Kapitel 9: Paranoia

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Um sechs Uhr stand ich auf, zog mich wieder an und nahm den Bus zurück. Danial verschwand als ich mich umdrehte, aber ich wusste, dass er da war. Ich kann nicht, behaupten, dass ich es irgendwie spürte oder so, ich vertraute einfach darauf.
Nele wachte davon auf, dass ich die Tür öffnete. Verschlafen blinzelte sie unter der Bettdecke hervor. "Wo kommst du denn her?"
"Ach nichts, schlaf weiter, ich dusch nur schonmal."
Gehorsam schloss sie die Augen. Wenn ich Glück hatte, würde sich Nele später gar nicht mehr daran erinnern, dass ich morgens von draußen reingekommen war.
Ich schlich zu ihrem Handy, entsperrte es und löschte die Nachricht, die ich ihr geschickt hatte, bevor ich gegangen war.
Ich wollte ihr nicht später erklären müssen, was ich gemacht hatte. Ich konnte es ihr nicht erklären, verstand es ja selber nicht.
Ganz leise huschte ich dann ins Bad um mir das Salz abzuwaschen.
Ich hatte gerade mein T-Shirt abgestreift, als mir ein unangenehmer Gedanke kam: war Danial jetzt auch hier? Sah er mir jedes mal beim Duschen zu? Ich wollte gar nicht weiterdenken, wo er sonst überall dabei war.
Iiih, das war irgendwie...seltsam,gruselig, eklig, bäh.
"Ähm, falls du hier bist", flüsterte ich deshalb, "wäre es nett, wenn du mich allein duschen lassen würdest. Ich glaub nicht, dass es hier irgendwas lebensbedrohliches gibt."
Stille.
Hieß das jetzt, dass er gar nicht da war? Oder wollte er nur nicht antworten? Ach verdammt, was bedeutete dieses Schweigen jetzt?
"Ich übernehme auch die Verantwortung", schob ich sicherheitshalber noch hinterher.
Kein Reaktion.
Was sollte ich denn jetzt machen? Naja, stehen und nichts tun, ging jedenfalls nicht. Wenn ich nicht langsam fertig wurde, würde Nele das Bad stürmen. Ihr Wecker würde jeden Moment klingeln.
Das bringt jetzt eh nix, redete ich mir ein. Wenn er da war, dann war er auch schon die 10 000 mal davor dagewesen. Entschlossen zog ich mich fertig aus und stellte mich unter die Dusche. Aber ich konnte mich nicht richtig entspannen wir sonst. Ich war viel schneller fertig als normalerweise.
Beim Anziehen beeilte ich mich dann sogar.
Gott, ich litt plötzlich unter einer richtigen Paranoia!
Draußen klingelte Neles Handywecker.
"Grrrrrr", machte Nele. Kurze Stille, dann ein halb tappsendes, halb schlurfendes Geräusch. Nele klopfte an die Badtür.
"Kann ich bald rein? Wie lang braucht du denn noch?" Sie hörte sich nicht wirklich wach an.
Ich öffnete die Tür. "Klar, geh rein. Bin grad fertig geworden."
Benommen nickte Nele und taumelte an mir vorbei. Sie sah nicht so aus, als könnte sie sich an unser kurzes Gespräch vorhin erinnern.
Auch im Zimmer war von Danial keine Spur zu sehen. Und auch den restlichen Tag über ließ er sich nicht blicken.

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