Kapitel 12

1.1K 92 11
                                    

Kapitel 12

Ich lief gedankenverloren in die Küche und fand sie zusammen an der Küchentheke sitzen. Meine Mutter trank Kaffee und Rhys aß Cornflakes. Als mich meine Mutter sah, lächelte sie.
„Morgen Schatz"
„Morgen", meinte ich nur verwirrt und sah Rhys an, aber der grinste auch bloß. Ich sah mich nach dem Telefon um.
„Suchst du das hier?", Rhys sah mich mit dem Telefon in der Hand fragend an.
„Ja" sagte ich gleich und lief zu ihm, schnappte mir das Telefon und wählte die Nummer meiner Nachbarin. Nach dem dritten Klingeln ging sie endlich ran.
„Smith?"
„Hei Lisa"
„Oh hallo. Gut, dass du anrufst. Hier ist Post für dich abgegeben worden von der Firma wo du arbeitest", ich zuckte zusammen und umklammerte das Telefon noch fester. „Holst du es heute noch bei mir ab?"
„Genau deshalb rufe ich an. Ich wohne gerade zurzeit woanders, deswegen wollte ich dich fragen, ob du die Post an die Adresse schicken könntest, die ich dir gleich nennen werde. Geht das? Und stell bitte keine Fragen"
„Aber sicher doch, kann ich machen. Gut, ich halt den Mund. Wie lautet die Adresse?"
Ich diktierte ihr schnell die Adresse und sie stellte keine Fragen, wie sie es versprochen hatte. Nachdem ich mich bedankt hatte, legte ich auf und atmete aus. Meine Mutter sah mich fragend an.
„Was war das denn? Mit wem hast du telefoniert?", ich sah sie an.
„Mit niemand wichtiges", log ich. Ich lief aus der Küche, aber ich drehte mich nochmals um, und so wie meine Mutter aussah, hatte Rhys ihr ein paar Dinge erzählt. Sollte mir nur recht sein, dann musste ich es nicht tun. Als ich im Zimmer war, sah ich den Laptop auf dem Tisch liegen und machte mich daran, einen Lebenslauf von mir zu verfassen und suchte schon einmal im Internet potenzielle Firmen, bei denen ich mich um eine neue Stelle bewerben könnte. Ich suchte und verfasste Briefe, bis mir langsam die Augen zufielen, aber bevor ich ganz einschlief, hörte ich es an meine Türe klopfen. Zögernd hievte ich den Laptop von meinen Beinen, stand vom Bett auf und lief zur Tür. Rhys stand im Türrahmen und sah mich an.
„Hab ich dich geweckt?", er musterte mich.
„Nein, nein!", ich fuhr mir mit den Händen über meinen Zopf, als ich merkte, dass sich ein Teil meiner Haare aus dem Zopf gelöst hatten und machte ihn kurzerhand auf.
„Ich wollte nur mal sehen, was du so machst. Du hast dich den ganzen Tag nicht mehr blicken lassen"
„Ja, ich hab gearbeitet", er lief ohne zu fragen ins Zimmer. Bevor er das Bett erreichte mit dem Laptop darauf, lief ich schnell hin und klappte ihn zu, bevor er hineinsehen konnte.
„Was tust du da?", ich verkrampfte mich.
„Nichts was dich etwas angeht. Keine Sorge, ich gefährde niemanden. Ich hab nur zu tun. Nur weil ich jetzt für eine Weile hier bin, kann ich nicht alles vernachlässigen", er sah mich lange an, nickte dann aber und gab sich damit zufrieden.
„Deine Oma und deine Mutter sind sehr nett und scheinen sich wohl bei uns zu fühlen, was mich um ehrlich zu sein sehr überrascht. Alle scheinen zufrieden zu sein, außer dir", ich sah auf den Boden.
„Ja, sie wirken glücklich. Habt ihr die Vampire schon gefasst?", ich lenkte vom Thema ab, das wusste ich, aber ich wollte nicht über meine Gefühle sprechen. Ich merkte, dass es ihm nicht passte, dass ich seiner Frage ausgewichen war, aber das war mir egal.
„Nein, haben wir noch nicht, aber wir haben die Bunker alle räumen lassen und neue errichtet. Wir haben vor, die Standorte öfter als gewöhnlich zu wechseln, sodass sie es nicht leicht haben werden", ich sah ihm in die Augen und nickte. Sein Blick durchbohrte mich.
„Was ist?", fragte ich gereizt.
„Irgendetwas hast du doch", ich sah ihn kalt an.
„Selbst wenn ich etwas hätte, würde ich es ganz bestimmt nicht dir sagen. Schließlich sind wir nur hier weil du Informationen von mir wolltest. Das hier ist alles rein geschäftlich", er trat vor mich und sah mich mit funkelnden Augen an.
„Falsch. Ihr seid hier, weil ihr beschützt werden wollt, was verständlich ist bei den Informationen die du weißt", ich lächelte und verschränkte meine Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an.
„Und wieder Falsch. Das Einzige, was ich will ist, dass meine Mutter und meine Oma beschützt werden", das stimmte im Grunde schon, was ich zu ihm sagte, aber ich konnte mir es genauso wenig leisten zu sterben, weil sonst niemand mehr da war, der meine Mutter und meine Oma versorgte. Meine Sorgen wuchsen immer mehr und langsam machte ich mir wirklich ernsthafte Existenzsorgen. Ich spürte seinen Blick auf mir und plötzlich spürte ich tatsächlich, dass er mich am Arm berührte und behutsam hinauf und hinunterfuhr, wie um mich zu beruhigen oder zu trösten. Ich sah ihn an. „Was tust du da?", ich trat einen Schritt zurück. Er sah mich perplex an.
„Sorry, bei uns ist es normal, dass wir uns anfassen um Trost zu spenden oder zu unterstützen", ich sah ihn lange an. Ich wollte diese Berührungen, aber nicht von ihm, er hatte eine Freundin, ich konnte das nicht zulassen.
„Ich habe gedacht, dass das nur fürs Rudel gilt und nicht auch bei Außenstehenden", ich sah, dass ihn diese Frage genauso überraschte.
„Ich muss euch beschützen und deshalb gehört ihr kurzfristig auch zum Rudel", ich nickte und wendete mich ab. Es tat gut zu hören, dass wir nicht allein waren und zu einem großen Teil gehörten, was uns schützte, aber das ‚kurzfristig' bereitete mir große Magenschmerzen. Bald mussten wir diesen sicheren Hafen wieder verlassen und waren wieder auf uns allein gestellt, ohne Schutz und Unterstützung. Umso wichtiger war es, dass ich so schnell wie nur möglich einen neuen Job fand. Rhys sah mich an, als würde er genau wissen, was ich dachte. Gerade wollte er zu mir und etwas sagen, aber dann hörte ich es Klopfen.
„Sophie, bist du noch wach? Ich bin's Luke", ich sah, dass sich Rhys verkrampfte. Ich ignorierte diese Tatsache einfach mal und riss die Türe auf. Luke lächelte, aber als er Rhys sah, wurde daraus nur ein Grinsen. Er hob mir die Briefumschläge und die Briefmarken hin.
„Danke Luke, du bist wirklich ein Schatz", meinte ich lächelnd und drehte mich zu Rhys um, der das ganze kritisch beobachtete. Ich drehte mich zu Luke um und sah, dass er leicht gerötete Wangen hatte. Wieso hatte ich das auch sagen müssen? Ich wendete mich ab und ging zum Bett, legte die Briefumschläge und die Briefmarken darauf und drehte mich wieder zu den zweien um. „Ich würde dann jetzt ganz gern weiterarbeiten", beide sahen mich an, als wäre ich verrückt.
„Es ist 23 Uhr Sophie", meinte Luke. Ich zuckte mit den Achseln.
„Es ist wichtig"
„Schlafen ist auch wichtig", brummte Rhys. Ich sah ihn an.
„Bevor ich damit nicht fertig bin, kann ich sowieso nicht schlafen, also geht jetzt bitte", ich scheuchte sie mit den Händen aus dem Zimmer. Sie konnten nur den Kopf schütteln. Als ich sie endlich los war, machte ich mich sofort daran alles auszudrucken. Ich sah mein Werk an und war zufrieden. Sogar ein schönes Passfotobild von mir hatte ich oben an die Ecke des Lebenslaufs gedruckt. Als ich alles in die Briefumschläge getan und die Briefmarken darauf geklebt hatte war es 3 Uhr morgens. Dann konnte ich endlich einschlafen.

Zeiten ändern sich...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt