6.Kapitel

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Vollkommen übermüdet fiel ich auf mein Sofa, fuhr mir mehrmals mit den Händen ruppig übers Gesicht, bevor ich mich einmal ausstreckte. Der erste Tag am Dreh war meist der anstrengendste, der anstand, auf jeden Fall für mich; am ersten Tag fand ich noch nicht so wirklich in meine Rolle, und war deshalb nicht so gut, wie ich sein konnte. Der erste Tag war für mich meist einer, an dem ich mir erst klar werden musste, wie ich die Personen nun darstellen wollte, und ob sie wirklich so sein sollten, wie ich mir das vorgestellt hatte. Wieder fuhr ich mir mit den Händen über das Gesicht, sah dann auf das Textbuch, welches ich flapsig auf den Tisch geworfen hatte, als ich hineinkam, und griff danach.
Heute hatten wir zuerst einmal die Anfangsszenen durchgesprochen, also die, wo mein Charakter sich von seiner langjährigen Freundin trennte, und eine, in der Miks Rolle sein Elternhaus aufgrund seiner Arbeit verließ. Ich seufzte, als ich daran dachte, wie gut sich Mik im Gegensatz zu mir angestellt hatte, wo ich doch zwölf Anläufe gebraucht hatte, um mich auch nur halbwegs wohl in der Rolle zu fühlen, hatte er von vorneherein eine gute Leistung gezeigt, wofür er auch sein Lob bekommen hatte, und das auch dankend angenommen hatte. Selbst als ich ihm sagte, er sei sehr gut gewesen, hatte er gelächelt.
Generell, er war heute unglaublich nett gewesen, hatte sich den ganzen Tag keinen Kommentar über die Lippe gehen lassen- aber ich wollte das nun wirklich nicht in Frage stellen, oder noch länger über Marik nachdenken, wenn es wichtigeres zu tun gab.
Gähnend griff ich nach meinem Textbuch, um mir die nächsten Szenen noch einmal anzusehen, denn morgen wollte ich auf jeden Fall eine bessere Leistung zeigen, damit Mik nicht wieder in seine alte Schleife der Kommentare zurückfallen würde, und um Melzer zu beweisen, dass ich die richtige Wahl für seinen Film war. Also, hieß es für mich, gerade hinsetzen und lernen. Fast, wie zu Schulzeiten.

Ein neuer Tag, und schon als ich die Cafeteria betrat, mir Essen nahm und mich hinsetzte, war irgendetwas komisch, anders; ich wusste nicht genau was, und mich stattdessen mit der Lichttechnikerin mir gegenüber unterhielt, die mir etwas davon erzählte, wie sie in anderen Filmen Effekte mit Schwarzlicht gemacht hatte. Es war doch immer ein Wunder, was vor allem die Techniker bewirken konnten, ob jetzt während des Drehs oder im Endschnitt. Sie lächelte dabei unentwegt, und es war gut zu erkennen, wie viel Spaß sie dabei hatte; doch dann verstummte sie, als sich jemand hinter uns räusperte. Ich drehte mich um, und da stand Mik. Nichts deutete auf irgendetwas hin, was ihm durch den Kopf gehen könnte, als er sich einen Stuhl nahm und sich, als wäre es das normalste überhaupt, neben mich fallen lies. Versucht mal, den Typen zu verstehen, denn ich war nur noch maßlos überfordert. Vor dem Beginn des Drehs hasste er mich, und nun benahm er sich fast freundlich mir gegenüber.
" Na, gut geschlafen, Dennis?", fragte er, und ich sah ihn an, meine Augen rießig, seine Miene nach wie vor unergründlich. Aber ich wollte ihm keinen Grund geben, mich wieder konstant zu erniedrigen, weshalb ich kurz hustete, dann lächelte. Unerwidert, aber egal."
" Ich hab gut geschlafen, Sie hoffentlich auch?"
" Schon mal besser. Heute steht wieder ein arbeitslastiger Tag an, nicht? Aber das kriegen wir beide schon hin, was meinen Sie?", fragte er, und ich nickte, wendete mich dann immer noch ein wenig perplex ab, sah auf mein Essen. Egal was es war, was mit ihm los war, ich wollte es erstmal nicht in Frage stellen, denn auf den 'alten' Mik hatte ich nicht wirklich Lust am Set. Also lächelte ich nur, und machte mir im Stillen meine Gedanken.

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