Als sie sich fallen ließ

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>>Aber, aber meine Schöne. Du möchtest doch nicht nass werden, oder?<<, wisperte er, so nah, dass sich unsere Lippen beim Sprechen beinahe berührten.
Beinah.

Mein Herz raste von seiner Nähe, meine Lippen brannten von seinem Atem und meine Gedanken hörten auf zu existieren.
Und ich wusste, gleich würde ich meinen ersten Kuss erleben, denn ich sah das unendliche Verlangen in seinen Augen.

Da geschah etwas merkwürdiges:
Zedric wurde urplötzlich nach hinten gerissen und ich stolperte verschreckt aus seinen Armen.
Ich fiel zu Boden, stand aber gleich wieder auf und sah mich nach Zedric um und das, was ihn von mir gerissen hatte.
Vermutlich muss es Ally gewesen sein, dachte ich, strich diesen Gedanken aber sofort, als ich sie noch immer unverändert nahe des Eichenstamms stehen sah.

Wie konnte sie uns nicht gehört haben?

Mir blieb kaum Zeit mich darüber zu wundern, als ich Zedric bemerkte, der sich mühsam zurück auf seine Beine kämpfte.
Jetzt kam es tatsächlich auf meine Schnelligkeit an.
Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief am Ufer entlang, um auf der anderen Seite des Waldes Schutz zu suchen.
Oder zumindest hatte ich das vor.

Gerade mal ein paar Meter weiter, machte ich auch schon den Fehler zurückzuschauen und verlangsamte dadurch ungewollt mein Tempo.
Ich bekam einen riesen Schreck, denn er stand direkt hinter mir und lächelte mir seelenruhig zu.
Schnell wirbelte ich herum, stürzte davon... und blieb sofort stehen.
Er stand erneut vor mir und schenkte mir ein amüsiertes Grinsen.

>>Wie hast du das gemacht?<<, wollte ich wissen und blickte geschockt in sein Gesicht, während er lachte.
>>Wie ich das gemacht habe? Nun, meine Liebste... << Er verzog schelmisch seine Lippen und verkündete:
>>Du kannst das auch.<<
Hätte er gesagt, ich wäre in Wahrheit die Queen von England, ich wäre nicht weniger verwirrt, als ich es jetzt bin.

Kopfschüttelnd sah ich zu ihm auf.
>>Ich verstehe nicht... <<
>>Natürlich verstehst du das nicht, aber du wirst es bald, glaub mir. In dir steckt mehr, als du ahnst. Nicht mehr lange und die Kraft wird sich entfalten.<<
>>Wovon redest du da? Welche Kraft? Sowas gibt es nicht.<<
Doch er zog nur spöttisch eine seiner Augenbrauen in die Höhe.
>>Oh welch armes, unwissendes Ding du doch bist.<<

An dieser Stelle unterbrach ich ihn.
>>Was stimmt mit dir nicht? Du gibst nur unsinniges Zeug von dir. Keine Ahnung, was du damit bezwecken willst, aber ich kauf dir das bestimmt nicht ab.<<, schoss ich verärgert zurück.
>>Ach, du glaubst mir nicht?<<
Eine kurze Pause entstand, in der er mich durchdringend ansah.

>>Verrätst du mir dann, warum es
immer noch dunkel ist?<<
Unwillkürlich blickte ich bei seinen Worten nach oben.
Und tatsächlich: Es war noch dunkel genug, um die Sterne zu sehen.
Zwar graute der Himmel an ein paar Stellen hell auf, doch das Himmelszelt war wie eine dunkle Decke, aufgespannt über dem Erdreich.

>>Da hast du die Antwort.<<, flüsterte er in mein Ohr und streifte mit seiner Nasenspitze meine Wange.
Ich zuckte bei seiner Berührung zusammen und konnte das erste Mal richtig seine Augen sehen.
Für einen Moment waren die Pupillen weiß und das Auge schwarz, als hätten sich die Farben vertauscht. Doch als er blinzelte, schien alles normal. Er hatte felsengraue Augen, die heller wirkten, je genauer man sie betrachtete.
Und sie gefielen mir, wie ich überrascht feststellen musste.

When It's Dark OutsideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt