Kapitel 18: Liam

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Verzweifelt blickte ich mich um, während mir der Wind peitschend ins Gesicht schlug. Wo bist du bloß kleiner Bruder? Den Tränen nahe presste ich mich wieder an den Rücken des Drachens. Lazul steuerte zielsicher auf den hinteren Wald im Tal zu. "Nein! Hilfe"! Blitzschnell drehte sich der Drache und stürzte dem Boden entgegen. Mit brennenden Augen erkannte ich Darius kniend auf einer Lichtung, doch, er war nicht allein. Vor ihm, keine zehn Meter entfernt, pirschte sich ein gigantischer Wolf auf ihn zu. Sein Fell war grau und zerzaust, er hatte einen wilden Blick und hechelte gierig. Lazul war kurz davor ihn zu packen, nur noch ein paar Meter trennten uns. Doch da war der Wolf schon verschwunden. Ein etwas kleinerer, feuerroter Drache hatte ihn zu Boden geworfen und schnappte nach der Kreatur. Lazul landete schützend vor Darius und ich sprang leichtfüßig ab. Schnell stürmte ich zu meinem Bruder und hockte mich neben ihm. "Lun? Bist du es" fragte der Kleine mich schwach. "Ja Darius, ich bin es. Du musst keine Angst haben, ich bin ja da" hauchte ich und strich ihm durchs Haar. Eine tiefe Fleischwunde prangte auf seinem linken Oberarm. Schnell riss ich ein Stück von meinem Kleid ab und wickelte oberhalb der Wunde um den Arm um die Blutung zu stoppen. Hinter uns hörte ich das erstickte Jaulen des Wolfes. Darius zitterte am ganzen Körper und war zu schwach um selbst zu laufen. Kurzerhand hob ich ihn hoch und trug ihn zu Lazul. Mein Bruder kuschelte sich eng an meine Schulter und schlief augenblicklich ein. Als ich wieder neben dem Halblut stand, blickte ich zu dem anderen Drachen hinüber. Lazul schien ihn aufmerksam zu mustern. "Wer bist du" raunte er neugierig. Der kleinere Drache neigte seinen Kopf zu Boden. "Mein Name ist Liam. Ich bin ein Feuerdemon aus diesem Tal. Ich spürte soeben einen stechenden Schmerz in der Brust und bin sofort los geflogen. Als ich den kleinen Jungen sah, musste ich ihm einfach helfen, es war wie eine Bestimmung für mich" erklärte er mit stolzer Stimme. Überrascht schnaubte Lazul auf. "Interessant... Der kleine Darius scheint soeben sein Gegenstück gefunden zu haben. Er ist der auserwählte Reiter von Liam". Ich drehte mich erschrocken zu Lazul um. "Was?! Wie ist das möglich"? Liam kam ein paar Schritte auf mich zu und legte sich neben mich hin. "Es ist ganz und gar möglich, dass auch Darius diese Gabe besitzt, immerhin ist er dein Bruder. Es ist eine uralte Erbschaft die in einer Familie weiter gegeben wird. Es kommt der Tag wo ein jeder Drache den Drang verspürt los zu fliegen. Er folgt seinem inneren Instinkt, bis er seinen Reiter gefunden hat. Diesen Prozess kann man nicht unterdrücken, oder gar stoppen. Es ist unsere Bestimmung unser Gegenstück zu finden, unseren Reiter. Nun hat auch Liam seinen gefunden. Die beiden sind nun durch eine starke innere Verbindung für immer aneinander gebunden. Nichts und niemand kann das verhindern" brummte der schwarze Drache und seufzte tief. "Keine Sorge, ich werde mich gut um deinen Bruder kümmern" krächzte Liam. "Nun denn, wir müssen wieder zurück zum Lebensbaum. Los Luna, übergib deinen Bruder an Liam, er wird ihn zu den Elfenstauden bringen" murmelte Lazul. Ich nickte nur und reichte dem feuerroten Drachen den zierlichen Körper. Dieser nahm ihn behutsam zwischen die Zähne und richtete sich dann auf. Auch ich kletterte auf Lazul und zusammen flogen wir zurück ins Tal Innere.

The Legend of Manar Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt