Nicolas
»Das ist Verrat am Land Luyelie!«, schrie einer der Minister unseres Nachbarlandes. Er stand auf und schlug mit der geballten Faust auf den Tisch.
»Das Gesetz besagt, dass jeder der seine Seelengefährtin findet von allen Pflichten einer anderen Frau gegenüber befreit ist. So auch unser Prinz. Eure Hoheit war weder verlobt noch verheiratet und wenn er jemals heiratet dann unsere zukünftige Prinzessin und Eure Hoheits Seelengefährtin«, widersprach einer meiner Berater. Und er hatte überdies recht, denn wir hatten seit über einem Jahrzehnt nun dieses Gesetz, denn es kam manchmal vor, dass beispielsweise die Seelengefährtin eines Mannes bereits jemandem versprochen war, weil es zu lange gedauert hatte einander zu finden. Dann musste man, also der Seelengefährte mit seiner Gefährtin, vor den König treten und dieser löste schließlich die Verlobung, die Ehe oder auch einfach nur das Versprechen. Ein ähnliches Gesetz galt in Luyelie. Dort war es nämlich so, dass auch der Mann von der Seelengefährtin eines anderen seine Seelengefährtin finden musste, bevor man die Ehe oder Verlobung lösen konnte. Demnach musste ihre Prinzessin zuerst ihren Gefährten finden, damit ich weiter in Ruhe mit meiner Prinzessin leben konnte. Wenn es nach Adrienne ginge, würde sie wollen, dass ich mit meinem Mädchen glücklich wurde, jedoch war ihre Meinung nicht von Bedeutung. Es würde für unsere Völker und auch für die anderen Länder so aussehen, als würden wir gegen das Gesetz verstoßen und unser Bündnis nicht schätzen. Dies wollten wir natürlich alle vermeiden, darum diskutierten wir nun schon seit drei Tagen. Nun war der vierte Tag, den ich von meiner Prinzessin getrennt verbrachte, angebrochen. Mal wieder mit einer morgendlichen Diskussion.
Leider konnte das Königspaar Luyelies nicht kommen, da sie versuchten Adriennes Seelengefährten zu finden um diese unnötigen Diskussionen endgültig zu beenden. Denn wenn der Fall eintreten sollte, dass Adrienne ihren Gefährten eben nicht fand, dann mussten wir eine Lösung parat haben.
Von hämmernden Kopfschmerzen geplagt schlug ich ebenfalls auf die hölzerne Tischplatte. »Ruhe jetzt!«, schrie ich wutentbrannt. Ich hatte meiner Prinzessin in meinem gestrigen Brief versprochen heute Abend wieder bei ihr zu sein und das werde ich. Gleichgültig was ich dafür tun musste.
Nach meinem kleinen Wutausbruch verstummten alle und warteten darauf, dass ich weitersprach. Jedoch schloss ich zuerst die Augen und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Meine Arme auf den Lehnen und mein Kopf in den Nacken gelegt. Ich sehnte mich so sehr nach meinem Mädchen. Ich wollte sie bloß wieder in meinen Armen halten. Und diese ganzen Abmachungen mit unserem Nachbarland verhinderten dies. Während ich weiterhin in Erinnerung an mein Mädchen schwelgte, kam mir plötzlich ein Geistesblitz. Ich öffnete schlagartig die Augen und starrte die Berater und Minister an.
»Wie lange sucht Prinzessin Adrienne schon nach ihrem Gefährten?«, fragte ich aufgeregt.
Ein enger Freund und Berater der Königsfamilie Luyelies antwortete: »Seit ihrem achtzehnten Geburtstag, Eure Hoheit. Erinnert Ihr Euch an das Bankett um zu sehen, ob sich ihr Gefährte unter den Adeligen befindet?«
Ich nickte. »Aber sie hat ihn weder da noch sonst wo in ihrem Königreich gefunden, nicht wahr?«, hackte ich nach. Ich musste ganz sicher sein.
»Nein, nicht dass ich wüsste, Eure Hoheit.«
Ein Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht. »Und habt ihr sonst noch irgendwo nach ihm gesucht?«
Der Berater und auch alle anderen, die am Tisch saßen, sahen sich verwirrt an. Sie verstanden nicht worauf ich hinaus wollte.
»Nein, Eure Hoheit.«
»Na dann. Ladet die Königsfamilie nach Ilona ein. Wir organisieren ein großes Bankett, ein Fest, das zugleich dazu dient Adriennes Seelengefährten zu finden«, brachte ich stolz über meine Idee hervor, »wenn sie in Luyelie mit ihrer Suche nicht erfolgreich ist, dann wird sie es vielleicht hier und ich kann endlich zurück zu meiner Prinzessin.«
Die Berater und Minister sahen mich mit großen Augen an. Sie waren beeindruckt, niemand hatte an derartiges gedacht.
Meiner Sache sicher stand ich von meinem Stuhl auf und verabschiedete mich immer noch dämlich vor mich hin grinsend von allen. Schließlich stand ich vor der Tür und wies ein paar Angestellte an alles für meine Abreise vorzubereiten. Endlich konnte ich zu meinem Mädchen.
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Die stumme Prinzessin (alte Version)
Teen FictionNach diesem erfrischenden Spaziergang im Wald fühlte ich mich nun unantastbar. ... Bis ich in zwei eisblaue Augen sah, die mir unheimlich vertraut waren. Das konnte nicht sein. Langsam wich ich zurück in den Wald. Bitte, lass ihn mich nicht gesehen...