29 - Mitternachtsessen zu zweit ...

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Nicolas

Leise schlich ich mich an meine kleine Prinzessin an um sie zu überraschen. Sie hatte noch nicht bemerkt, dass ich in ihr Zimmer getreten war, obwohl ich eigentlich ziemlich laut war, weil mich noch eine Wache im Gang aufgehalten hatte. Ich war möglicherweise etwas zu laut geworden, doch wer konnte es mir verübeln? Ich hatte mein Mädchen vierundzwanzig Stunden lang nicht gesehen.
    Vorsichtig beugte ich mich über ihre zierliche Gestalt. Meine Arme schlagen sich augenblicklich um ihren nur für mich geschaffenen Körper und ich achtete gar nicht darauf, was meine Prinzessin überhaupt tat.
    »Hallo, mein Schatz«, hauchte ich in ihr Ohr und gab ihr einen Kuss auf das Haar.
    Mein Mädchen zuckte leicht zusammen, doch sie fasste sich schnell wieder und drehte sich auf dem Stuhl zu mir um. Verzaubert beobachtete ich wie ihre wunderschönen, rehbraunen Augen größer wurden und sie — ihre Beschäftigung vollkommen vergessend — aufsprang und mich stürmisch mit einer Umarmung begrüßte.
    Ich lachte und fing meinen kleinen Wirbelwind glücklich auf.
    »Da hat mich wohl jemand vermisst«, meinte ich arrogant.
    Nachdem ich sie wieder auf den Boden stellte, schlug sie mich lächelnd auf den Arm.
    »Aua«, machte ich und rieb mir gespielt traurig den geschlagenen Arm.
    Als sie mein Schmollen sah, kicherte sie vergnügt, sodass auch ich mir kein Lächeln mehr verkneifen konnte.
    »Na, hast du deinen freien Tag genossen?«
    Verwirrt legte sie ihren süßen Kopf auf die Seite. Ich ging einen Schritt auf sie zu um den Abstand zwischen uns zu verringern. Als sie mich mit ihren unschuldigen, rehbraunen Augen ansah, konnte ich nicht anders als ihren Kopf zwischen meine Hände zu nehmen und sie auf die Stirn, Nase und anschließend auf ihre bezaubernden Lippen zu küssen. Sie erwiderte natürlich sofort, aber ich ließ von ihr ab, bevor sie den Kuss intensivieren konnte.
    Offenbar gefiel ihr dies nicht sonderlich, da sie mich nun beleidigt mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah.
    »Ich meinte, frei von mir. Hat dir der Tag gefallen?«, spielte ich auf meine vorherige Frage an.
    Augenblicklich wurden ihre Augen so groß wie vorhin als ich sie überrascht hatte. Mein Mädchen schüttelte wie wild ihr süßes Köpfchen und sah mich verzweifelt an. Sie dachte, ich meinte das ernst. So niedlich.
    Um sie nicht zu kränken und mir keine weitere Schläge einzuhandeln, nahm ich sie in meine Arme und küsste sie auf die Schläfe. »Das war nur ein Scherz, mein Schatz«, murmelte ich in ihr weiches Haar.
    Auf der Stelle entspannte sie sich wieder und kuschelte sich an mich. Kurz löste ich mich von ihr um sie auf meine Arme zu heben und mich mit meiner Prinzessin auf den Armen ins Bett fallen zu lassen. Sie quiekte erschrocken auf. Daraufhin lachte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.
    Nachdem mein Mädchen sich aufgerichtet und mich dazu gezwungen hatte dasselbe zu tun, setzte sie sich neben mich ans Kopfende des Bettes und ich schlang meine Arme um sie.
    Eine Weile lang genossen wir einfach nur die Nähe des anderen. Ich spielte mit ihren leicht gelockten Haare. Warum sie gelockt waren, wusste ich nicht, doch es brannte mir bereits eine andere Frage auf den Lippen.
    Während sie Kreise auf meiner Brust malte und immer wieder über die Knöpfe meines Hemdes strich — was mich zugegebenermaßen ziemlich ablenkte —, atmete ich tief durch und fragte meine Prinzessin: »Wie lief es mit meiner Mutter?«
    Ich spürte sofort wie die Anspannung in den Körper meines Mädchens kam und sie unruhig wurde. Mein Griff um ihre Taille wurde etwas fester. Ich wollte sie nicht erschrecken, aber sie sollte wissen, dass ich für sie da war und sie mir vertrauen konnte. Ich würde sie vor allem und jedem beschützen solange ich lebte.
    »Keine Sorge. Jetzt bin ich wieder bei dir und pass auf, dass sie nicht an dich rankommt«, murmelte ich in ihr Haar.
    Sie nickte nur. Kurz hob sie den Kopf um mich anzusehen. Ihr Blick verwirrte mich. Mein Mädchen sah mich abschätzend an.
    »Schatz, ist etwas?«, fragte ich um die Stimmung wieder aufzulockern.
    Zögerlich wandte sie ihren Blick ab und nestelte an meinem Hemd herum. Ich ließ sie, auch wenn ich nicht wusste, was sie genau tat beziehungsweise tun wollte.
    Während meine Prinzessin sich an meinem Hemd zu schaffen machte, wanderten meine Finger langsam ihre Seiten entlang. Ich spürte unter meinem sanften Griff wie sie sich leicht anspannte. Wahrscheinlich machten sie meine zarten Liebkosungen nervös. Dies brachte meine Mundwinkel zum Zucken. Sie war einfach zu niedlich.
    In dem Moment, in dem ich beschloss mich etwas weiter vorzuwagen mit meinen Berührungen, spürte ich plötzlich wie meine Brust entblößt wurde. Mit hochgezogener Augenbraue blickte ich mein unschuldiges Mädchen an, das mit offenbar das Hemd aufgeknöpft hatte.
    Ein Grinsen entstand auf meinen Lippen. »Ist mein kleiner Schatz etwa doch nicht so unschuldig wie gedacht?«, neckte ich sie und beugte mich zu ihr.
    Über ihre Wangen legte sich ein zarter Rotton. Sie versuchte sich von mir zu entfernen, doch dies ließ ich nicht zu. Meine Prinzessin hatte begonnen, ich würde es zu Ende bringen.
    »Na, na, na. Wer hat denn angefangen, mein Schatz? Jetzt kannst du mir das Hemd auch ganz ausziehen«, grinste ich.
    Ich sah ihr an, dass sie sich schämte und sich wahrscheinlich gerade den Kopf zerbrach, warum sie dies überhaupt gemacht hatte. Ihre Unerfahrenheit überraschte mich und freute mich zugleich. Einerseits wunderte es mich, dass sie anscheinend überhaupt nicht wusste, was sie tun musste oder warum sie beispielsweise das Verlangen hatte mein Hemd gar erst zu öffnen, andererseits war ich unendlich erleichtert und froh, dass niemand außer mir diese Dinge mit meiner Prinzessin jemals gemacht hatte und machen würde. Nicht einmal dieser schmierige Bote, der sie damals angefallen hatte, war so weit gekommen sie zu berühren. Von den Schlägen, die er meinem Mädchen verpasst hatte einmal abgesehen, doch für diese würde er nun sein Leben lang im Kerker verrotten. Und hin und wieder, wenn mir danach war, würde ich ihm einen kleinen Besuch abstatten, damit er nicht so einsam war. Jedoch zählte im Moment nur meine Prinzessin und das würde ich mir nicht durch ein paar lausige Ratten verderben lassen.
    Um ihr behilflich zu sein, nahm ich ihre zierlichen Hände in meine großen und führte sie zu meiner Brust. Ihre Finger verkrampften sich und waren zu Fäusten geballt, doch als ich meine Hände von ihren nahm und sie stattdessen an der Hüfte zu mir zog, beruhigte sie sich langsam. Ihre zaghaften Finger begannen kleine Kreise auf meiner nackten Brust zu zeichnen wie sie es auch vorhin getan hatten. Ich beobachtete mein Mädchen währenddessen. Sie versuchte sich zu überwinden. Das sah man ihr deutlich an. Ob es daran lag, dass sie von Natur aus eher zurückhaltend war oder ob ihr im Allgemeinen die Situation, in der sie sich im Moment befand, widerstrebte, konnte ich nicht sagen. Allerdings wüsste ich es gerne um ihr gegebenenfalls zu helfen.
    »Es muss dir nicht unangenehm sein, Dana. Ich bin bei dir und werde das immer sein«, sprach ich sanft auf sie ein, während meine Finger ihre Seiten entlang fuhren.
    Sie sah mir nicht ins Gesicht. Ihr Blick war stur auf meine entblößte Haut gerichtet. Ich fragte mich, was in ihrem süßen Köpfchen vor sich ging.
    »Außerdem«, wisperte ich in ihr Ohr, »wirst du spätestens bei unserer Hochzeitsnacht alles von mir sehen«, ich strich ihr eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht, »und ich von dir.«
    Meine Worte erzielten die erwünschte Wirkung, nämlich, dass mein Mädchen wunderschön rote Wangen bekam. Anklagend sah sie mich mit ihren rehbraunen Augen an, doch ich grinste bloß.
    »Bist du hungrig?«, fragte ich dann unvermittelt.
    Das Gesicht meiner Prinzessin zierte nun ein verwirrter Ausdruck.
    Ich zuckte bloß mit den Schultern. »Wir haben sehr wahrscheinlich das Abendessen verpasst. Es war schön recht spät, als ich zu dir hochgekommen bin.«
    Als würde sie auf ihren Bauch horchen, legte sie eine Hand auf diesen und beugte ihren Kopf etwas nach unten. Ich sah sie währenddessen nur schmunzelnd an. Danach richtete sie sich wieder auf und nickte mir zu.
    Ehe wir das Zimmer verließen, half ich meiner Prinzessin in ihren Morgenmantel zu schlüpfen, schließlich sollte sie niemand außer mir in ihrem Nachtgewand zu Gesicht bekommen. Am liebsten hätte ich sie gezwungen sich etwas Ordentliches anzuziehen, doch ich wollte nicht, dass sie sich unwohl in ihren engen Kleidern fühlte.
    »Komm, wir müssen leise sein.«
    Ich zog mein Mädchen an der Hand hinter mir her. Mir entging nicht, dass sie sich sehr darum bemühte nicht zu kichern. Als wir bei der Treppe ankamen, nahm ich sie kurzerhand auf meine Arme, was dazu führte, dass sie einen kleinen Schrei von sich gab. Ich musste leicht lachen. Sie war zu süß.
    »Deine Schläge tun mir leider nicht weh, mein Schatz«, merkte ich an.
    Sofort hörte sie auf mich mit ihren kleinen Fäusten zu malträtieren. Schmollend blickte sie zu mir hoch. Dies brachte mich nur noch mehr zum Lachen, dabei war sie eigentlich darauf aus mein Lachen zu stoppen.
    »Nicht traurig sein, mein Schatz. Es ist nunmal nicht jeder so stark wie ich.« Damit handelte ich mir noch einen Schlag ein.
    »Au«, meinte ich gespielt verletzt, »Seit wann bist du denn so gewalttätig?«
    Sie kicherte vergnügt, als ich meine Unterlippe schmollend vorschob.

»Wir sind da«, verkündete ich nach einer Weile.
    Mein Mädchen hob ihren Kopf von meiner Schulter und sah sich neugierig um.
    Ich hatte sie in die Palastküche gebracht. Sie war groß, wahrscheinlich größer als sie gedacht hatte, dass eine Küche jemals sein könnte, doch sie war eigentlich sehr gemütlich eingerichtet. Ein großer Tisch beherrschte die Mitte des Raumes. Trotz der eher niedrigen Decke baumelten lauter Petroleumlampen von der Decke, die ein sanftes Licht ausstrahlten. Die Arbeitsflächen sowie die Herde und die Schränke standen an den Wänden des länglichen Raums.
    Da ich wusste, wo sich die Vorratskammer und das übrig gebliebene Essen vom Vortag stets befanden — wenn es nicht schon an die Schweine verfüttert worden war —, setzte ich meine Prinzessin vorsichtig auf einem Stuhl ab und gab ihr einen Kuss, bevor ich mich auf den Weg dorthin machte.
    »Ich bin gleich wieder da«, meinte ich bloß zu meinem Mädchen, das mich mit leuchtenden Augen anlächelte. Sie war so schön.
    Ehe ich mich in ihrem Anblick verlor, ging ich zu der Vorratskammer, holte alle benötigten Zutaten und schlenderte zurück zu ihr.
    »Also gut, mein Schatz«, setzte ich mich zu ihr an den Tisch, nachdem ich das Essen hinter ihr auf die Arbeitsfläche gestellt hatte, »Wie würde es dir gefallen, wenn wir ein Spiel spielen?«
    Ihren Kopf schief legend, sodass ihre nun gelockten und zerzausten Haare ihr ins Gesicht fielen, sah sie mich abwartend an.
    »Du schließt die Augen und ich füttere dich mit verschiedenen Gerichten«, schlug ich vor.
    Sie nickte leicht und schloss anschließend ihre Augen.
    »Mund auf«, befahl ich ihr liebevoll. Schon hatte sie einen Stück Forelle im Mund. Ich hatte noch darauf geachtet, dass keine Gräte darin waren, sodass sie sich nur auf das Schmecken konzentrieren konnte.
    »Und?«, fragte ich, nachdem sie geschluckt hatte.
    Sie öffnete die Augen, während ich »Nein!« schrie und versuchte das vorbereitete Essen, womit ich sie füttern wollte, zu verstecken. Erschrocken zuckte sie zurück, doch sie hatte bereits alles gesehen.
    Ich seufzte geschlagen auf. »Es tut mir leid, mein Schatz. Ich wollte dich nicht erschrecken, aber du hättest das nicht sehen sollen. Ich wollte dich doch weiter füttern.«
    Geknickt blickte mein Mädchen zu Boden.
    »Nein, Dana, das ist nicht deine Schuld. Ich glaube es hat mir einfach zu viel Spaß gemacht dich zu füttern.«
    Sie blickte zu mir hoch. Die Gabel in die Hand nehmend, reichte sie mir diese und öffnete den Mund.
    Zuerst verstand ich nicht, worauf sie hinaus wollte, aber, als sie mich so erwartungsvoll ansah, ging mir ein Licht auf.

Später im Bett beobachtete ich mein Mädchen beim Schlafen und erst in diesem Moment erkannte ich wie glücklich ich mich doch schätzen konnte sie gefunden zu haben.
    Allein diese süße Geste von ihr, dass sie mich sie füttern gelassen hatte, zeigte mir mal wieder, dass es mir trotz unserer Startschwierigkeiten gelang, sie etwas für mich empfinden zu lassen. Ob es Liebe war, wusste ich nicht, schließlich konnte sie mir auf mein ‚Ich liebe dich' nichts erwidern.
    Ich erinnerte mich noch an den Tag, als ich ihr endlich meine Liebe gestand. Der Tag konnte nicht schlechter beginnen, nämlich damit, dass meine Mutter mit ihren mehr oder minder unterschwelligen Beleidigungen meine unschuldige Prinzessin mal wieder traurig stimmte. Doch er endete damit, dass ich mein Mädchen zum ersten Mal mit Zunge küssen durfte. Aber auch wenn es damals noch gut ging, musste ich dafür sorgen, dass meine Mutter nie wieder die Möglichkeit bekam meine Gefährtin zu beleidigen.
    Ein leises Wimmern holte mich aus meinen Gedanken. Mein kleines Mädchen verzog ihr Gesicht, als hätte sie Schmerzen und gab immer wieder leise Töne von sich.
    Sachte nahm ich sie in meine Arme und strich ihr zärtlich über das Haar. Während sie sich langsam beruhigte — wahrscheinlich träumte sie schlecht —, wanderten meine Gedanken zu dem gestrigen Abend. Mir war es ungewöhnlich schwer gefallen Schlaf zu finden. Es erinnerte mich an die Zeit vor Dana. Als ich sie noch gesucht hatte und jeder Tag ohne sie mich noch wütender und verzweifelter gemacht hatte. Das Einzige, das mich davon abgehalten hatte gestern nicht durchzudrehen, war der Gedanke sie am nächsten Tag wiederzusehen.

Die stumme Prinzessin (alte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt