Der mit Blut befleckte Schnee zu meinen Füßen holte mich schneller zurück in die Realität als mir lieb war. Ich hatte keinen Schmerz gespürt, der mir verriet an welcher Stelle genau ich verletzt war.
...woher kam also das Blut?Mein Körper antwortete mir:
Mit einem Zucken gerieten meine Hände in mein Sichtfeld, die aussahen, wie damals, als ich im Kindergarten ein Bild einer leuchtend roten Blume gemalt und es bevorzugt hatte statt einem Pinsel meine Hände als Werkzeug über das Papier sausen zu lassen. Mom war stinksauer gewesen, denn die Farbe erwies sich als hartnäckig:
Sie haftete selbst nach einer Woche gründlichen Abwaschens noch an meinen Handflächen. Als hätte ich sie in rote Wandfarbe getränkt. Mit einem Unterschied:
Dieses Mal würde es nicht nur Farbe sein.In der nächsten Sekunde ertönte ein Geräusch, welches mich die blutigen Schneeklumpen vorerst vergessen ließ.
Tiefer aus dem Wald drangen unmenschliche Laute, die von einem gequälten Tier stammen mussten und mich aufhorchen ließen.
Mein Brustkorb zog sich vor Schreck zusammen, aber meine Beine folgten einem ganz anderen Kommando. Die zuckenden Muskeln verrieten mir, dass sie mich nicht forttragen wollten, nein, sie brachten mich näher zu den erschütterten Schreien, die von den trockenen Ästen widerhallten.
Etwas lebte in diesem Wald.
Fremde Stimmen, die von überall herzukommen schienen, flüsterten aber stattdessen:Etwas stirbt in diesem Wald.
Amon, der bis gerade eben noch stocksteif neben mir gestanden hatte, tauchte in einer Wolke aus weißen Schneepartikeln vor mir auf und hielt mich zurück.
>>Bleib stehen.<<, sagte er, noch während er nach meiner Hand griff.
>>Was auch immer du vorhast - << Er brach ab. Mir war klar, was ihm aufgefallen sein musste: Das frische hellrote Blut an meinen Händen.
Statt eines geschockten Gesichtsausdrucks, wie ich ihn erwartet hätte, sah Amon mich nur abwartend an.
>>Du hattest einmal eine Platzwunde am Kopf, nicht wahr?<<Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen und wollte ihn schon fragen, was das zur Sache tat und noch wichtiger:
Woher er das nun wieder wusste.
Ich hatte in letzter Zeit nicht daran gedacht, also konnte er es nicht von meinen Augen abgelesen haben.
Doch so wie es aussah, erwies sich die Frage als überflüssig, denn genau in diesem Moment floss ein warmer Blutstropfen von meiner Stirn in die feinen Härchen meiner Augenbraue und sammelte sich darin.
Vor Schreck taumelte ich einen Schritt zurück und drückte eine Hand auf die frisch aufgerissene Wunde.
>>Was zum Teufel ... ?<<
Mehr fiel mir dazu nicht ein.
Als das Blut dann auch noch anfing aus den Schnitten herauszutreten, die mir die Raben zugezogen hatten, bekam ich es mit der Angst zu tun.
Was passierte hier mit mir?>>Ganz ruhig. Das geschieht bei allen, die sich länger, als die für sie vorgesehene Zeit auf der anderen Seite befinden. Das Blut ... es ist dasselbe, welches damals bei all deinen Verletzungen schon einmal geflossen ist. Jede einzelne Wunde öffnet sich an diesem Ort erneut. Dies ist nur hier möglich, im Totenreich.
Und du solltest gar nicht hier sein, weißt du das? Es ist Lebenden wie dir nicht gestattet hierher zu kommen.<<
Amon berührte mich sachte am Arm.
>>Maddison?<<
Das einzige wozu ich noch fähig war, war zu blinzeln. Und das tat ich mehrere Male verständnislos, während seine eben gesagten Worte in mein Bewusstsein sickerten.Lebenden wie mir?
Seine Augen weiteten sich, als er die Frage auch in seinem Kopf hörte. Es war ihm anzusehen, wie sehr er versuchte sich die richtigen Worte zurechtzulegen. Ich glaube ich hatte ihm etwas entlockt, dass er vor mir bewusst geheim hielt. Und ich wusste nicht, ob ich schon bereit war es zu erfahren.
Dennoch brannte seit jenen vergangenen Augenblicken ein kleines Feuer in mir, welches sich danach verzehrte die Wahrheit zu erfahren.
Meine Neugier war geweckt.
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When It's Dark Outside
Teen Fiction>>Es war Halloween. Und ich wünschte es wäre nie so weit gekommen.<< Zwei Freundinnen, die nachts an Halloween durch die Straßen ziehen und sich dann entschließen auf den Friedhof zu gehen... obwohl Maddison das eigentlich für keine so gute Idee hä...