13. Kapitel

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Verblüfft lehnte ich in der Tür und schaute auf Dennis herunter. Er wippte etwas nervös auf seinen Schuhsohlen, doch er sah trotzdem nicht so aus, als würde er sich von mir abwimmeln lassen. Die letzte Zeit war er ziemlich gereizt gewesen und er hatte einen Filmtermin nach dem anderen verschoben, weil er sich nicht in der Lage zum Schauspielern gefühlt hatte. Mir war es recht, ich hatte Zeit zum Nachdenken gehabt und war jetzt wieder in Topform für die Rolle von Timo.

Und ehrlich gesagt schuldete ich meinem Setkollegen auch noch etwas dafür, dass er mir vor den zwei Wochen auf die Sprünge geholfen hatte. Also trat ich jetzt, trotz allem zögernd, zurück und ließ Dennis die paar Treppenstufen zu meinem Wohnwagen hochsteigen. Schon daran, wie er sich oben angelangt an mir vorbeidrängen musste, wusste ich, dass es vor allem vom Platz her kein angenehmer Besuch werden würde. Solche Quartiere waren einfach nicht für zwei Personen ausgelegt. Dazu kam, dass die Blechbüchsen so nahe beieinander parkten, dass man kein Fenster aufreißen und frische Luft hereinlassen konnte. Nur ankippen und durch die Wärme stand die Luft draußen still. Wir würden schnell schwitzen, das konnte ich schon jetzt vorhersagen!

Dennis hatte sich bereits auf die Sitzecke fallen lassen und schaute mir mit abwartendem Gesichtsausdruck entgegen. Ich setzte mich ihm gegenüber, verschränkte meine Arme großspurig hinter meinem Kopf und lehnte mich an. "Was gibts denn?", fragte ich lässig und betont uninteressiert und erntete sofort einen Blick wie einen Messerstich. "Kannst du bitte aufhören mich so zu behandeln, als hätte ich dir persönliches Unrecht angetan? Wir sind schließlich Erwachsene und können das ganz normal klären!"

Erst war ich erstaunt, wie er auf einmal außerhalb seiner Filmrolle aufblühte, ohne zu stottern oder unsicher zu werden, dann siegte aber der Bock in mir und ich schnaubte spöttisch. "Sorry Dennis, aber ICH bin erwachsen und DU bist immer noch ein Kind. Schauen wir uns doch mal an. Ich habe für meinen Rang gearbeitet und du bist, tollpatschig wie du es nunmal oft tust, einfach dazugestolpert. Ein Versehen, naja, kann ja mal passieren, aber damit hast du mir tatsächlich persönliches Unrecht getan. Ich würde nämlich gerne auf meinem Thron bleiben! Alle darunter sind für mich Konkurrenz, aber ich kann sie behandeln, wie ich es gerne möchte. Tut mir leid, wenn ich dir wegen den paar Malen", ich wog meinen Kopf spielerisch ein wenig, "irgendwelche Hoffnungen gemacht haben sollte. Das hier ist für mich nur die eine Figur in den einem Film von dem einen Regisseur. Der Rest interessiert nicht. Geb ich dir netterweise als Tipp für die Zukunft, lass den ganzen Schmus drumherum nicht an dich ran. Schauspielern ist eine Arbeit, nichts weiter!"

Dann herrschte vorerst Schweigen in dem kleinen Trailor. Schon jetzt war die Luft hier drinnen stickig und brühend warm. Klitzekleine Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und ließen mich am Ende meiner Rede etwas heftiger atmen, als es nötig gewesen wäre. Auch Dennis glühte rot, aber daran war nicht die Hitze Schuld, das bemerkte ich, als er seine Faust auf den Tisch vor sich schnellen ließ und eine Sekunde brauchte, um sich und seine Wut unter Kontrolle zu kriegen. "Achja? Ich bin das Kind und du der Erwachsene? So lächerlich wie du dich mit deinem Thron und allem aufführst und glaubst, mir etwas über meine Arbeit beibringen zu können, bist du kein Stück besser als ich! Ich hab auch geschuftet um hier stehen und mitwirken zu dürfen, aber im Gegensatz zu dir bin ich nett und höflich und kein arroganter- ...gut, du glaubst also, das war ein Versehen? Dann werde ich dich gerne auslachen, wenn ich dich doch bald überhole. Mit deiner Taktik kommst du nicht weiter! Schauspiel kann nicht trocken und emotionslos sein! Das ist nicht nur ein Job, das-!"

"-muss aus dem Herzen kommen?" Ich war aufgesprungen und stemmte meine Hände vor mir auf den Tisch. Dennis tat es mir gleich, sodass wir uns nun Stirn an Stirn gegenüberstanden und einander böse anfunkelten. "Sowas denken nur Anfänger, Anfänger wie du!" Er knurrte mich an und richtete sich so gut es eben aufgrund des Platzmangels und der niedrigen Decke ging zu seiner vollen Größe auf. Er überragte mich trotzdem knapp. Wie ich es hasste.

"Ich wette mit dir, dass du es so nicht schaffst, deine Rolle bis zum Ende durchzuziehen!"

"Pah, ich halte dagegen du Looser!"

"Dann mach dich schonmal auf eine Niederlage bereit, du-"

Es klopfte und die Tür schwang sofort auf. Hastig drehte ich mich um und sah einen blonden Haarschopf im Eingang erscheinen. "Du Mik, ich bräuchte mal kurz..." Verwirrt schaute Luca zwischen uns beiden hin und her. Warum konnte er nicht einmal warten, bis man ihn hereinrief? Was wenn ich grade geduscht hätte? Jetzt sah er uns beide streiten und würde vielleicht Melzer stecken, dass es ungern gesehenen Zwist in der Crew gab. Doch anstatt seinen Fehler einzusehen und sich zurückzuziehen, begann er plötzlich zu lächeln. "Oh, tschuldigung Jungs, störe ich etwa?" Ja, natürlich störte er! Aber da war noch etwas anderes, dass seltsamerweise nur Dennis verstand. Er stammelte etwas total unzusammenhängendes, wich von mir zurück und räusperte sich dann: "Nein nein, ich, ähm... klärt das ruhig, ich geh in der Zeit mal auf Toilette!" Mit rot glühenden Ohren flüchtete er in den kleinen abgetrennten Raum und ließ mich verwirrt und überfordert mit meinem Bekannten alleine. Wütend fixierte ich ihn, wie er verlegen näher kam. "Hättest du nicht mal warten können, ich war grade mit Dennis am-" Nicht 'am streiten' sagen, ermahnte ich mich rechtzeitig und stoppte einfach mitten im Satz. Das machte Lucas Grinsen noch breiter. Kumpelhaft legte er mir einen Arm um die Schultern: "Tut mir echt mega leid! Wars denn der erste?"

Ich nickte genervt. Jahh, man konnte es durchaus als den ersten großen Krach zwischen uns bezeichnen. Wir hatten einander wirklich noch nie so krass angefaucht. "Davor waren es immer nur kleine Anrempler", gab ich zu und sah, wie Lucas Augen... zu leuchten anfingen? Himmel, der Idiot sah mit einem Schlag unglaublich glücklich aus. Hatte er auch was gegen die Nummer Zwei oder war das wieder so eine Sache, die ich nicht verstand? "Ich wollte mir nur fix mal dein Drehbuch borgen, du hast das doch hier, oder? Ich verleg meins andauernd und die anderen Stuntleute will ich deswegen nicht ständig anpumpen!" Das alte Problem.

Seufzend händigte ich ihm das Heft aus und verabschiedete ihn dann schnell wieder. In der Tür drehte Luca sich nochmal um und zwinkerte mir zu. "Naja, dann viel Erfolg noch!", lachte er und schlenderte pfeifend davon. Ich könnte ihm ab und zu für seine Art eine scheuern!

Und... Action!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt