So vergingen einige Wochen. Ich brachte Darius den Umgang mit dem Bogen bei, und wurde gleichzeitig von Lazul im Schwertkampf und Fliegen unterrichtet. Ich hatte ihn sogar ein- zwei Mal besiegen können, doch das gab er natürlich nicht zu. Der Herbst brach über das Land, und die Bäume standen rot-golden im flimmernden Sonnenschein. Ich war die geborene Drachenreiterin, der Tod von oben wenn man so wollte. Weder Liam und Darius, noch die anderen Reiter mit ihren Drachen aus dem Dorf konnten uns das Wasser reichen. Die kühle Luft strich mir beruhigend am Körper entlang und ich seufzte zufrieden auf. Lazul glitt sanft zwischen den türmenden, schneeweißen Wolken hindurch. Unter uns schreckte der Wind die Baumkronen des Waldes auf, sodass die Blätter gleich einem Meer aus sprühenden Herbstfarben aufwirbelten, sich dem Himmel entgegen bäumten, nur um dann wieder raschelnd abzuebben. Morgen war Atthral, das Fest der Elemente. Den Drachen ist jedes Element heilig. Atthral ist ihre Gottheit, sie steckt in allem, sogar in dem kleinsten Funken einer prasselnden Flamme und in jedem Tropfen eines stürmischen Regenwetters. An jenem Tag finden auch die meisten Reiter ihre Drachen. Gerade waren wir auf dem Weg zu Hobbelnopf um ihm bei den Vorbereitungen des Fests zu helfen. Als wir sein schäbiges Holzhäuschen erreichten, winkte er uns schon freudig aus dem Fenster zu. Im Inneren des kleinen Hauses roch es schon nach Zimt und frischem Teig. Neugierig schlupften Lazul und ich in die qualmende Küche. Überall standen die schönsten Torten, duftende Drachenkekse, feine Pralinés, karamellisiere Äpfel und Erdbeeren, luftige Yoghurttörtchen und allerlei andere Leckereien. Inzwischen der süßen Gebäcke eilte der Gnom geschäftig umher, scheuchte Elfen herum und wedelte hilflos mit verschiedensten Gewürzen umher. "Anis oder Vanille, Anis oder Vanille" murmelte er nervös vor sich hin und blickte die Dosen abwechselnd an. "Oder doch lieber Marzipan"? "Guten Morgen Hobbelnopf" zwitscherte ich munter. Er jedoch murmelte nur weiter vor sich hin und rollte verzweifelt mit den Augen. "Alles in Ordnung? Können wir dir irgendwie helfen" erkundigte sich nun Lazul besorgt. Hobbelnopf schreckte aus seiner Trance und wirbelte zu uns herum. "ANIS ODER VANILLE" schrie er vollkommen fassungslos. Einen Moment war es vollkommen still, selbst die stürmischen Elfen hielten erschrocken inne. "Anis" entgegnete ich, obwohl es eher wie eine Frage klang. Hobbelnopf blickte mich kurz starr an, kratzte sich dann am Hinterkopf und wand sich wieder seinen brodelnden Töpfen zu. "Welch dumme Frage! Natürlich ist es Anis, dummer Hobbelnopf" grummelte er und schüttete eine Prise des Gewürzes in die schäumende Schokoladenmasse. Verwirrt blickte ich zu Lazul, jener legte aber bloß den Kopf schief, rollte mit den Augen und drehte mit seinem Zeigefinger kleine Kreise nahe der Schläfe. "Ähm Hobbelnopf? Wir sind hier um dir bei den Vorbereitungen zu helfen" erklärte ich vorsichtig. "Ah stimmt ja" rief der Gnom überrascht und zog mich an der Hand hinter sich her. An einer Tür zum Dachboden hielt er schließlich an und krakselte die steilen Treppen hinauf. Von oben hörte man das Scheppern von Glas, ein ohrenbetäubendes Poltern, dann ein wehleidiges Knurren und plötzlich ragte sein kleiner schuppiger Kopf aus der Öffnung. Stolz hielt er uns eine schwere Kiste voll mit Girlanden und großen Lampions entgegen. Lazul nahm sie schulterzuckend entgegen. "Hängt sie rings um an dem Lebensbaum, schmückt den Wald und beleuchtetet die dunkelsten Winkel der Klippen" erklärte er und blickte uns abwechselnd aus großen, gelben Augen an. Wir packten die Girlanden ein und ich stieg auf Lazul. Schon bald sausten wir durch die Lüfte zum Lebensbaum. "Mal sehen wie schnell wir sie aufhängen können" murmelte ich herausfordernd und der Drache knurrte zustimmend. Als wir den riesigen Baum erreicht hatten, fasste ich eine Girlande, sprang von dem Rücken des Halblutes hinab und wickelte das eine Ende des bunten Seils an einen dicken Ast nahe der Krone. Dann nahm ich Anlauf, atmete tief durch und stürzte mich, eng an das Seil gedrückt, den Baum hinab. Jubelnd umkreiste ich den dicken Stamm, während die Drachen kreischend um mich flogen. Der Wind wirbelte mein langes Haar auf und ich genoss den atemberaubenden Moment. Als sich die Girlande dem Ende zu neigte, stieß ich mich ab und landete sacht auf Lazul. Wir schmückten auch noch die restlichen Bäume mit bunten Lampions und erhellten die dunklen Felsen mit kleinen, glühenden Kerzen. Gegen Abend waren wir dann fertig und legten uns müde in die Höhle. Ich klopfte lobend Lazul's schuppigen Hals. "Gute Arbeit" raunte er und legte eine seiner Schwingen beschützend über mich. Zufrieden lächelnd schloss ich die Augen und ließ mich ins Land der Träume fallen.
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The Legend of Manar
FantasyDie wundersamen Ländereien Manar's schienen dem Untergang entgegen zu blicken. Nach dem Tot des Königs, hatte sein jüngerer Bruder Ragnar die Macht an sich gerissen. Er wollte alles und jeden in eine grausame Herrschaft stürzen, und vorallem die Fab...