Kapitel 5

652 33 1
                                    

Ich starre diesen 'Newt' einfach nur an, als hätte ich mir gerade irgendeine Droge eingeworfen, die mir gerade irgendetwas vorgaukeln würde. Es würde sich sicherlich nicht anders anfühlen. Ich habe das Gefühl, dass das alles keine Realität mehr ist, sondern, dass ich eingeschlafen bin. Sicherlich habe ich mich beim Holzhacken verletzt und liege jetzt im Kino und halluziniere das alles hier nur. „Du halluzinierst nicht, keine Sorge", lacht Newt verschmitzt und streicht sich eine Haarsträhne aus der Stirn, die ihn anscheinend belästigt hat. „Kannst du Möchtegernschutzengel jetzt auch noch Gedanken lesen? Hör zu: Ich bin dir wirklich dankbar, dass du mich gerettet hast und dich mir gezeigt hast, doch ich habe momentan so viel um die Ohren, dass ich mich auf so etwas nicht einlassen kann. Ich kann mir darüber einfach keine Gedanken machen, denn ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Ich bin aus meiner heilen Welt, die dann doch nicht mehr so heil war, entkommen und bin nun hier und versuche mir ein neues Leben mit meinen Freunden aufzubauen. Du hast anscheinend alles mitbekommen, dann musst du auch wissen, wie schwierig es allein für mich ist, nicht an meine Familie zu denken oder daran, dass ich ständig die Befehle von irgendwelchen Jugendlichen, die nicht älter als ich sind, befolgen muss, ohne das, was sie sagen in Frage zu stellen. Sie haben zwar viel durchgemacht, doch sie wissen nicht, was ich auch schon alles durchgemacht habe." Newt sieht mich auch so an, als wäre ich vollkommen durchgedreht. Okay, wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es doch etwas anderes. Er scharrt mit seinem Schuh auf dem Boden und sieht mich an. Ich erkenne einen gewissen Anflug von Trauer, den er wohl nicht verstecken kann. „Ich kann keine Gedanken lesen, man hat es dir einfach angesehen. Und ich kann dir sagen, egal, was die anderen sagen, du kannst den Anführern vertrauen. Ich kann es dir versprechen, sie wissen, was sie tun und machen auch alles nur, damit es euch gut geht. Keine Sorge." Er stutzt kurz. „Meine Schwester ist auch bei ihnen ..." Er ist also noch kein alter Schutzengel? Gott, wie komisch das klingt, wenn ich mich frage, wie alt dieser Schutzengel ist, der da vor mir steht. Es gibt nichts Übernatürliches. Doch die Wahrheit kann ich nicht leugnen. Newt ist wirklich hier. „Wer ist deine Schwester?", frage ich ihn und versuche dabei so einfühlsam wie möglich zu sein. Ich sehe, dann sein Gesichtsausdruck noch trauriger wird, als er gequält den Namen 'Sonya' sagt. Er sagt mir nicht besonders viel, außer, dass sie zu der Gruppe gehört, die die Anführer sind. „Dann muss sie doch wissen, dass du lebst, Newt! Sie vermisst dich sicherlich genauso schrecklich wie du sie! Ich bringe dich zu ihr, ihr könnt euch wiedersehen!" Ohne zu denken sprudeln diese Worte aus meinem Mund und ich greife nach seiner Hand, um ihn zu den anderen zu ziehen und ihn so seiner Schwester vorzustellen. Doch Newt lässt sich nicht berühren, es ist anscheinend so, dass ich mich nicht getäuscht habe und ich ihn nur anfassen kann, wenn er das bewusst steuert und das auch will. „Denkst du, das geht so einfach!", giftet er mich an und macht einen bedrohlichen Schritt auf mich zu, der mich zurückweichen lässt. Ich bekomme sogar ein wenig Angst und mache intuitiv einen Schritt nach hinten. „Was ist denn schlimm daran? Newt, es wird so alles wieder gut werden, glaub mir", versuche ich ihn zu besänftigen. Doch er scheint es nicht zu verstehen. „May, sie kennt mich nicht! Wir haben alle unsere Erinnerungen verloren, sie wurden uns beraubt und sie kennt mich nicht. Für sie bin ich nur ein Junge wie all die anderen, mit denen sie die Zeit verbracht hat. Sie wird dir nicht glauben und auch mich wird sie nicht sehen können, da nur du das kannst und das auch nur, wenn ich mich anstrenge. Ich müsste noch eine Weile üben, bevor mich mehrere Leute sehen könnten. Ich bin tot und sie soll nicht erfahren, wie all das passiert ist, was ihr entgangen ist, als ich weg war und dass ich mich an alles erinnere. Das kann ich ihr nicht antun! Also bitte ich dich: Lass es gut sein und sprich mich darauf nicht mehr an!" Er redet zwar immer noch mit kräftiger Stimme, aber dennoch merkt man ihm an, dass es ihm sehr nahe geht. Ich würde ihn im Moment am liebsten in den Arm nehmen und drücken, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstehe und es mir leid tut. Doch das mache ich natürlich nicht, ich kenne ihn schließlich nicht wirklich. „Tut mir leid", gebe ich deswegen nur von mir und versuche ihm damit zu übermitteln, dass ich wirklich einen Fehler gemacht habe. Wie wird das alles hier denn nun weitergehen? Soll ich mich denn in nächster Zeit öfter mal mit ihm unterhalten oder soll ich einfach gar nichts machen? Denn da ist er auf jeden Fall, darauf habe ich keinen Einfluss, doch ich kann entscheiden, was ich daraus mache? Eigentlich kann es ja auch nichts schaden, vielleicht würden wir uns sogar ganz gut verstehen, wenn wir uns erst mal ein bisschen besser kennengelernt hätten und bestimmt ist ihm auch langweilig, schließlich kann er den ganzen Tag über nicht wirklich viel machen. „Ich denke, ich muss jetzt auf jeden Fall mal zurück zu den anderen und die Situation retten, da sie alle sicherlich schon sehr viel Gerüchte verbreitet haben", meine ich. Ich drehe mich um und will einfach zurücklaufen, da ich nicht weiß, was ich noch sagen soll, doch Newt hält mich sanft, aber dennoch bestimmend an der Schulter fest. „Willst du, dass ich mich ab und an mal blicken lasse oder soll ich lieber aus deinem Leben so gut es geht verschwinden? Ich würde es auch verstehen, schließlich ist das hier eine wirklich komische Lage." Da hat er vollkommen recht. Ich muss grinsen. „Ich würde mich sehr freuen, mal was von dir zu hören."

Angels in paradise [Maze Runner/Newt FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt