Je näher wir dem Turm auch kommen, das Gefühl will nicht verschwinden. Unruhig sehe ich mich um. Ist dort jemand? Oder- nein. Ich bilde es mir nur ein. Da ist nur die Rüstung. „Ist alles in Ordnung?", fragt mich Nushkins scharf. Ich zucke zusammen. Mein Blick schweift durch den Gang, doch ich nicke: „Ja, alles in Ordnung." Mein Körper ist angespannt und meine schwitzigen Hände umklammern meinen Zauberstab noch fester. Er nickt nur. Er scheint ebenfalls beunruhigt. Immer wieder sieht er sich um, als fürchte er dasselbe, wie ich. Dass uns jeden Moment ein Feind anfällt. Ich rücke näher zu Marlene, die mich ebenfalls verunsichert ansieht. Was ist nur mit uns passiert? Bevor ich weiter nachdenken kann, ertönt mit einem Mal ein Scheppern. Ich schreie spitz auf, als ich herumfahre. Meine Brust hebt und senkt sich hektisch. Mein Zauberstab ist erhoben. Meine Augen geweitet. Mein Herz rast. Die Rüstung ist zu Boden gefallen. Meine Ohren pochen. Ich bin wie versteinert, doch zur selben Zeit so voller Adrenalin. „Keine Sorge", beginnt Nushkins, seine Stimme ist rau, „Hier ist niemand außer uns."
Ich weiß nicht warum, aber die Worte beruhigen mich nicht. Mein Rücken berührt Marlenes Schulter. Ein Schauer durchläuft mich. Unser VgddK-Lehrer dreht sich zu uns um. Entsetzen steigt in mir auf und lähmt meinen gesamten Körper. Ich keuche auf. Seine Augen sind pechschwarz. In ihnen glimmt der Wahnsinn und droht mich zu verschlingen. Meine Hand mit dem Zauberstab zittert unkontrolliert. „Sie?", keucht Marl neben mir. „Was ist mit mir?", kichert der mit einem höhnischen Grinsen, „ich weiß nur, dass ihr beide, die nächsten seid." Er war es die ganze Zeit. Er hat doch immer so getan, als würde er uns helfen und uns vorbereiten. Dabei war er von Anfang an die Gefahr. Wie kann sich ein Mensch so sehr verstellen? „Sie haben May getötet!", würge ich hervor. Die Bilder ihres leblosen Körpers tauchen wieder in meinem Kopf auf. „Wen? Das Mädchen?", hakt er nach und deutet mit seinem Zauberstab auf uns, „Oh, ja, das habe ich. Und jetzt seid ihr dran!" Er schießt einen gelben Zauber auf Marl, die ihn instinktiv abwehrt. So wie er es uns beigebracht hat. Ich weiche zurück. „Wieso haben Sie uns das alles dann beigebracht?", schreit sie wütend. „Was soll ich euch beigebracht haben?", der Mann wirkt verwirrt, doch seine Gesichtszüge verformen sich zu einer grässlichen Grimasse. Was? Was meint er? Er hat doch...? Ich versteh überhaupt nichts mehr. „Professor Nushkins!", fleht Marl ihn beinahe an, „Bitte..." „Wieso sprichst du mich so an?", zischt er, „Was redet ihr daher?" Er fuchtelt mit seinem Zauberstab vor uns umher. Was? Wie...? Ist es ein Verwechslungszauber? Da fliegt der nächste Strahl auf uns zu und sein Gesicht wird zu einer zornigen Fratze. „IHR WOLLTET MICH BETRÜGEN!", donnert er außer sich und macht große Schritte auf uns zu. Bedrohlich ragt er vor uns auf. Marl stolpert und fällt neben mir zu Boden. „Protego!", schreie ich und schirme sie von einem lilanen Strahl ab. Dennoch stöhnt sie auf. Ein dunkler Fleck ziert ihre Wange. Von der Macht des Aufpralles werde ich zurückgeschleudert. Hart komme ich an der Mauer auf. „Umpf" Alle Luft wird aus meinen Lungen gepresst. Mein Körper sieht rot. Adrenalin und Panik rauschen durch meine Adern. Mein Atem geht zu schnell. Mein Herz rast. Meine Augen huschen hin und her. Ich will mich aufrappeln, doch ich kann nicht. Alles klingt, als wäre es weit entfernt, wie durch einen Schleier getrennt. Mena stemmt sich hoch und kommt auf die Beine. Ich will ihr helfen. Doch meine Muskeln reagieren nicht. Ich kann meine Arme und Beine nicht richtig bewegen. Meine Freundin duckt sich unter dem nächsten Fluch weg und sendet selbst einen. Ich schreie ihren Namen, doch ich kann ihn selbst kaum verstehen. Für einen Augenblick flackert der Gang. Rot. Schwarz. Gelb. Sie weicht Flüchen aus, so gut es geht, nur einer streift ihren Umhang, der zerreißt. Nushkins Augen glühen voll sadistischer Euphorie, als er einen dunkelblauen Zauber abschießt. Er trifft Marl unter der rechten Brusthälfte. Ein schriller Schrei, der mir durch Mark und Bein geht, entrinnt ihrer Kehle. Ihr Körper bäumt sich auf und durch den meinen pulsiert Schmerz. Ihr Schmerz. „NEIN!", kreische ich voller Furcht und Wut, „NEIN! NICHT SIE!" Meine Glieder reagieren wieder. Ich springe mit einem Satz auf und schieße einen Fluch ab. Mein Kampfgeist erwacht. All die Dinge, die mir beigebracht wurden und die ich mir beigebracht habe, fallen mir wieder ein. Ich eile zu meiner besten Freundin und bombardiere währenddessen Nushkins mit so vielen Zaubern, wie ich nur kann. Ihr Gesicht ist bleich, doch ihre Brust hebt und senkt sich hektisch. Ich zittere am ganzen Leib. Halt durch, Mena. Ich ducke mich und ein gelber Strahl schlägt hinter mir in die Wand ein. Der nächste streift meinen Arm. Brennender Schmerz schießt meinen Arm entlang, als die Haut aufreißt. Ich zische und versuche ihn zu schocken. Mit einer lässigen Bewegung wedelt er ihn zur Seite und mein Zauberstab fliegt aus meiner Hand. „Stirb, kleines Mädchen", lacht er keckernd auf, „Stirb, sowie die andren beiden!" Von ihm geht eine machtvolle Energie aus, die mir den Atem raubt. Meine Beine halten mich nicht mehr. Ich sinke zu Boden. Mir wird übel, als er näherkommt. Wahnsinn funkelt in seinen, nun schwarzen, Augen. Was ist nur mit ihm passiert? Wie...? Ich verstehe nicht. Ich weiche zurück. Ganz dicht rücke ich an Marls Körper. Er darf sie nicht bekommen. „Dein Ende naht, kleines Mädchen", trällert er und hält mir den Zauberstab ins Gesicht. Ich will zurückweichen, aber nichts gehorcht mir. Mein Ende? Sollte das nicht schon lange da sein?
DU LIEST GERADE
Tollkirsche- Schwarz wie die Verzweiflung
Fanfiction| Fortsetzung von Glücksklee | | 3. Teil der Karneolreihe | (siehe Klatschmohn/Klatschmohnroter Sommer) Der Krieg ist gekommen, das kann niemand mehr bestreiten. Die Dunkelheit hat sich über unsere Welt erhoben. Die Grenze zwischen Gut und Böse wird...