Gjakova

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Nachdem ich meine Zähne geputzt und mein Gesicht gewaschen habe, gehe ich die Treppe runter und bleibe gefühlte Stunden vor der Haustür stehen, bevor ich mich dann endgültig entscheide rauszugehen und Blerim vor die Augen zu treten. Ich bin so ein kleiner Schisser.

Sofort sind alle Augen auf mich gerichtet und ich fühle mich schrecklich unwohl. Ich will gar nicht wissen, wie ich aussehe.

Aus Höflichkeit lächle ich umgehend, ziehe hastig meine Flip Flops an und grüße alle herzlich. Miranda zwickt mich, als ich Blerim schüchtern die Hand schüttle. Ich drehe mich sofort um und zische ein „Oj qur!“, woraufhin sie nur kichert und mich zu sich zieht.

Blerim meidet jeglichen Blickkontakt und sitzt durchgehend am Handy. Er wirkt weder beschämt, noch verletzt. Eher neutral. Als ob nichts wäre; Als ob gestern gar nicht stattgefunden hätte.

Irgendwie verletzt mich das.

Findet er mich jetzt hässlich? Wäre ich wirklich nur eine schnelle Nummer gewesen?

Leonora kommt, dicht gefolgt von meiner Mutter, und bringt uns schwarzen Tee.

„Schön, dass du dich auch noch zu uns gesellst.“, sagt Mama mir in einem beleidigten Ton.

Was ist denn jetzt los?

„Wie bitte?“

Sie schnaubt nur. Blerim schaut nun stirnrunzelnd zu mir, und ich werde rot vor Scham. Was denkt sie sich eigentlich, mich vor allem bloß zu stellen?!

Miranda flüstert mir ins Ohr, dass sie sauer ist, weil ich gestern zu tief ins Glas geguckt habe.

Da Mirandas Eltern da sind, sage ich nichts mehr. Ich will keinen Streit anzetteln, wenn Besuch da ist. Trotzdem bin ich gerade unglaublich sauer auf meine Mutter.

Miranda sieht mir meinen Zorn an und versucht mich durch einen noch unangenehmeren Themawechsel abzulenken.

„Also, was ist gestern passiert? Blerim ist so komisch drauf, seit er hinter diesem Mergim-Typen her war.“

Ich erinnere mich wieder an Mergims eklige Berührungen und erschauere.

„Frag ihn doch selbst.“, antworte ich gereizt.

Wieso bin ich allen immer eine Erklärung schuldig?

„Oh, als hätte ich das nicht scho-“

„Miranda?“

Ich folge ihrem Blick und sehe meinen Bruder Lorik zu uns hertapsen.
Er hat ein weißes Tanktop und eine graue Jogginghosen an. Ja, er ist sehr trainiert. Nein, ich finde es nicht gut, dass Miranda voll auf ihn abfährt.

Ugh.

Aber mal ganz ehrlich, ich war doch auch nicht besser. Ich hätte mich fast von ihrem Bruder entjungfern lassen. Wenn sie das erfährt.. Oh Mann.

„Djali jem, geht es dir besser?“, fragt meine Mutter ihn sofort nachdem er unsere Gäste begrüßt hat.

Er setzt sich neben mich und antwortet mit einem simplen „Ja.“

Bei ihm tut sie einen auf fürsorglich und mich verspottet sie? Ist das ihr Ernst? Er ist 19! Das ist doch nicht das erste Mal, dass er voll ist.. wie bei mir!

Ich fühle mich verarscht und schnaube laut, als Zeichen meiner Verachtung. Jetzt bin ich nämlich sehr streitlustig.

„Gibt's ein Problem, Schwesterchen?“

Blerim starrt mich ausdruckslos an als ich zu ihm rüber schiele.

Ja. Ja, es gibt genügend.

„Nein.“, sage ich ruhig und stehe auf.

Eliza und Blerim Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt