7.

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Langsam fuhr unser weißer Škoda superb die lange Allee entlang. Zu beiden Seiten weiteten sich saftig grüne Wiesen mit mattweiß gestrichenen Zäunen aus.

Alte Apfelbäume standen rechts und links von der engen Straße, die schnurgerade auf ein großes schmiedeeisernes, verschnörkeltes Tor zuführte.

Dahinter lag ein großer Vorplatz und an der gegenüberliegenden Seite des Tors ragte ein großes Bauernhaus in den Himmel. Es bestand aus roten Backsteinen, weißen Fenstern, einem dunkelgrünem Dach und Rosen, die sich rechts und links von der Haustür vorsichtig am Haus hochrankten. Der kleine Weg zur Eingangstür wurde von kleinen Buchsbäumen gesäumt.

Ich atmete tief durch. Endlich wieder da. Gestüt Lindström stand in geschwungenen Buchstaben auf einem Stein der links neben dem Tor auf einem Grasfleck lag.

,,Hach, ich freu mich schon!", rief Marie verzückt aus.

Meine sechzehnjährige Schwester saß mir gegenüber auf der anderen Fensterseite der Rückbank im Auto. Papa fuhr und Mama saß auf dem Beifahrersitz.

,,Ich mich auch. Aber bis jetzt seh ich noch nicht soviel neues.", antwortete ich und beobachtete das Tor, das wie von Zauberhand (es gab einen Bewegungsmelder, auf dessen Reaktion das Tor automatisch geöffnet wurde) aufschwang.

Papa parkte neben Omas Volvo xC90 und wir stiegen aus.

,,Landluft!", sagte Mama und streckte die Arme gen Himmel um sich zu dehnen. Ich gab ihr Recht. Es duftete wunderbar nach frischer Luft, Pferden und Wald. Nicht so wie in dem Stall indem unsere Pferde bei Bremen standen, nein, dort roch es immer ein bisschen nach Abgasen, Autobahn.

Mit viel Schwung öffnete sich die Haustür und Oma trat heraus. Wie immer in einer blauen Jeans, Sneakern und einem bunten Pullover.

,,Hallo Kinder! Kommt rein, ich hab euch das Gästehaus hergerichtet!"

Wie umarmte Oma und übergaben ihr unser Geschenk - Mon Cherie Pralinen, die liebte sie besonders.

Sie führte uns und unsere zwei großen Koffer in das Gästehaus, welches links neben dem Eingangstor lag. Ein bisschen sah es aus, wie eine kleinere Version ihres eigenen Hauses.

Wir brachten das Gepäck in unsere Zimmer, räumten unsere Schränke ein und schlüpften in unsere Reitklamotten.

Auf der Holzterasse hinter Omas Haus begrüßte uns Opa mit selbstgemachter Stachelbeer-Baiser-Torte. Ich liebte diese Torte - sie schmeckte wunderbar süß-sauer, mit einem Hauch süßen Fluff, der von dem Baiser zu kommen schien.

Unter dem Tisch lag Krümel, der blauäugige Australian-Shephard, und schnüffelte freudig an unseren Beinen, als er uns sah.

,,Also, was wollt ihr zuerst sehen?", fragte Oma, nachdem wir alle mindestens ein Tortenstück gegessen hatten.

,,Alles!", rief ich und strahlte.

Oma lächelte und bedeutete, uns aufzustehen.

Hinter dem Haupthaus war zu so ziemlich alles neu. Mein Mund wurde staubtrocken. Nichts war mehr so, wie ich es aus meinen Kindheitstagen kannte.

Es war wunderschön, aber irgendwie auch seltsam, dass jetzt alles neu war.

Zwei Stallgassen links und rechts waren verbunden durch eine weitere Stallgasse. Es sah aus, wie ein U.

In der Mitte des Us stand eine riesige alte Linde. Wenigstens die war noch da. Früher allerdings hatte die Linde neben dem Putzplatz gestanden.

,,So. Das ist unser neuer Paddock-Stall. Links und rechts seht ihr Stallgassen mit je fünfzehn Boxen. Das Verbindungsstück ist die Putzhalle mit zwei Sattelkammern.", Oma zeigte während sie erklärte auf die verschiedenen Bereiche.

Als es weiter ging zeigte sie uns den von der anderen Seite, jetzt konnte man auch endlich die Paddocks sehen, die an jeder Box angebracht waren.

Hinter dem Lindenstall -so hatte ich den Stall kurzerhand gekauft- befand sich eine Führmaschine mit acht Abteilen. Sie hatte ein Glasdach und in der Mitte einen kleinen Sandplatz, um den die Führabteile liefen.

Es gab noch eine große Reithalle mit Tribüne, einen riesigen Springplatz, ein Dressurviereck, eine weitere kleine Reithalle, Außenboxen, Winterpaddocks, eine Heuscheune, eine Wellenbahn, eine Galoppbahn, einen Geländespringplatz mit überdachter Tribüne und einer großen Futterkammer.

Ich war total geflasht von der ganzen neuen Einrichtung und überschlug im Kopf, wieviel Oma dafür bezahlt haben musste.

Als ich sie danach fragte, sagte sie bloß: ,,Die Turniere und die Zucht haben ziemlich viel Geld eingebracht, dein Opa hat das große Erbe seiner Eltern und das Einkommen seiner Möbelspedition dazugerechnet und wir haben einen Kredit aufgenommen. Mehr musst du nicht wissen.", erklärte sie und warf mir einen fröhlichen Blick zu.

Es war süß, wie sie sich über ihr Werk freute. Vermutlich hatte sie schon nach ihrem ersten Turniersieg von so einem tollen Hof geträumt.

Nach der kleinen Führung erlaubte Oma uns, uns ein Pferd auszusuchen welches wir reiten wollten.

Ich entschied mich für Con Carlo, einen dunkelbraunen Wallach mit einer breiten Blesse und Marie wollte gerne Taifun reiten, eines von Omas wenigen Springpferden.

Carlo stand im Lindenstall. Nachdem ich ihn von seinem Paddock geholt hatte putze ich ihn in der Putzhalle und sattelte ihn mit dem Sattelzeug, dass Oma mir zeigte.

Jedes Pferd hatte seinen eigenen Spind und Carlos war erstaunlich gut bestückt. Er wurde nämlich von Liam, einem von Omas Bereitern, auf die mittelschwere Dressurklasse vorbereitet und war sowas wie seine Reitbeteiligung. Deshalb hatte er auch viel Kram, welches Liam ihm gekauft hatte.

Wir ritten die Pferde in der großen Reithalle. Es war ein total cooles Gefühl, denn die Halle war viel größer als die zuhause.

Beinahe fühlte ich mich ein bisschen alleine in der Halle, obwohl Marie ja auch dabei war. Diese schien nicht so beeindruckt von der großen Halle. Sie war schließlich schon Springturniere in der Longines-Halle in Riesenbeck geritten und die war ungefähr genauso groß.

Carlo ließ sich toll reiten. Er hatte einen runden bergauf Galopp und einen schwungvollen Trab, der erst schwer zu sitzen war aber schlussendlich doch total cool gewesen war.

~

Am Abend grillten wir auf dem Platz in der Mitte des Lindenstalls. Ich lernte Zuzhanna und Jakob kennen, zwei Stallmitarbeiter, außerdem Lily und ihre kleine Schwester Rebecca, die beide von Oma trainiert wurden und deren zwei Pferde hier im Stall standen.

Ich redete mit dem amerikanischem Stallmeister - Dave McKennedy und seinem Sohn Julien, der nur ein Jahr älter war als ich und ein eigenes Pferd hatte namens Speedy. Kiara Edelmann war in etwa so, wie Diana von den Zollern, ein Mädchen aus dem Stall in Bremen, welche ziemlich zickig und recht tussimäßig sein konnte. Aber sie war im große und ganzen eigentlich auch ziemlich nett.

Sie waren alle sehr nett und ich war eine bisschen neidisch auf die coole Stallgemeinscahft die es hier gab. Bei uns zuhause gab es nur Lasse und Diana in meinem Alter, die anderen waren junge Schulreiter oder viel älter als ich.

,,Sag mal, hast du vielleicht Lust morgen mit mir, Ju und Kiara auszureiten?", fragte Lily, als ich mich grade mit einem weiteren kleinen Steak hinsetzen wollte.

,,Klar! Wann wollt ihr los?"

,,So gegen abend, um halb sieben. Dann sind die Bremsen nicht mehr da.", erklärte Lily.

,,Super! Bis dann!", freute ich mich und lächelte freundlich.


Das Gestüt Lindström könnt ihr vergleichen mit der Reitanlage Dagobertshausen. Auf YouTub haben die ouTuer Annica Hansne und BinieBo mal einen Lehrgang dort gemacht. Sucht einfach einen der beiden Namen plus Reitanlage Dagobertshausen, dann findet ihr mehrere Vlogs dort. Weil mein iPad grade leider spackt kann ich keine Videos einfügen, daher müsst ihr leider selber schauen : )

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