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Heute ist der Tag vor meinem Geburtstag. Ich freue mich schon richtig Maik zu sehen. Ich schaue auf die Uhr, 14:26. Er müsste in vier Minuten kommen... Okay, wahrscheinlich werden die vier Jungs sowieso 15 Minuten später kommen... Aber naja, ich habe nichts zu tun, da kann ich schon runter in die Eingangshalle schleichen. Schleichen, denn es ist jetzt eine Stunde Ruhepause, ein 'Silentium', wo jeder eigentlich in seinem Zimmer bleiben muss und nicht rausgehen darf. Dafür hat auch jedes Zimmer ein eigenes Badezimmer. Dieses Kinderheim ist nämlich eines der bestbezahlten bzw. reichsten Kinderheime in Großbritannien, was aber auch daran liegen könnte, dass der vorherige Besitzer, der Großonkel oder Großvater von der jetzigen Direktorin - auf jeden Fall irgend ein Verwandter - stinkreich war und sich gefühlt mit Scheinen den Po abwischen konnte. Das hat er nach seinem Tod alles dem Kinderheim vererbt.

Ich will gerade die Haupt-Treppe runterschleichen (da das Büro von Mrs. Bachel daneben liegt, muss es sehr vorsichtig sein), als ich Mrs. Bachel aus ihrem Büro höre. Ziemlich laut. Sie telefoniert anscheinend. "Wie bitte?! Sie stecken fest und kommen in ungefähr drei Tagen?! Aber dann muss ich den ganzen Abwaschplan umstellen! *Stille* Ja, natürlich liegen mir die vier Jungen am Herzen...Sie sind mir nicht nur wegen dem Abwasch wichtig! Also hören Sie mal! *Stille* Ja ich werde es machen.... *Stille* Nun, auf wiederhören. Informieren Sie sich bitte, wann Maik, Leo, Stan und Adam genau kommen. *Stille* Ja, Tschüss.". Bitte was?! Maik,Leo, Stan und Adam kommen erst in drei Tagen? Na toll, das haben sie ja aber super hingekriegt. Sind bestimmt die Hohlaffen schuld! Und dann auch noch mein Geburtstag, an welchem Maik nicht da sein wird... Ich atme laut aus. Echt super! Es wird ein toller Geburtstag! So allein, ohne Geschenke, ohne Streiche, nicht mal Kuchen! Das wünscht sich doch jeder, ist doch so, oder? "Chrm, chrm, kann ich fragen wieso Du jetzt hier bist?! Es ist Ruhepause!", höre ich da eine laute, krächzende Stimme, die mich erstarren lässt. "Mrs. Bachel, a-also ich wollte nur nach gucken, wann Maik kommt...", flüstere ich fast, während ich mich langsam umdrehe. Jetzt oder nie!, denke ich. Bitte Blick jetzt brauche ich dich! Und da, meine Bitte wurde erhört. Ich spüre wieder ein Ziehen und schaue jetzt endgültig in die Augen von Mrs. Bachel. "Oh, ja...", kommt es sogleich von ihr und sie sackt langsam zusammen. Gehetzt schleppe ich die Frau in ihr Büro - sie ist echt schwerer als ich gedacht habe! - und lege sie einfach auf dem Boden ab, um meine erschöpften Muskeln zu entspannen. Schnell mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Drinnen schmeiße ich die Tür zu, schließe sie ab und fange an zu weinen. Ich bin enttäuscht, dass Maik nicht kommen kann, gleichzeitig wallt in mir eine starke Wut auf. Durch diese unberechenbare Emotion fliegen plötzlich meine wenigen Bücher aus dem Regal und meine Kommode wird umgeworfen. Mein Bettzeug fliegt durch das halbe Zimmer und das Fenster bekommt einen langen Riss. Erst da habe ich mich beruhigt. Ich schaue mich angsterfüllt im Zimmer um. Das ~das ist echt gruselig! Ehrlich jetzt! Was bin ich?~ stell ich mir die Frage. -Auf jeden Fall nicht normal!- kommt es von einer Stimme in meinem Kopf . Mir wird ganz bange und ich schüttel mich. Was war das denn? -Aber es stimmt doch! Du, bzw. ich, bist nicht normal! Sieh dich doch nur im Zimmer um...Und übrigens, ich bin nur dein Unterbewusstsein, keine Angst- ~Du hast recht....~, gebe ich schließlich doch zu, vor Angst immer noch zitternd. Was zum verfluchten Teufel passiert hier mit mir?

Am nächsten Morgen

"Ahh! Verfluchter Wecker, wo bist du?! Geh aus, verdammtes Schwein! ", sind meine ersten Worte an meinem elften Geburtstag. Ich reibe mir schmerzend den Po. ~Wieso muss ich auch immer so nah an der Kante schlafen, damit ich herunterfalle?~ -Tja, dass kann ich dir nicht sagen. Aber etwas anderes, Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!- ~Äh, danke.. Echt creepy, dass ich mir selber zum Geburtstag gratuliere...~ -Ich kann dich immer noch hören, Dummerchen.- Ich schlucke und schüttel über mich den Kopf, wer ist bitte so verrückt und redet mit sich selbst? Genervt unterdrücke ich einen aufkommenden Schmerz in meiner Wirbelsäule und jetzt heißt es die schönste Kleidung anziehen! Ich nehme ein blaues Kleid mit weißen Punkten und einer großen, weißen Schleife von meiner Kleiderstange hinter meinem Bett, an welcher nur noch ein schöner, grüner Pullover und eine dicke Winterjacke hängen. Dieses Kleid habe ich von Maik zu meinem zehnten Geburtstag bekommen. Maik... Es ist sehr traurig, dass er nicht kommen kann. Nur wegen seinen blöden Freunden! Ich hasse sie! -Hass ist ein schlechtes Gefühl Liebes, versuche es auf Nicht mögen zu reduzieren.-  korrigiert mich die Stimme in meinem Kopf. ~Ach halt die Klappe, Unterbewusstsein!~ raunze ich nur in meinem Kopf zurück. Den Rest des Morgens bin ich auf meinem Zimmer und gucke trübselig aus dem schmutzigen Fenster, den Luftzug durch den Riss genießend. Es ist erstaunlich warm hier, obwohl es schon August ist. Da tut eine kleine Abkühlung gut, besonders wenn das Zimmer selber recht warm ist. Plötzlich klopft es und Mrs. Bachel kommt mit einem komisch aussehenden Mann rein. Er trägt einen violettfarbenden Umhang,  hat einen langen, spitzen Hut und sein Bart reicht ihm wahrscheinlich bis zu seinem Bauchnabel. Der Mann strahlt aber gleichzeitig etwas Beruhigendes aus, sodass ich mich sofort sicher und geborgen fühle. "Chrm, chrm, nun Saphira, dies ist Professor Albus Dumbledore. Er will mit dir über eine weiterführende Schule sprechen." "Ähm, Ok, kommen sie rein, Mr. Dumbledore.", gebe ich irritiert von mir, während Mrs. Bachel die Tür schließt. "Professor" "W-w-was?- Pause -Ach so...", ich werde rot. Professor Dumbledore sieht mich lächelnd an, dann kramt er in seinem Umhang. Nach einiger Zeit holt er einen Brief heraus und übergibt ihn mir. Mit leicht gerunzelter Stirn nehme ich den Brief und betrachte ihn von allen Seiten. Er ist mit rotem Wachs versiegelt  -  ist das ein H mit vier verschiedenen Tieren? - , wobei auf dem Briefumschlag wahrscheinlich das gleiche Wappen abgebildet ist und ich die vier Tiere (Löwe, Dachs, Adler und Schlange) deutlich erkennen kann. Mir fällt auf, dass mein Standpunkt sehr penibel vermerkt ist. Kurz gucke ich misstrauisch Professor Dumbledore an, dieser lächelt mir zu und nickt in Richtung des Briefes. Nachdem ich den Brief geöffnet habe, betrachte ich immer noch misstrauisch die ordentliche smaragdgrüne Schrift und fange an zu lesen. 

Saphira Hills - Schwingen der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt