Verewigungen

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"Kinder, wir müssen euch doch furchtbar langweilen!", meint die Mutter von Florian lachend.

Sie ist eine sehr sympathische Frau.

"Ja, schon.", antwortet Lorik völlig trocken, weswegen er einen Schlag von mir kassiert.

Mama kichert. 

"Boll u ba.", meint Opa und klopft meinem Bruder auf die Schulter.

"Ich muss dir noch was zeigen, mein Sohn. Ich hab was geschnitzt."

Lorik hat hier im Alter von... Keine Ahnung, aber er war ziemlich jung, da hat er das Schnitzen gelernt.

Damals als Bub ist er immer mit unserem Opa die Kühe hüten gegangen. In der Natur brachte mein Opa ihm alles bei. Figuren, Symbole und vieles mehr.

Eine Kindheit in der man viel von der Natur mitbekommt, vom eigentlichen Leben, ist doch viel schöner.

Aber nicht mehr selbstverständlich.

Leider. 

Lorik hat mich eines Tages, als er 13 war und ich 10, mal mitgenommen.

Ich weiß noch wie aufgeregt ich gewesen bin.

Er hat mir alles gezeigt. Alle geheimen Wege, einen kleinen Fluss, Pflanzen und vieles mehr.

Dafür bin ich ihm dankbar.  Manchmal wünsche ich mir, wir wären noch Kinder.

An einem bestimmten Baum sind wir stehen geblieben.

Was für eine Bedeutung dieser Baum noch für mich haben würde, hätte ich niemals gedacht. 

Doch auf jeden Fall sind wir dort stehen geblieben, nach ewigem Erforschen unseres schönen Landes, und Lorik hat sein Taschenmesser rausgeholt.

Das hat er von Opa bekommen.

Er hat mich gefragt, ob er meinen Namen reinritzen soll. Seinen habe er schon vor ein paar Tagen reingeritzt.

Voller Aufregung und Begeisterung habe ich ja gesagt. Bitte bitte bitte.

Lorik hate zwar damals schon eine grauenhafte Schrift, aber man konnte es trotzdem gut lesen.

Ich war hin und weg.

Die nächsten Tage und Wochen kamen wir immer mal wieder zu diesem Baum. Florian war auch dabei, und eines Tages verewigte er sich ebenfalls.

Florian war auch gut im Schnitzen. Aber Lorik war besser.  Und das, obwohl er jünger ist.

Florian kann aber vieles gut. Diese eine Tätigkeit musste er an meinen Bruder abgeben, er war sonst so makellos.

Wir waren ab da an immer zu dritt bei diesem Baum. Immer.

Bis auf heute. Und hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, dann hätte ich Lorik gezwungen mitzukommen.

"Okay, Opa.", sagt Lorik. Die beiden stehen auf und Verschwinden. 

"Ihr beiden seid auch entlassen. Die beiden Schnitzfanatiker werden mindestens genau so lange brauchen wie wir mit dem Reden.", meint Mama.

Florian lacht. Wahrscheinlich findet er das nicht ganz so lustig, aber er ist immer schrecklich höflich und lieb zu meiner Mutter. Etwas, was ich auch sehr an ihm schätze. 

Wir stehen gleichzeitig auf und gehen spazieren. Immer weiter.

Wir reden und reden und obwohl ich mich anfangs unwohl gefühlt habe, sind meine Bedenken vollkommen weg. Es ist nicht mehr unangenehm mit ihm alleine zu sein wenn Lorik nicht da ist.

Ganz im Gegenteil sogar!

Irgendwann sind wir an diesem Baum. Wir haben gar nicht gemerkt, dass es uns dort hinführte.

Ob es Schicksal war?

Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass Florian sein ehrliches Lächeln nicht unterdrücken konnte, meine Hand nahm und mich zum Baum zog.

Wo wir Erinnerungen und eventuell etwas mehr zum Leben erwecken sollten.

Eliza und Blerim Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt