"Julian und Mark", verkündete unser Lehrer durch das Mikrofon.
Betont lässig standen die zwei auf und gingen nach draußen. Wir anderen beobachteten wie bei allen anderen zuvor gebannt, wie sie ihre Koffer suchten und dann zu ihren Gasteltern traten. Sie schüttelten sich die Hände, dann gingen sie gemeinsam davon.
Neles und meine Hände waren immernoch fest ineinander verschenkt. Ich spürte ein leichtes aufgeregtes Zittern in meinem Bauch.
"Nele und Melody", rief Herr Leopold.
"Oh mein Gott", flüsterte Nele.
"Hilfe", murmelte ich.
Aber wir standen trotzdem auf. Unsere Gasteltern sollten nicht jetzt schon auf uns warten müssen.Fast hätte ich meine Reisetasche unter dem ganzen anderen Gepäck nicht gefunden, aber dann sah ich doch einen dunkelblauen Zipfel hervorschauen. Ich zerrte an den Trägern, bis ich mir die Tasche umhängen könnte. Nele stand schon mit ihrem Koffer herum und wartete auf mich. Sie sah irgendwie ziemlich verloren aus.
Mit einem zittrigen Gefühl traten wir zu unseren Lehrern. Ich spürte die Hand von Herr Leopold im Rücken, als er mich sanft vorwärts schob. "Keine Angst", murmelte er mir zu.
Oh Gott. Selbst mein Lehrer merkte, wie aufgeregt ich war.
Im nächsten Moment nahm uns eine mittelalte Frau in Empfang.
Ihre Haare waren blond gefärbt, ihre Wimpern mit Wimperntusche betont. Um ihre Lippen formten sich leichte Grübchen und an ihren Augen tummelten sich kleine Lächfältchen. Ich mochte Grübchen und Lächfältchen.
"Hello girls. I am Angela!", begrüßte uns unsere Gastmutter herzlich und reichte uns die Hand.
Ich musste lächeln. Die Frau war voll in Ordnung, ich hätte gar nicht so aufgeregt sein müssen.
"Hi, I'm Nele", stellte sich Nele vor.
"My name is Melody." Ich nickte höflich. "How are you?"
"Oh yes, I'm fine. And how are you? Did you have a nice trip?"
"Oh yes." Nele fasste langsam Mut. "It was great, but it was very long!"
"Oh, I know." Unsere Gastmama nickte mitfühlend. "Let's go home."
Gemeinsam hieften wir die Koffer in Angelas Auto, dann setzten wir uns selbst hinein. Kurz war ich furchtbar irritiert, als sich Angela an den Platz setzte, der bei uns der Beifahrersitz war. Aber natürlich. Die Engländer mit ihren komischen Straßen fuhren ja links.
Während der Fahrt erzählte uns Angela viel über die kleine Stadt. Sie deutete nach links und nach rechts, zeigte uns die Bushaltestellen, die wir benutzen würden und erklärte uns den Weg zum Strand.
Nach 10 Minuten waren wir da. Ihr Häuschen war klein und schnucklig. Es war zweistöckig und hatte eine Backsteinfassade und Holzbalken im Dach. Irgendwie hatte es etwas, sodass man sich sofort Zuhause fühlte.
Angela half uns, unser Gepäck ins Haus zu tragen. Mit uns drei und den Taschen war der kleine Flur schon ziemlich überfüllt. Dazu kam Angelas kleiner Hund, der uns sofort um die Beine sprang.
Fröhlich kläffend hüpfte er auf und ab und stellte seine Pfoten gegen unsere Knie.
"Bob, stop barking!", rief Angela, aber Bob, den braunen Terrier, interessierte das nicht.
"I'm so sorry", entschuldigte sich unsere Gastmutter. "He's just happy. He loves new people."
Nele tat das wohl Beste, was man in dieser Situation tun konnte. Sie kniete sich hin und gab Bob eine kräftige Streicheleinheit.
Ich stand nur dumm daneben und fühlte mich wieder sehr ungeschickt.
Bevor ich mir zu viele Gedanken machen konnte, ging Angela die Treppe nach oben. Nele musste von dem kleinen Hündchen ablassen und ihren Koffer schnappen, damit sie hinterher kam. Ich war Angela dicht auf den Fersen.
Sie zeigte und ein kleines Zimmer mit einem Stockbett. Ich verstand nicht alles, was sie sagte, denn mein Englisch war leider nicht das beste, doch so viel bekam ich mit: "Das war unser Zimmer. Angrenzend hatten wir unser eigenes Bad. Wir sollten uns erst einmal einrichten und ausruhen, solange würde sie uns noch ein Frühstück vorbereiten. Wenn es essen gab, würde sie uns rufen."
Dann ließ sie uns allein.
Durch die offene Tür kam uns Bob hinterher gestapft. Im Maul trug er einen kleinen Ball zum spielen. Ich stellte meine Tasche in die Ecke und setzte mich auf den weichenTeppichboden. Auspacken konnte ich auch später noch, soweit das überhaupt nötig wäre, und ausruhen musste ich mich nicht. Stattdessen griff ich nach dem Ball in Bobs Maul. Bereitwillig überließ er mir das von Hundespucke schleimige Teil. Vorsichtig warf ich es ins Zimmer, Bob schnellte hervor und fing es mit einem Schwung noch in der Luft auf.
Begeistert klatschte ich. Der Kleine war wirklich gut.
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Love Angel
Teen FictionMein Engel beschützte mich schon seit meinem ersten Tag. Und obwohl mir niemand glaubte, wusste ich es. Denn ich hatte ihn gesehen. Schon damals und nun wieder. Und ich würde ihn nochmal sehen. --- Melodys Schutzengel ist immer für sie da. Daran gl...