Kapitel 6

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Es sind nun zwei Wochen vergangen seit diesem 'eigenartigen Tag', an dem ich Newt unter sehr merkwürdigen Umständen kennengelernt habe. Ich habe seit zwei Wochen eigentlich auch nicht wirklich mehr etwas von ihm gehört, manchmal habe ich seine Anwesenheit gespürt, wenn ich etwas getan habe, das nicht ganz so klug war und schlecht hätte ausgehen können. Ich weiß nicht, warum ich so traurig bin, da wir nicht viel Kontakt haben. Es ist ja nicht so, dass wir uns ignorieren würden, doch ich habe bis jetzt nur ein mal die Gelegenheit gehabt, mich für ein paar Minuten alleine in den Wald zu verziehen und mit Newt zu reden. Okay, noch ein mal hatte ich es davon versucht, doch irgendwas war dazwischengekommen, dass ich ihn nicht kontaktieren konnte, warum auch immer, ich weiß es nicht. Ich habe wesentlich öfter vorgehabt, mich einfach zu verziehen und mit ihm zu plaudern, doch da habe ich mir noch nicht überlegt, wie schwer es zum Einen ist, hier auch nur eine freie Minute zu haben und dann zum Anderen auch noch von Nathalie und Josh loszukommen, die anscheinend immer noch denken, dass ich psychisch labil bin und dass sie sich deswegen extrem fürsorglich um mich kümmern müssen. Es könnte einem wirklich auf den Geist gehen, all das, was hier passiert, all die Arbeit und die Hektik, die überall herrscht, aber man hat zumindest so keine Zeit, um zu grübeln. Das finde ich sehr gut. Ich kann nur daran denken, dass alles hier schon ziemlich gemütlich aussieht. Abends lege ich mich in meine Hängematte und habe nicht lange Zeit, um an mein altes Leben oder meine Familie zu denken, da mich dann meine Müdigkeit schon überkommt und, ehe ich mich versehe, schon wieder morgen ist. Trotzdem denke ich öfter als mir lieb ist an Newt. An sein Leben, wie es wohl gewesen sein muss. Dass er mit den Chefs hier zusammengelebt hat und wohl all das auch durchgemacht haben muss, all das, von dem ich keine Ahnung habe, das sie aber dennoch alle zeichnet. Und dass seine Schwester hier ist, Sonya, doch sie nicht einmal weiß, wer er ist oder dass er überhaupt existiert. Wie hält er das denn nur alles aus? Ich könnte das nicht! Er muss wahnsinnig stark sein! Ich weiß nicht, was passiert ist, da er nicht mehr am Leben ist, doch ich denke, dass ihn das sicherlich auch sehr mitnimmt und ich glaube, ich sollte ihn das auch lieber nicht fragen, da es nicht angemessen wäre. Wenn ich überhaupt irgendwann wieder mit ihm rede ... Ich will mehr über ihn erfahren, das habe ich mir zur Aufgabe gemacht, ich bin immer offen, um neue Menschen kennenzulernen und selbst, wenn er eigentlich kein Mensch, sondern mein Schutzengel ist, mache ich da keinen wirklichen Unterschied. Schutzengel. Wie das klingt ... Wie als würde ich eine Berühmtheit sein, die es verdient hat, dass ihr Leben beschützt wird. Ich denke, ich kann mich wirklich geehrt fühlen.

Ich sitze gerade zusammen mit Nathalie, Josh und den anderen beim Abendessen. Es gibt Kartoffelbrei und ein paar undefinierbare Gemüsesorten, die einfach nur zerkleinert und zusammengeworfen wurden. Es schmeckt jetzt zwar nicht so, dass ich es total genieße, doch es gibt schlimmeres und außerdem ist mein Hunger so groß, dass das dann auch keine Rolle mehr spielt. Die anderen an unserem Tisch und den anderen Tischen unterhalten sich gerade über etwas, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Es ist ein Transvice, das wohl eine Art Maschinengewehr sein soll, mit dem man Menschen auf eine besondere Art töten kann, indem man sie in alle einzelnen Partikel zerlegt und sie dann für immer und ewig durch die Luft schwirren. Mir kommt das sehr eigenartig vor, ich weiß nicht, ob dieses 'Wundergewehr' nur erfunden ist, damit sie prahlen können, dass der Bruder des Kumpels ihrer Freundin mal einen benutzt hat oder ob es wirklich stimmt. Mir kann es eigentlich auch egal sein, wir hatten auch schon schlimmere Gesprächsthemen gehabt. Ich schaufele mir gerade eine Gabel voll mit Kartoffelbrei beladen in den Mund, während ich versuche, verzweifelt ein Gespräch mit meinen beiden Freunden in Gang zu bringen. Sie scheinen mir aber wohl nicht zuzuhören, anscheinend lauschen sie beide dem Gespräch zum Transvice. Na super, ist dieses Ding jetzt wichtiger als ihre beste Freundin? „Hallo, ich rede mit euch!" Ich halte meine Hand vor Nathalies blaue Augen und schnipse hektisch davor, bis sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich richtet, dann mache ich dies auch bei Josh. „Was sagen sie denn so Interessantes?" Joshs Augen leuchten begeistert auf, während seine Handrücken nervös über den Holztisch schrabben. „Sie haben gesagt, dass das Gerücht umgeht, dass man die Leute wieder zusammensetzen kann. Das ist ja dann eigentlich die Funktion eines Flat Trans." „Josh, es gibt ein Gerücht über ein Gerät, von dem man nicht mal weiß, ob es wirklich existiert. Das willst du wirklich glauben?" Er sieht mich an, als wäre ich seine Mutter und hätte ihm den Spaß verdorben, da ich seinen Luftballon zerstört habe. „Die anderen haben gesagt, dass sich auf dem Haufen voller Zeug, den die Schöpfer hierherverfrachtet haben, bevor sie uns hier hergebracht haben ein Transvice befindet. Und nicht nur das, noch viel mehr Zeug, mit dem man wahnsinnig viel erfinden könnte, wenn man nur das Potential dazu hat. Sie wollen uns wirklich die Möglichkeit geben, uns ein tolles neues Leben aufzubauen." Das ist typisch für Josh, er lässt sich von Technik immer begeistern. Aber auch wenn es wahr ist, kann mir das herzlich egal sein. Newt kann es auch nicht hier herbringen.

Angels in paradise [Maze Runner/Newt FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt