22.Kapitel

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Die Luft außerhalb des Sets war tausendmal besser, und ich fühlte mich, als würde eine große Last von meinen Schultern abfallen, als ich mich mit jedem Kilometer weiter von diesem Set entfernte, auf dem ich die letzten paar Wochen verbracht hatte, etwas über mich selbst gelernt hatte, und einige interessante Erfahrungen gemacht hatte. Interessant... Nicht das richtige Wort dafür, vielleicht, aber mehr traute ich mich gerade nicht zu denken, denn ich musste mich auf den Verkehr konzentrieren, mich darauf konzentrieren, dass ich vor lauter Freude und Gefühlsschwäche nicht einen Unfall baute; in meinem jetzigen Zustand war das sogar noch ganz denkbar, denn ich war viel zu hibbelig eigentlich, immer noch. Die letzten Tage waren ein einziger Traum gewesen.
Es hatte nach der vermeintlichen Nacktszene, in der ich alles über Bord geworfen hatte, erst so richtig angefangen. Wir hatten das reden an diesem Tag rausgezögert, bis ganz spät abends, als ich schon kaum mehr meine Augen hatte offen halten können, und mich an Mik gekuschelt hatte, belangloses Zeug geflüstert hatte, bis er auf die Szene zu sprechen gekommen war.
" Meintest du das ernst?", hatte er geflüstert, und ich hatte gelacht, mich gezwungen, ihn anzuschauen, und mich dann nach vorne gebeugt, meine Lippen auf seine gedrückt und gelächelt, "Das ist keine Antwort", hatte er gesagt, seinen Arm um mich gelegt.
" Aber du kannst eine daraus machen", hatte ich geflüstert, dann waren mir die Augen zugefallen, und ich war erst in der Nacht aufgewacht, in einem Bett, mit Mik neben mir, der noch schlief, den Mund leicht offen stehend, und den Arm um mich gelegt, ausgebreitet wie ein Vogel. Ich hatte nur lächeln können, bevor ich erneut in den Schlaf abgedriftet war.
Mit einem Hupen wurde ich in die Gegenwart zurück katapultiert, ich hatte beinahe die Grünphase der Ampel verschlafen, mit meiner Tagträumerei, und fuhr nun wieder los, eigentlich darauf bedacht, meine Gedanken nicht wieder so weit abschweifen zu lassen, doch kaum dass ich wieder auf der Landstraße war, dachte ich nur noch daran.
Wir hatten unsere Beziehung nicht direkt öffentlich gemacht; Sofie hatte natürlich ihre Spekulationen gezogen, und vor ihr hatte ich es auch nicht verstecken wollen, doch so andere Leute bekamen kaum etwas davon mit, bildete ich mir ein. Sie zogen vermutlich ihre Schlüsse darüber, warum Mik jeden zweiten Morgen früh morgens aus meinem Trailer kam, und ich alle anderen Tage aus seinem, immer mit diesem leicht verrückten, verliebten Blick in den Augen.
Vermutlich bekamen es mehr Leute mit, als dass sie es nicht mitbekamen.

Meine Heimatstadt lag vor mir, die Großstadt meiner Träume, Berlin. Während ich zu meiner kleinen Wohnung fuhr, begann sich der Alltag wieder einzustellen. Bewerbungen, mit den Agenten reden, und zwischendrin hoffentlich noch etwas Zeit für Mik; er lebte zwar auch in Berlin, aber in einem der schöneren Teile, und wir hatten nicht wirklich darüber gesprochen, wie wir weitermachen wollten; wir wollten zusammen sein, keine Frage, doch ob die Zeitpläne das wirklich zuließen? Ich würde vermutlich verrückt werden, wenn nicht.
Und die ersten Tage gingen tatsächlich noch, weil wir jeden Abend schrieben, doch schon nach einer Woche merkte ich, dass es nicht reichte, wenn wir nur schrieben, oder uns am Tag sahen, ich wollte ihn immer um mich haben, vor allem nachts; ob er das merkte, wusste ich nicht, doch nach zwei Wochen war es so unaushaltbar, dass ich Abends manchmal überlegte, einfach zu ihm zu fahren, doch auf einer Seite traute ich mich nicht, auf der Anderen hatte ich zu viel Angst vor seiner Reaktion. Was, wenn er mich nachts nicht bei sich haben wollte?
Es war dunkel außen, und ich saß auf meinem Sofa, in einer Decke, in die ich mich eingemummelt hatte, um mich nicht ganz alleine zu fühlen; Mik fuhr gerade zu einem wichtigen Auftrag, doch bis gerade hatten wir noch telefoniert und das war schön gewesen; er hatte sich dann entschuldigt, um diesen Auftrag kurz zu erledigen, doch er hatte versprochen, wir würden dann nochmal reden. Ich freute mich schon-
Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken, und ich stöhnte auf, wer störte mich denn um diese Uhrzeit? Doch ich stand auf, öffnete die Türe und- 
"Überraschung", sagte Mik strahlend.
" Was machst du denn hier?"
" Ich wollte dich sehen.", redete er weiter, "Darf ich reinkommen?"
" Wir haben uns erst gestern Mittag gesehen", stellte ich skeptisch klar, obwohl ich ihn am liebsten nur noch an mich ziehen wollte.
" Das reicht mir aber nicht. Ich... Ich liebe dich. Und ich möchte einfach mehr Zeit mit dir verbringen"
Ich nickte, lächelte dann und beugte mich vor, als er mich küsste; ich, immer noch in der Bettdecke eingewickelt, und er, der kalt war von der Nachtluft.
Und ich beschloss, dass es keine bessere Kombination auf der Welt gab.

Und... Action!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt