Kapitel 7: Begegnung

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Als Darius am späten Mittag erwachte, war ich gerade jagen gegangen. Die warme Brise strich mir sanft ein paar Strähnen aus dem Gesicht, während ich schweigsam auf dem Ast einer alten Lerche hockte. Ich beobachtete aufmerksam mein Umfeld und lauschte den vielstimmigen, murmelnden Klängen des Waldes. Plötzlich teilten sich, keine zehn Meter entfernt von mir, die Wacholderbüsche. Heraus trat ein stattlicher Hirsch mit anmutigem Geweih. Völlig lautlos spannte ich meinen Bogen und wartete. Der Hirsch hob witternd die Nase, schnaubte verächtlich und begann auf dem kleinen Stück Wiese zu grasen. Kurz bevor ich ihn erlegen wollte, krabbelten zwei bünnbeinige Junge aus dem Schatten des dichten Laubes. Auch die Mutter ließ nicht lange auf sich warten, und trat an die Seite des Hirschen. Gerührt blieb ich einen Moment still, bis mich diese kleine Familie an meine eigene erinnerte. Früher waren wir oft zusammen im Wald spazieren gewesen, hatten Pilze und Kräuter gesucht und mit den, aus dem Boden sprießenden Blumen, Kränze und Ketten geflochten. Vater hatte mich dann immer 'kleine Prinzessin' genannt und Huckepack, wie ein Pferd, nach Hause getragen. Diese Erinnerung ließ mich traurig werden. Ich schüttelte den Kopf und sprang federleicht vom Baum. Die kleine Reh-Familie ließ ich leben, doch schoss ich noch zwei Vögel und ein Eichhörnchen. Als es schon dämmerte, kehrte ich zur Lichtung zurück. Darius hatte sich hinter einen Felsen verkrochen und schnitzte eifrig mit meinem Messer an einem Holzstück herum. Lächelnd wuschelte ich ihm durch sein schwarzes Haar, und setzte mich zu ihm. "Schau mal Luna" rief er und zeigte mir sein Werk. Es zeigte einen kleinen Drachen mit krummen Flügeln und drei Beinen. "Der eine Fuß ist mir abgebrochen" schluchzte er und vergrub seinen Kopf in meine Schulter. "Ich finde ihn sehr schön" sagte ich und strich ihm über seine roten Wangen. Dann bemerkte ich den langen Kratzer an seinem Hals und erschrack. "Aber Darius! Du bist ja verletzt"! Der Kleine nickte und brabbelte: "Den hab ich gestern bei der-" er brach ab und fing an zu weinen. "Mama... Papa" heulte er leise. "Schhh... Alles wird gut" hauchte ich und drückte ihn wieder. Mein Bruder beruhigte sich wieder und ich zeigte ihm darauf meine Beute. "Hier, ich werde versuchen etwas zu braten. Würdest du für mich ein paar Äste holen" fragte ich und grinste aufmunternd. Darius nickte und hüpfte freudig in den Wald. Als er zurück kam, hatte ich schon die Vögel gerupft, und das Eichhörnchen gehäutet. Mit seinem Feuerstein, den er stets bei sich trug, entfachte er ein kleines Feuer, worauf wir die Tiere brieten. Nach dem wir uns satt gegessen hatten legten wir uns hin, und schliefen aneinander gekuschelt ein. Am nächsten Morgen weckte mich Darius. Er wollte das ich ihm das Jagen beibrachte, also gingen wir zusammen los. Als wir am Nachmittag mit unserer Beute die Lichtung erreichten, erschracken wir heftig. Mitten auf der, von Sonnenlicht erhellten Lichtung, lag eingerollt ein gigantischer schwarzer....
"Drache" keuchte Darius ungläubig.

The Legend of Manar Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt