Halloween

483 23 26
                                    

Entferntes Eulengeschrei war zu hören und ich blickte gerade nach oben, um den Sternenhimmel zu betrachten, der sich über uns erstreckte, als sich schließlich das Gesicht meiner besten Freundin Ally in mein Blickfeld schob.

>>Ich schwöre dir Maddi, noch so eine Bemerkung über mein Outfit und es kracht.<< , entfuhr es meiner Freundin, während sie mich mit einem steinharten Blick bedachte, der durchaus Potenzial für einen Ich-töte-dich-zuerst-Wettbewerb hatte, den wir uns früher im Kindergarten geliefert haben. Und den ich immer haushoch verlor, da ich es einfach nicht über mich brachte, sie bei diesem Gesichtsausdruck ernst zu nehmen.
Meistens lief es darauf hinaus, dass sie mit irgendeiner klebrigen Flüssigkeit bekleckert wurde, die sich kurze Zeit davor noch in meinem Mund befunden hatte.
Leider besaß ich die schlechte Angewohnheit genau dann durstig zu werden, sobald Ally es wieder darauf anlegte sich mit mir zu messen.
...was ihr unglücklicherweise oftmals zum Verhängnis wurde.
Erst letzten Montag musste sie deswegen mit ihrem neuen blitzweißen Shirt von Barkley's einbüßen, da es sich mit Kirschsaft vollgesogen hatte und sie durch die rote Farbe die an ihren Körper ,wie Blut klebte, einer Serienmörderin gleichkam.
Natürlich fühlte ich mich jedesmal schuldig, denn ich war diejenige der sie das zu verdanken hatte, doch ... nach und nach wurde auch das zur Gewohnheit.

Und auch jetzt verschonte das Schicksal sie nicht.
Nun ja, ich meine, konnte sie nicht deutlich sehen, dass ich direkt vor ihr einen Schluck aus ihrer selbst gemixten Blutkrautmischung nahm, die sie speziell für den heutigen Tag kreiert hatte ?
Man müsste schon blind sein, um das zu übersehen.
Ich prustete also das rot-grün gefärbte Gemisch direkt in ihre Richtung. Ally schrie auf und machte einen Hechtsprung nach hinten, wobei sie das Schlimmste verhindern konnte. Das Getränk landete platschend auf ihren 8 cm hohen Hacken, die sie ihre >>Bitchy-Shoes<< getauft hatte, weil sie fand , sie sähe damit aus wie die blonden Barbies, die jeden Abend vor den Clubs in der Stadt herumlungerten.
...stimmte auch irgendwie.

>>MADDISON !<< plärrte Ally und klang dabei wie meine ältere Schwester Hannah, wenn ich ihren Schönheitsschlaf störte.
Lachend wischte ich mir über den Mund.
>>Na jetzt ist dein Kostüm vollendet.<<
Ich zwinkerte ihr zu.
Doch Ally stampfte wütend auf den Boden auf und schüttelte sich ein paar Tropfen künstliches Blut vom Bein.
>>Ha ha, sehr witzig.<< , meinte sie nur und verdrehte die Augen.
>>Hallo ? Du weißt, dass ich recht habe. Schließlich ist heute nicht irgendein Tag. Es ist Halloween ! Das Fest zur Vertreibung der Toten. Schon davon gehört ?<<
Um meine Worte zu unterstreichen, ging ich langsam humpelnd, einen Zombie imitierend, auf sie zu.
>>Ach ja ? Dann pass mal lieber auf was du sagst, sonst wirst auch du bald zu den Toten gehören !<<
Noch während sie das sagte, fiel ihre harte Maske und brachte die Ally zum Vorschein, die ich kannte.
Wir lachten beide über ihren Witz und ich wusste, dass sie mir wegen meines Ungeschicks nicht mehr böse war.

Tatsächlich sah sie sehr hübsch aus in ihrem Vampirbrautkleid, das aus weißer fließender Seide bestand.
Am Hals war ein hoher Kragen festgemacht, welcher an den Spitzen mit kleinen roten Steinchen versehen war, die wie jetzt im Dunklen glitzerten.
Der weiße Stoff war eng um die Taille geschnürt, floss ab da wie ein Wasserfall nach unten und hörte erst kurz über dem Riemen ihrer rot glänzenden Schuhe auf.
Dank mir zierten nun ein paar rote Punkte den hellen Stoff des Kleids, aber ich fand gerade das machte es authentisch.
Ally sah aus , als wäre sie eben frisch vor dem Altar stehen gelassen worden und ging nun ihrer wohlverdienten Rache nach.
Ihr rauchiges Make-up und die schwarzen offenen Haare, die ihr über die Schulter fielen, harmonierten perfekt miteinander.
Sie war der wahr gewordene Albtraum eines jeden Bräutigams, so viel stand fest.
Ich hingegen trug ein tiefblaues Kleid, welches mir eigentlich viel zu eng war. In einem Secondhand Shop gegenüber unseres Lieblingscafés mit den leckeren Blaubeermuffins, die Ally und ich uns nur zu gerne mal gönnten, hing es im Schaufenster und ich wusste es gehörte zu mir.
Abgesehen von der zu kleinen Größe um die Hüfte, passte es wie angegossen.
Ein langer Schnitt zog sich seitlich des Oberschenkels bis zum Saum des Kleids.
Meine weiße Haut stand im starken Kontrast zur dunklen Farbe und ließ sie förmlich leuchten. Winzige helle Punkte in unterschiedlich festem Aufdruck streuten sich über das Gewand und verlieh ihm einen klaren Schimmer.

When It's Dark OutsideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt