Der Plan

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Nur kurze Info: Das ist der zweite Teil :) er geht da weiter wo der letzte One Shot aufgehört hat.
Hoffe, er gefällt euch! Freu mich schon auf eure Meinung :D

Und vielen, vielen Dank für inzwischen über 5K Reads ♡

~ KC

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Sherlock versucht, nicht in Panik zu verfallen. Panik würde nur sein Gehirn und seine Gedanken vernebeln. Er braucht einen klaren Kopf. Dieser Brief - er ist ohne Zweifel von Moriarty. Was soll er jetzt machen?
Er geht im Wohnzimmer auf und ab, mit dem Brief in der Hand. Fast verzweifelt starrt er auf die Buchstaben. John ist in der Praxis und hat wahrscheinlich gerade einen Patienten. Soll Sherlock ihn anrufen? Ihm von dem Brief erzählen?
Nein. Nein, Sherlock muss nachdenken. Erneut liest er den Brief, obwohl sich die tödlichen Buchstaben bereits für immer in die Wände seines Gedächtnispalastes gebrannt haben. Tödliche Buchstaben. Ich werde Ihnen das Herz herausbrennen, Sherlock.
Das darf er nicht zulassen. Er darf nicht zulassen, dass Moriarty John etwas antut. Er muss John beschützen. Aber wie? Sie können nicht einfach weggehen. Vor jemandem wie Moriarty kann man nicht einfach so fliehen. Wie soll er John nur beschützen?
Sherlock setzt sich aufs Sofa und fährt sich mit den Händen durchs Haar. Moriarty weiß, dass John und er zusammen sind. Er will Sherlock zerstören und das geht nur, indem er John...zerstört. Er wird John töten. Ihn zuerst quälen und ihn dann irgendwann töten. Das ist die einzige Möglichkeit, wie er Sherlock das Herz herausbrennen könnte. Sherlock kann nicht zulassen, dass er John umbringt.
Er vergräbt das Gesicht in den Händen. Er muss mit John schlussmachen. Aber Moriarty wird wissen, dass er das nur getan hat, um John zu schützen. Sherlock lässt sich zurückfallen, sodass er nun auf dem Sofa liegt. John zu beschützen ist seine oberste Priorität. Er schließt die Augen und betritt seinen Gedächtnispalast.
Als John Stunden später nach Hause kommt, liegt Sherlock immer noch auf dem Sofa, die Augen geschlossen.
"Hey, Sherlock. Ich bin wieder da. Und ich hab Essen von Angelo mitgebracht." Sherlock reagiert zuerst nicht auf Johns Worte, aber öffnet dann die Augen. John steht vor ihm, ein Lächeln auf den Lippen und eine Tüte mit Essen in der Hand. Sie sehen sich einen Moment lang in die Augen, dann steht Sherlock auf und sagt ärgerlich "Ich hab keinen Hunger", bevor er an John vorbeirauscht und in sein Zimmer verschwindet. Er schließt die Tür und lässt sich langsam aufs Bett sinken.
Im Zimmer ist es dunkel und er macht sich nicht die Mühe, das Licht anzumachen. Er schließt die Augen, doch trotzdem sieht er nur Johns Gesicht und den traurigen, enttäuschten und verletzten Ausdruck darauf. Tränen steigen ihm in die Augen, aber er wischt sie weg.
Plötzlich klopft es an seiner Tür. "Sherlock?", hört er John vorsichtig fragen. "Ist alles in Ordnung?" Sherlock beißt sich auf die Lippe. Er hasst sich selbst dafür, trotzdem sagt er laut "Verschwinde und lass mich in Ruhe, John!"
Nach ein paar Sekunden entfernen sich Johns Schritte von der Tür und Sherlock bleibt für eine sehr lange Zeit in seinem Zimmer. Immer wieder sagt er sich, dass er das richtige tut. Moriarty muss denken, dass John ihm nichts mehr bedeutet, dass er ihn nicht mehr liebt. Deswegen muss John das auch denken. Einfach nur Schlussmachen würde nichts bringen. John muss denken, dass Sherlock ihn hasst, damit Moriarty das auch tut und John in Ruhe lässt. Sherlock muss den gefühlskalten Soziopathen spielen. John muss denken, dass er Sherlock egal ist und dass Sherlock ihn nicht mehr liebt.
Eine Woche später wird Sherlock auf eine harte Probe gestellt. Die ganze Zeit über ist er ärgerlich, antwortet John nicht oder nur einsilbig und verbringt die meiste Zeit in seinem Zimmer – ohne John.
Als John heute nach Hause kommt, sitzt Sherlock in seinem Sessel und ignoriert Johns Hallo und Anwesenheit wie die letzten Tage auch. Aber plötzlich steht John vor ihm und sieht ihn an. Und dann beugt er sich nach vorne und küsst Sherlock. Sherlock ist überrascht und er will den Kuss erwidern, aber das würde seinen Plan ruinieren. So weh es auch tut, er schubst John weg von sich und sieht ihn ärgerlich an. Wie sehr er verletzt ist, spiegelt sich sehr deutlich in Johns Augen wider.
„Was ist los mit dir? Hab ich irgendwas falsches getan oder gesagt?" Sherlock antwortet nicht. Er sieht ihn einfach nur gleichgültig an.
„Sherlock, egal was es ist, was auch immer ich getan oder gesagt habe, es tut mir leid. Aber bitte rede mit mir!" Verzweifelt sieht John ihn an; er hat Tränen in den Augen. Sherlock steht auf und für einen Moment ist die Hoffnung auf Johns Gesicht deutlich zu sehen. Aber sie verschwindet ebenso schnell wieder wie sie gekommen ist, nachdem Sherlock leise „Lass mich in Ruhe, John" gesagt hat.
Sherlock geht in sein Zimmer und versucht den stechenden Schmerz in seinem Inneren zu ignorieren.
John versucht nicht noch einmal ihn zu küssen. Die Wahrheit ist, er versucht gar nichts mehr. Er fragt Sherlock nicht mehr, was los ist. Er redet so gut wie gar nicht mehr mit ihm. Sherlock merkt, dass er ihn oft anstarrt, aber er sieht John an, dass er dabei ist, aufzugeben.
So geht es einen Monat lang. Im Prinzip ignorieren sie sich gegenseitig. Sherlock zieht die Nummer mit dem gefühlskalten Soziopathen durch. Wann immer John da ist, setzt er ein gleichgültiges Gesicht auf. Seitdem er den Brief bekommen hat, hat er kein einziges Mal gelächelt.
Als er eines späten Nachmittages nach Hause kommt, nachdem er einen kurzen Fall gelöst hatte – allein, wie alle Fälle in letzter Zeit –, stehen ein Koffer und eine Tasche im Wohnzimmer. Er weiß sofort, was sie bedeuten, und für einen Moment verliert er die Kontrolle. Doch dann kommt John und sieht ihn an.
„Ich denke, dass du weißt, was jetzt kommt. Es tut mir leid, Sherlock, aber ich kann das einfach nicht mehr. Wir haben nie gesagt, dass es offiziell vorbei ist, aber wir wissen beide, dass das der Fall ist. Ich weiß nicht, was passiert ist und ob es meine Schuld ist. Wenn du wieder alleine sein willst und diese ganze Nummer mit ohne Gefühle abziehen willst, dann mach das. Ich ziehe aus. Ich werde erstmal bei Harry unterkommen, denke ich, und danach, nun, das interessiert dich ja sowieso nicht mehr." John schüttelt den Kopf. Er macht den Eindruck, als ob er nicht wüsste, warum er Sherlock all das erzählt hat. Sherlock erwidert seinen Blick stumm und nickt dann.
„Lebwohl, John." Er reicht ihm nicht die Hand, er zieht nur seinen Mantel und Schal aus und setzt sich aufs Sofa.
„Ja." John zieht seine Jacke an und nimmt den Koffer und die Tasche. „Ich weiß nicht, warum du angefangen hast, mich zu hassen, oder ich dir egal geworden bin. Aber wenn du es unbedingt willst... Lebwohl, Sherlock." Seine Stimme bricht fast, aber er dreht sich um und verlässt die Wohnung.
Erneut ist Sherlock alleine. Er sieht sich in der Wohnung um, die ohne John so leer scheint. Sein Plan ist aufgegangen. John denkt, dass er sich nicht mehr für ihn interessiert. Sherlock weiß, was das heißt. John ist verletzt und enttäuscht und wahrscheinlich wütend. Alles wegen ihm. Sherlock hat gesagt, dass er ihn liebt und nun hat er Johns Herz gebrochen. Er weiß auch, dass er es getan hat, um John zu beschützen. Auch wenn das bedeutet, dass er ihn trotzdem verloren hat.
Dieses Mal hält er die Tränen nicht auf.

One Shots Johnlock (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt