Worte #Zomdado

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Zombey Pov

Nun stand ich da. Das Geländer mit einem festen Griff umklammert.
Würde ich loslassen, wäre ich frei.
Ich wäre befreit von all meinen Sorgen.
Befreit von meinem Selbsthass! Befreut von der Qual, die ich ertragen muss!
Befreit von mir selbst!

Ich blickte in die Tiefe. Die tosende Flut...sie war wie ein Rachen, welcher nur darauf wartete, mich zu verschlingen. Einfach verschwinden lassen...

Ich war nicht fähig dazu, zu weinen. Ich war nicht fähig, los zu lassen...aber auch nicht fähig, weg zu gehen. Ich könnte ewig so stehen bleiben, an der Grenze zwischen Leben und Tod. Ein kleiner Schritt und alles wäre vorbei! Niemand würde mich mehr hassen oder mir sagen, ich sei ekelhaft oder unnormal! Ich wäre befreit von mir...dem schwulen Micha, den keiner akzeptiert, keiner versteht. Ich hatte weder Freunde noch Familie. Alle haben sich von mir distanziert.
Mich in Depressionen gestürzt. Mich in Alkohol ertrinken lassen. Mich mit einer Klinge alleine gelassen.
Sich nicht um mich gekümmert.
Nur weil ich bin, wie ich bin!

Warum sind Menschen so?
Warum bringen sie Leute, die den Mut aufbringen, ganz sie selbst zu sein, dazu, ihr Leben beenden zu wollen?
Warum ist die Menschheit so tief gesunken?

Je mehr ich nachdachte, desto mehr schien mir das hier eine Lösung zu sein.
Sich einfach fallen lassen...
Zu fliegen...
Zu stürzen...
Der Stimme im Kopf lebe wohl zu sagen...
Sich treiben zu lassen...
Seine Sorgen zu vergessen...
Alles zurück zu lassen...
Zu gehen, für immer...

Ich ließ das Geländer los, als ich an meiner Taille gepackt wurde. Jemand zog mich über das Geländer. Ich konnte nicht reagieren, der Schock war zu groß.
Ich drehte mich um und sah ihn an. Ich sah direkt in seine wunderschönen, strahlend-grünen Augen. Sie hatten so ein besonderes Funkeln...Ich sah Besorgnis, aber auch Erleichterung in ihnen.

,,Warum wollten Sie das tun?", fragte eine unglaublich sanfte und melodische Stimme. Sie beruhigte mich sofort und nahm all meine Sorgen von mir.
,,Ich will einfach nicht mehr...alle hassen mich und ich bin depressiv...Nur Alkohol und gelegentliches Ritzen halten mich am Leben...", flüsterte ich.
,,Das ist aber keine Lösung...denk doch an deine Zukunft!", mahnte mich der Fremde. Ich schaute ihn verwirrt an.
,,Denk an die Leute, die du später kennengelernt hättest! Für die du vielleicht der Grund sein würdest, am Leben zu bleiben! Denen du vielleicht helfen hättest können! Wärst du gegangen hättest du viele Schicksale mit dir in die Tiefe gerissen!", erklärte er.
Noch nie hatten Worte meine Meinung so schnell geändert.
Noch nie hatten Worte mich so berührt.
Noch nie hatten Worte mir solchen Mut gegeben.
Einfache Worte...

Ich nickte. Er sah mich erleichtert an. Dann zog er mich in eine Umarmung. Ich genoss seine Wärme. Er war mein Held, mein Retter. Ich kannte seinen Namen nicht, was aber auch nicht nötig war.
Er hatte mit simplen Worten meine gesamte Welt verändert.
Er hatte mich verändert...

,,Vergesse diese Worte nie und rufe sie immer in Erinnerung, wenn es dir schlecht geht...Versprichtst du mir das?", fragte er sanft.
Ich nickte.
Er löste sich und ging.

Ich habe seinen Namen nie erfahren...
Ich habe nie den Grund erfahren, warum er spät nachts noch unterwegs war...
Ich habe nie seine Geschichte gehört...
Ich habe nie beantwortet bekommen, warum er mir geholfen hatte...

Alles, was ich wusste, war, dass er meinem Leben einen Sinn gegeben hatte...

Mit einfachen Worten...

Youtuber Oneshots❤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt