Kapitel 9: Erwachen

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Als ich die Kontrolle über meinen Körper zurück erlange und sofort einen schmerzerfüllten Aufschrei unterdrücken muss, wird mir augenblicklich klar was passiert ist. Dieses Miststück hat uns schon wieder in Gefahr gebracht! Ich hasse "Die Andere" für das was sie mir antut. Sie stiehlt meinen Körper und sperrt meinen Geist an den Ort, an dem alles unangenehme lebt, die Erinnerungen, die Kaede zu mir gemacht haben. Meine Wut steigert sich weiter, als ich eine weitere Kugel abfange, die auf mich zugerast kommt und mich langsam zu meinem Angreifer umdrehe. Meine Augen suchen das Gewirr der Häuser ab und nach nur Bruchteilen einer Sekunde registriere ich eine Bewegung im Dunkel der Nacht. Ich Strecke meine Vectoren nach der Gestalt aus, doch sie befindet sich außerhalb meiner Reichweite. Ohne Furcht nähere ich mich dem Angreifer, während dieser in Panik verfällt und immer unkontrollierter auf mich schießt. Ohne Probleme wische ich die Munition zur Seite und bekomme den Mann zu packen, der in meinem Griff erschrocken aufbricht und versucht mich mit seiner winzigen Pistole zu erledigen. Erbärmlich. Mit einer Bewegung breche ich den Knochen in seinem Arm und seine Schreie Hallen durch die Straßen. "Wer hat dich geschickt?", frage ich emotionslos, doch der vermeintliche Killer beißt die Zähne zusammen. Mit einem unbewegten Gesichtsausdruck lasse ich die Knochen in seinem Bein zersplittern, ein Stück ragt durch das gepeinigte Fleisch. "J-John Bacchus!" Ich lächle kurz, dann zerquetsche ich sein Herz mit einem meiner Vectoren.

Ohne ein weiteres Wort wende ich mich von der verunstalteten Leiche ab und will im Wald verschwinden, da in den umliegenden Häusern bereits die ersten Lichter angehen, als mein Blick auf das Mädchen neben mir fällt. Yuno! Mein Selbstbewusstsein verwandelt sich innerhalb von Millisekunden in eine ungewohnte Unsicherheit. Vorsichtig mache ich einen Schritt auf sie zu, doch sie weicht ängstlich zurück. "Ich werde dir nichts tun.", sage ich und strecke langsam meine Hand nach ihrem Gesicht aus. Sanft streiche ich über ihre Wange, unter der weichen Haut ist jeder Muskel angespannt, bereit um zu fliehen oder zu kämpfen. "Hab keine Angst.", flüstere ich und frage mich im nächsten Moment, warum ich mir überhaupt die Mühe mache. Es wäre ein leichtes, sie einfach zu packen und mitzuziehen, doch irgendwas hindert mich daran ihr erneut Schmerzen zuzufügen. Ich lasse meine Finger ihren Arm hinabgleiten und unsere Hände verbinden sich, während ich ihr ein ehrliches Lächeln schenke. Ihr zarter Körper zittert leicht und dennoch weiß ich, dass sie stark ist, so unglaublich stark für einen Menschen. Sie ist ganz anders als alle, die ich bisher kennen gelernt habe, sie ist wie ich und doch einzigartig. Zum ersten Mal seit ich wieder frei bin wünsche ich mir, dass jemand keine Angst vor mir hat. Es fühlt sich wieder an wie in Kindertagen, als ich mit Kouta... Mein Gesichtsausdruck versteinert wieder und ich ziehe Yuno hinter die Bäume, als die ersten Stimme aus den Gebäuden dringen. Bald werden sie den toten Attentäter entdecken.

Während ich durch den Wald laufe, drehe sich meine Gedanken um Yuno. Ich fühle mich nicht anders, alles funktioniert normal, doch wenn ich sie ansehe beschleunigt mein Herzschlag und werde nervös. Ich war schon so unglaublich lange nicht mehr nervös. Ich benehme mich wie das Kind, dass ich einst war, doch dieses Mädchen ist tot. Ich sollte sie einfach umbringen, schießt es mir durch den Kopf, die Schwäche ausmerzen. Doch bei einem Blick in ihre pinkfarbenen Augen verschwinden diese Überlegungen sofort. Zu ähnlich ist sie mir und zu sehr fühle ich mich zu ihr hingezogen. So fühlt sich Familie an, oder? Ich denke an die anderen Diclonii in der Forschungseinrichtung. Was fühle ich für sie? Ich hab sie nie kennengelernt, doch ich spüre eine Verbundenheit. Vielleicht mag ich sie ja nur, weil sie wie meine Schwestern ist...

Ein plötzlichen Kreischen und darauf folgendes Ziehen an meiner Hand lassen mich abrupt abbremsen. Yuno ist gefallen und ihr Gesicht ist schmerzverzerrt. Selbst im schummrigen Licht des Waldes sehe ich, dass ich Hand ungesund geschwollen ist und ich merke, wie ich in Panik verfalle. Was soll ich nur tun?! Sie braucht einen Arzt oder- Voller Sorge um sie registriert mein Gehirn nur am Rande, dass ich mir zum ersten Mal in meinem Leben Sorgen um einen Menschen mache. Vorsichtig stütze ich sie hoch und sehe mir die Verletzung an, anfassen traue ich mich nicht. Ich fühle mich auf einmal völlig hilflos, meine Vectoren können nur zerstören, nicht heilen. Meine rasenden Gedanken finden nur noch eine Lösung: Sie muss zum Arzt, aber erst morgen früh, wenn sich der Tumult wieder beruhigt hatte. Also nehme ich so kurzerhand hoch, was ihr ein niedliches Quietschen entlockt und trage sie in unsere Höhle.
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Yandere Love Is Bloody (GirlxGirl, Girlslove, Yuri)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt