Kapitel 13

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Oben angekommen sehe ich mich erst einmal erstaunt um. Das hier ist das komplette Gegenteil zu dem ordentlichen und leeren Erdgeschoss. Alles ist voll gestellt mit Sofas, Stühlen und ziemlich unnötigem Kram und der Boden ist bedeckt mit Klamotten, so dass ich Probleme habe durchzukommen. Aiden ist das anscheinend gewohnt, denn er hat wohl kein Problem damit, sich einen Weg durch oder auch über die am Boden liegende Kleidung zu bahnen.

Angeekelt mache ich einen großen Bogen um einen Fetzen, der verdächtig nach einer benutzten Unterhose aussieht. Egal wer hier wohnt, diese Typen sollen bitte mal aufräumen, das ist doch ekelhaft!

Nun erscheint es mir noch schlimmer, hier zu wohnen. Es ist nicht so, dass ich es jemals gut gefunden habe. Aber trotzdem habe ich bis gerade immer noch irgendwie gehofft, dass es nicht ganz so schrecklich werden würde. Hoffnungslos lasse ich die Schultern sinken und auch meine Mundwinkel bewegen sich Richtung Boden.

Erschöpft lasse ich mich von Aiden zu einem Zimmer ziehen, dessen Tür offensteht. Darin sitzen drei Jungs, etwa in Aidens Alter, verteilt auf das Bett, die Couch und den Boden. Sie scheinen sich gerade angeregt über irgendetwas zu unterhalten, bis mein Entführer sich schließlich räuspert, um sich bemerkbar zu machen. Das hilft, denn keine Sekunde später schenken ihm diese drei jungen Männer ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Da sie nun mit dem Gesicht uns zugewandt sind, erkenne ich, dass sie eigentlich gar nicht so schlecht aussehen. An meiner Schule habe ich bisher immer vergeblich nach solchen Jungs gesucht.

Ich kneife die Augen zusammen und erinnere mich daran, warum ich hier bin. Warum fallen mir immer Dinge auf, die mir in meiner Situation völlig egal sein sollten? Nach kurzem Nachdenken komme ich zu dem Schluss, dass ich wahrscheinlich versuche, mir den Ernst meiner Lage nicht einzugestehen und mich durch dieses naive alltägliche Denken davon abzulenken versuche.

Mittlerweile ist es Aiden anscheinend ruhig genug im Zimmer vor ihm, denn er beginnt zu reden. „Jungs, das ist Phoebe. Ihr wisst schon, die eine von Mr Wilson.", erklärt er den jungen Männern, die daraufhin mehr oder weniger verstehend nicken. „Da sie ihre Klappe nicht halten konnte, musste ich leider auf eine andere Art dafür sorgen, dass sie sich nicht verplappert. Ich bringe sie in das eine Zimmer ganz hinten, ihr wisst schon welches. Kann sein, dass ich euch mal brauche um auf sie aufzupassen, wenn ich mal weg bin oder so."

Nachdem er seine Ansprache an die Typen vor uns mit einem beängstigend gleichgültigen Ton beendet hat, wendet er sich an mich. „Phoebe, das sind Mitchell, Sam und Paul. Wie du siehst wohnen sie auch hier, also wirst du ihnen wohl unweigerlich zwischendurch über den Weg laufen. Wenn du versuchst abzuhauen oder sowas und ich nicht da bin, werden sie das zu verhindern wissen. Und ich kann dir nicht versprechen, das sie dich dann sanft behandeln werden. Aber ansonsten werden sie ganz normal mit dir umgehen, stimmts Jungs?", spricht er am Ende wieder zu den Typen. Der eine, ich glaube das ist Sam, wirft mir ein – hoffentlich gespielt – anzügliches und wahrscheinlich verführerisch wirken sollendes Grinsen zu und wackelt übertrieben mit den Augenbrauen. Als er meinen mittlerweile wieder ängstlichen und vielleicht auch etwas verstörten Blick sieht, fängt er jedoch an zu lachen. Wenn ich nicht wüsste, dass er ebenfalls ein Krimineller ist, könnte ich ihn in diesem Augenblick für sympathisch halten.

„Keine Angst, wir werden uns zurückhalten. Du brauchst uns nicht anzustarren wie ein verschrecktes Huhn.", beruhigt er mich lachend. Ich versuche mich an einem Lächeln und knete nervös meine Hände, während ich ihn und die anderen beiden betrachte. Während Sam wirklich nett und ungefährlich wirkt, macht mir der Blick dieses Mitchells ziemlich Angst. Er mustert mich wie ein Stück Fleisch und lässt seinen Blick seelenruhig an meinem Körper hinab wandern, was mir einen kalten Schauer über den Rücken jagt und mich verängstigt schlucken lässt. Der dritte, Paul, schaut mich nicht einmal wirklich an und tippt desinteressiert auf seinem Handy.

Aiden scheint keine der merkwürdigen Reaktionen auf mich aufzufallen, denn er dreht sich einfach um, um weiter zu gehen. Auch ich reiße meinen Blick von seinen drei Freunden los und zwinge mich, ihm hinterher zu trotten, obwohl ich am liebsten sofort raus aus diesem Haus rennen würde.

Mein Begleiter steuert direkt auf eine geschlossene Tür am Ende des Flures zu und öffnet diese. Danach schiebt er mich hinein und bleibt dann hinter mir stehen. Kurz bleibt mir Zeit, den Raum vor mir zu betrachten. Er ist nicht sonderlich groß und enthält auch nicht sehr viele Möbel. Ein Bett, ein Schrank und eine Kommode stehen herum, die zwar nicht gerade neu aussehen, aber dennoch nicht hässlich sind. Mit einer Hand deutet Aiden auf eine Tür an der rechten Seite des Zimmers.

„Das ist dein Bad. Da drin liegen die nötigsten Sachen, Duschbad, Shampoo und eine Zahnbürste. Handtücher sind auch drin und du hast ein Klo, eine Dusche und ein Waschbecken. Vielleicht liegt auch irgendwo noch Zeug zum Schminken und für deine Haare oder so rum, von irgendeiner Tussi die mal da war...", meint er ziemlich gleichgültig, als wäre ich keine Gefangene, der er gerade ihr Zimmer vorstellt.

Mit einer Handbewegung gibt er mir zu verstehen, dass ich kurz warten soll und verlässt das Zimmer. Als er weg ist, lasse ich mich müde auf das große Bett fallen, das eigentlich sogar ziemlich gemütlich ist. Bevor ich jedoch zum Nachdenken komme, ist Aiden auch schon wieder aufgetaucht, mit einem Shirt in der Hand, das wahrscheinlich von ihm stammt.

Lässig wirft er es mir zu und ich fange es weniger geschickt auf. Wahrscheinlich bin ich schon zu müde um irgendetwas zu verstehen, denn ich habe keine Ahnung, was ich damit anfangen soll. Ich wirke wohl ziemlich hilflos, denn Aiden hebt eine Augenbraue und mustert mich beinahe überheblich. „Zum Schlafen. Außer du willst in deinen jetzigen Klamotten bleiben.", meint er schließlich.

Verstehend nicke ich und er verlässt wieder das Zimmer. Ich höre, wie sich ein Schlüssel im Schloss dreht, dann ist es still. Schnell zwänge ich mich aus meinen verschwitzten Klamotten und ziehe Aidens Shirt über. Erschöpft verkrieche ich mich unter der Bettdecke und schließe die Augen. Es gibt vieles, worüber ich mir jetzt noch Gedanken machen könnte, aber dafür bin ich eindeutig zu müde.

Nach und nach merke ich, wie die Hoffnungslosigkeit und Angst immer weiter durch Ruhe ersetzt werden und ich langsam in den Schlaf gleite.

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Hey :)
Uuund wieder ein neues Kapitel. Ich habe jetzt Ferien, daher werde ich es vielleicht sogar schaffen, täglich zu aktualisieren. Bin ziemlich schreibmotiviert haha :)
Lasst doch bitte ein Vote und/oder einen Kommentar da, wenn euch das Kapitel gefällt :)


Wenn die Hoffnung zuletzt stirbt - muss ich dann vor ihr gehen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt