, bevor ich es Mum sage. Ich weiß wie sie tickt. Sie würde daran kaputt gehen. Ich will nicht, dass sie wieder Alkoholprobleme bekommt, bestimmt nicht wegen dir. Erwische ich dich allerdings wieder mit irgendeinem billigen Miststück, wird sie es als erste erfahren. Ich tue das für Mum und für Timothy. Das ist eine zweite Chance für diese Familie."
Schwer schluckend sagte ich unter Tränen flüsternd: "Bestimmt nicht für dich, sonst hätt' ich's längst durch's ganze Haus gebrüllt." Ich hatte Tränen in den Augen. Ich hatte es endlich gesagt. Er konnte mir immer noch nicht in die Augen sehen. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn. Er umarmte mich nicht zurück.
Ich sagte leise: "Ich habe keinen Hausarrest mehr." Dann ließ ich ihn los und verließ sein Arbeitszimmer. In meinem Zimmer angekommen weinte ich alle meine Gefühle aus mir raus. Das war mir so schwer gefallen. Ich zitterte am ganzen Körper. Und es tat so weh meinem Dad das gesagt zu haben. Viel mehr als ich je dachte dass es weh tun könnte. Oh, mein Gott!
An meine Tür gelehnt sackte ich zusammen und weinte einfach nur. Ich weinte alles aus mir raus. Die Wut, die Angst, den Hass. Alles. Ich wollte keine negativen Gefühle mehr haben. Es sollte endlich vorbei sein.
Ab jetzt würde ich versuchen zu leben, ohne mich unnötig anzupassen. Ich wollte ich selbst bleiben, ohne mich zu verstellen und mit falschen Menschen herumzuhängen. Das war mein Wunsch. Und wenn es einen Gott gab, flehte ich ihn erneut an mir dabei zu helfen.
Ich stand zitternd auf und wischte mir schwach lächelnd die Tränen aus dem Gesicht. Ein paar Sekunden später klopfte es an meiner Tür und mein Dad kam herein. In seiner Hand hielt er einen Haufen pastellfarbener Klamotten und in der anderen meinen Laptop.
Er sah mich nicht an und murmelte monoton: "Das kannst du wieder haben." Ich nahm es nickend an und hauchte schwach: "Danke." Damit schloss er die Tür und ließ mich zurück. Die Klamotten würden größtenteils wohl oder übel in der Altkleidersammlung landen.
Ich brauchte sie nicht mehr. Das Versteckspiel mit mir selbst war vorbei. Ich legte die Klamotten auf einem Stuhl ab und setzte mich mit meinem Laptop auf mein Bett. Ich würde meine Fragen im Internet teilen. Vielleicht gab es da draußen Menschen, die eine Antwort für mich parat hatten. Vielleicht sollte ich einen Blog starten?
~~
Der letzte Schultag des ersten Halbjahres war angebrochen. Ich ging zu meinem Spind und holte die meisten meiner Sachen heraus, damit sie über die Ferien nicht vergammelten.
Freunde hatte ich mir wirklich keine gemacht mit meiner blonden Aktion. Und neue gefunden, jetzt wo ich ich selbst war, hatte ich auch nicht.
Nun ja, ich war nach der ganzen Sache nicht wirklich die offenste Person, aber es war besser. Lieber keine Freunde, als viele unechte. Seufzend klappte ich meinen Spind zu und steuerte auf den Ausgang zu.
Ich würde auch alleine klar kommen. Nur diesmal würde ich ehrlich sein. Naja, es würde ja auch nur noch ein halbes Jahr dauern, bis ich aus dieser Schule, dem Schlachtfeld der egozentrischen Jugend, heraus kommen würde.
Ich weiß jetzt schon was ich so gar nicht vermissen würde. Ich lächelte kurz. Ich trat an die frische Luft und mümmelte mich mehr in meinen grauen Schal ein. Winterferien ich komme!
"Da lächelt ja wer." Ich blickte an die Seite des Schulgebäudes und entdeckte einen paffenden Cooper. Ich sah zur Seite und lachte verächtlich. Wer sonst redete mit mir? Ich sah ihn an und sagte: "Ja, ich habe nämlich Ferien. Nur weil ich ganz gut in der Schule bin heißt das nicht, dass ich es liebe in diesem Laden Tag ein, Tag aus zu sitzen."
Cooper trat grinsend seine Zigarette aus und stieß sich von der Wand ab. "Heute schon was vor?" Ich zog irritiert eine Augenbraue hoch und sagte: "Nicht dass ich wüsste, wa-warum?"
Er grinste schief: "Ich will dass du mir hilfst. Ich färbe mir heute die Haare nach. Das Pastellblau ertrag ich auf Dauer nicht. Damit komme ich mir vor wie 'ne Fee oder Elfe." Ich lachte: "Passt doch. Ist doch bald Weihnachten."
Er fragte wieder ernst: "Also?" Ich hob nachdenklich die Augenbrauen und nickte dann. Warum nicht. Ich hatte eh keine Freunde und nichts vor. Einen Versuch war es Wert.
Ich lächelte. Als wir nebeneinander her gingen, brach ich die Stille: "Wieso hängst du eigentlich mit Jackson und so ab?" Er sah mich an und seufzte: "Immer allein sein ist auf Dauer langweilig und bei denen is'n bisschen was los. Ich mag es zu beobachten was sie so anstellen."
Das erklärte einiges. "Ihr seid aber nicht befreundet. Jetzt geht mir ein Licht auf." Schlußfolgerte ich. Er nickte und fügte hinzu: "Am Ende waren diese Trottel dennoch für eines zu nutze." Ich sah ihn fragend an.
"Jetzt habe ich jemanden der mir die Haare färbt. Komm schnell, der Bus kommt gleich!" Er griff grob nach meinem Arm und zog mich hinter sich her. Irgendwie... war ich gerade glücklich. Sogar sehr glücklich.
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Tjaaa... das war das Ende meines Buches.
Ich hoffe es hat euch gefallen und ihr könnt auch irgendwas daraus mitnehmen.
Alles Liebe euch!
IdleTeenz
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Teen Idle
ChickLitSTATUS: ABGESCHLOSSEN "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" Ich vergaß ganz, dass ich eigentlich niemanden fragen musste. Ich war es. Zufrieden strich ich meine blonden Haare zurück und verließ die Schultoiletten...