Kaltes Firmament

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Kaltes Firmament

Ich springe auf, den Schmerz in meiner Schulter ignorierend. „JAMES!", schreie ich und beginne los zu laufen. Der Schnee lässt mich einsinken und scheint meine Füße festhalten zu wollen. „JAMES!", schreie ich noch einmal. Die Weide wirft ihre Äste umher und je näher ich komme, desto wütender scheint sie zu werden, aber ich bleibe nicht stehen. Meine Rechte, die immer noch den Zauberstab umklammert, schnellt nach vorne und ich rufe: „Petrificus Totalus!" Wie in einem Geisterfilm erstarren ihre Äste. Ich bleibe auf der kleinen Anhöhe stehen. Meine Brust hebt und senkt sich hektisch, während meine Augen unruhig umher huschen. „James, bitte. Bitte. Bitte", flehe ich leise. Es ist kaum mehr als ein Hauchen. Was hat sich Sirius nur dabei gedacht? Das kann doch nicht wahr sein! Was wenn Snape verletzt ist. Oder schlimmer noch, Moony ihn getötet hat? Oh Merlin. Mein Magen krampft sich zusammen. Das darf nicht sein. Es kann nicht sein. Remus würde sich auf ewig Vorwürfe machen. Und James? Was ist mit ihm? Warum kommen die beiden denn nicht endlich hinaus? „Bitte. Bitte, bitte, bitte", flüstere ich in die kalte Stille der Nacht hinein. Der Vollmond strahlt beinahe hämisch vom klaren Firmament auf mich hinab und lässt den aufgewühlten Schnee glitzern. Ich zittere. Meine Sicht schwimmt etwas, als sich Tränen der Verzweiflung ihren Weg an die Oberfläche bahnen. „Nein", sage ich mir bestimmt, „Sie sind nicht tot. Ganz sicher nicht. Sie werden es schaffen." Mich an diesen Gedanken klammernd warte ich. Die Kälte beißt meine Haut und lässt meine Finger taub werden, doch ich warte. Ich warte darauf, dass die zwei endlich wieder zurückkommen. Es ist still. So still, dass ich sogar mein Herz poche hören kann. Ich spitze meine Ohren. Ist da etwas? Ein Geräusch, ein Scharben? Aufregung lässt mich aufmerksam werden. Mein Körper ist angespannt. Sind sie das? Ja? Ich halte fast schon den Atem an und wirklich, zwei Gestalten hieven sich aus dem Loch zwischen den Wurzeln der peitschenden Weide. Ein Schauer der Erleichterung rollt meinen Rücken hinab. Ich stolpere auf sie zu und helfe ihnen auf. „Geht es euch gut? Ist alles okay?", will ich drängend wissen. James will etwas sagen, doch Snape zischt wütend: „Was sollte das denn Potter?!" James lehnt sich an mir vorbei und blafft: „Falls du's nicht mitgekriegt hast du Volltrottel, ich hab dir grad dein beschissenes Leben gerettet! Ein danke wäre vielleicht angebracht!" „Ein danke?!", Snape klingt etwas hysterisch. Seine dunklen Augen glitzern in der Dunkelheit, als er keift: „Das habt ihr doch geplant gehabt! Mit Absicht! Damit ich schön mal von unten wieder hallo sage? Du und Black, ihr hattet das geplant! Ihr zwei dreckigen Blutsverräter. Wartet nur was Dumbledor dazu sagt! Wartet nur!" James schließt kurz und erschöpft die Augen bevor er kontert: „Natürlich Schniefelus, und deswegen versuche ich dich ja auch zu retten und setz mein eigenes Leben aufs Spiel, ich glaub auch. Sag mal wo bist du eigentlich dagegen gerannt?! Wie hast du es auf diese Schule geschafft, wenn du nicht mal denken kannst? Mal ehrlich Schniefelus, hat dir deine Mutter gar nichts vermitteln können?" Sarkasmus schwingt in seinen Worten mit. Als er seine Augen wieder öffnet sehe ich die Erschöpfung, die sich in ihnen wiederspiegelt, die Wut, die Enttäuschung. „Halt dein dreckiges Affenmaul, Potter", zischt Snape und plustert sich auf. Ich seufze innerlich. Was zur Hölle ist mit seinem Testosteronspiegel falsch gelaufen? „Oh, wartet nur bis wir damit bei Dumbledor sind! Wartet nur! Und wartet nur, bis die Sache mit Lupin rauskommt! Wer wird euch dann noch so unglaublich toll finden, Potter? Wer, wer?!" Mit einer Handbewegung schiebt mich James beiseite und richtet seinen Zauberstab direkt auf Snape. „Wag es nicht Schniefelus!", seine Stimme bebt vor Wut. Zorn lodert in seinen Augen, „Wage es nicht jemandem davon zu erzählen oder ich garantiere dir, dein Leben wird noch mehr zur Hölle, als es das schon ist! Ich schwöre es dir, Snape, ein Wort!" „Drohst du mir etwa Potter?" „Ja, durchaus!" „Oh wartet nur bis es Dumbledor herausfindet", knurrt der Slytherin hasserfüllt, „Wartet nur."

„Nun, es bedarf kaum mehr zu warten Mr. Snape", eine ernste, doch ruhige Stimme, die Stimme Dumbledors durchbricht die Stille. James lässt seinen Zauberstab sinken. Sein Gesicht schimmert weiß im Mondlicht. Die ganze Farbe ist aus seiner Haut gewichen. „Professor Dumbledor", setzt er an, doch seine Stimme bricht. Ich schlucke. Na toll. Was passiert jetzt? „Folgen Sie mir", sagt er scharf, „Es besteht keine Notwendigkeit länger hier draußen zu warten." Ich wechsle einen beunruhigten Blick mit James, bevor wir dem alten Zauberer folgen. Mir wird dezent schlecht als ich an die Konsequenzen denke, die es für Remus geben könnte, wenn Snape es herum posaunt. Alle würden ihn verabscheuen. Die Schüler würden in den Gängen vor ihm zurückweichen. Seine Nachhilfeschüler nicht mehr kommen. Keine entspannten und lockeren Unterhaltungen mit Sirius und James Verehrerinnen mehr. Keine Schokoorgien im Gemeinschaftsraum mehr. Er kann es nicht erzählen! Es würde Moony die Schulausbildung kosten. es würde ihm seine Zukunft kosten! Stumm folge ich Dumbledor ins Schloss. Wir schweigen während wir durch die dunklen und kalten Gänge hinter ihm hereilen. Er strahlt in diesem Moment etwas energisches, Respekteinflößendes aus, sodass sogar James seinen Mund hält. Wir kommen zu seinem Büro und der Schulleiter hält uns mit ernster Miene die Türe auf. Ich trete ein und mein Herz rutscht in die Hose, als ich den vornübergebeugten Sirius sehe, der sein Gesicht in den Händen vergraben hat. Er sieht nicht mal auf, als wir eintreten. Mena und Peter stehen daneben, die Gesichter blass und die Mienen verschlossen. „Setzen Sie sich Mr. Snape", meint Dumbledor und mit nachschwingendem Mantel und energischen Schritten nimmt er auf seiner Seite des Pultes Platz. Zögernd und mit saurer Miene lässt sich Snape neben Sirius fallen. Für einen Moment herrscht Stille, dann wendet sich Dumbledor Sirius zu. „Mr. Black. Bitte erklären Sie, warum Sie das getan haben." Seine blauen Augen ruhen auf dem jungen Black, der nun seinen Kopf anhebt. Seine grauen Augen sind dunkel und glänzen vor Schuld. Mein Herz zieht sich zusammen und ich wende mich ab, als Tränen in meine Augen steigen. Er atmet zittrig aus, bevor er mit hohler Stimme beginnt: „Ich..."sein Blick flackert zu Snape und dann zu James und wieder zu Dumbledor. „Ich hab Snape heut am Vormittag getroffen. Wir haben uns halt so wie immer angezickt und eigentlich war nichts Ernstes. Aber ich hatte sowie so keinen so tollen Tag und dann hat er wieder angefangen über Remus herzuziehen und hat ihm Dinge vorgeworfen und Peter und Mena, James und Emmi. Ich hab rot gesehen und nicht mehr nach gedacht und, dann", wieder schluckt er, „dann hab ich gesagt, dass wenn er wissen will, wo Remus hingeht, dann muss er mit einem Stock den Knoten der peitschenden Weide berühren muss. Damit er dem Geheimgang folgen kann." „Und damit haben Sie ihn in unbeschreibliche Gefahr gebracht", sagt Dumbledor scharf, „Und auch Ihre Freunde. Mr. Potter hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, um Mr. Snape zu retten. Und die Konsequenzen für Mr. Lupin, hätte Mr. Snape das Ende des Tunnels erreicht, wären fatal gewesen. Haben Sie nur einmal darüber nachgedacht, Mr. Black?" Er schüttelt den Kopf, seine Schultern zusammengesunken. „Nein", krächzt er. Sein Blick flackert erneut zu James, der mit vor der Brust verschränkten Armen und eiskalter Miene Dumbledor fixiert. Sirius graue Augen treffen mich und ich blicke nur müde zurück und senke den Blick. Die Reue in seinen Augen erdrückt mich fast. „Es tut mir leid", flüstert er, doch es ist mehr an uns gerichtet als an Dumbledor. „Ich muss Ihnen nochmals klarmachen, dass Ihr Handeln unverantwortlichst war. Sie können sich glücklich schätzen, dass ich von einem Ausrutscher Ihrerseits ausgehe und Sie nicht von der Schule verweise. Sie werden jedoch sehr wohl eine Bestrafung erhalten." „Ich verstehe Professor. Und ich danke Ihnen", antwortet Sirius hohl. „Was?!", platzt Snape wutentbrannt dazwischen, „Er wird nicht verwiesen?! Aber er hat versucht mich UMZUBRINGEN, Professor! Wie können Sie- wie können Sie ihn weiter auf diese Schule gehen lassen?!" „Ich verstehe Ihren Zorn, Mr. Snape", unterbricht ihn Dumbledor kühl, „Aber ich denke, dass immer noch mir die volle Entscheidungskraft obliegt. Wenn Sie einmal Schulleiter werden, können Sie mit solchen Fällen vorgehen, wie auch immer Sie wollen, doch zurzeit ist es meine Entscheidung." Snape holt schon Luft, doch der Schulleiter bringt ihn mit einer Geste zum Schweigen: „Des Weiteren verlange ich von Ihnen das Versprechen, dass Sie absolutes Stillschweigen über diese Sache bewahren. Mr. Lupins Zukunft wäre durch Sie gefährdet, weswegen ich Sie nun dazu verpflichte, dieses Versprechen zu leisten. Und glauben Sie mir. Ich finde heraus, falls Sie es brechen." Mein Atem stockt. Was wenn Snape sich weigert? Es ist als liefere er sich mit Dumbledor einen stillen Machtkampf. Dann senkt er den Kopf und knurrt: „Gut. Ich leiste Ihren Eid."

Tollkirsche- Schwarz wie die VerzweiflungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt