Kapitel 20

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Kapitel 20

Mit einem Grinsen im Gesicht lief ich über den Parkplatz, wo Misha gerade mit vor der Brust verschränkten Armen dastand und mit ein paar anderen Leuten redete. Als ich bei ihr angelangt, war sah sie zu mir und musterte mich grinsend.
„Anscheinend hat sich mein Sturkopf von einem Bruder bei dir entschuldigt"
„Ja das hat er", sie musterte mich genau, dann grinste sie, als ich unter ihrer Musterung rot wurde. Sie packte meinen Arm und schob mich etwas von den anderen weg.
„Ihr habt euch geküsst?", fragte sie schon ganz begeistert und ich sah sie abrupt an.
„Nein", wehrte ich sogleich heftig ab und sie machte ein enttäuschtes Gesicht und sah dabei aus wie ein Kind, das seinen Lolli nicht bekommen hatte.
„Schade, du wärst die erste Freundin von ihm, mit der ich mich verstehen würde", meinte sie lachend und ich horchte auf.
„Wieso? Wie waren denn seine anderen?", sie sah mich nachdenklich an und ich fragte mich gerade, ob sie mir etwas vorenthalten wollte. So sah sie nämlich gerade aus.
„Ja weißt du...", sie fuhr sich nachdenklich durch ihre Haare.
„Misha, spuck es schon aus, bitte", sie seufzte.
„Bis jetzt hatte er immer Werwölfinnen als Freundinnen und die sind immer gleich gestrickt gewesen", ich sah sie abwartend an, weswegen sie seufzte. „Total selbstbewusst, von sich eingenommen, total die Tussis eben", na super, ich war das genaue Gegenteil davon. Ich sah an mir herunter. Ich war jetzt nicht mit einem Traumkörper ausgestattet, aber meine Maße waren vollkommen okay. Mein Klamottenstil war nicht so auffällig aber auch nicht zu gammelig. In Punkto schminken konnte ich auch nicht viel Kreativität und Können nachweisen, ich war schon zufrieden, wenn ich mir mal nicht mit der Wimpertusche ins Auge stach. Was konnte ein Mann wie Rhys von einer Frau wie mir schon wollen? Ich war bestimmt nicht diejenige, an die er dachte, wenn er sich eine sexy Frau vorstellte. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Hei Sophie, guck nicht so. Du bist wunderhübsch", ich grinste schwach.
„Danke für deine Aufmunterung, aber ich weiß selbst, dass ich kein Model bin", seufzend wandte ich mich ab, sah aber noch wie Misha, ihre Hand zur Faust ballte, auf ihren Schenkel schlug und Mist rief. Den Rest des Tages sah ich Rhys nur von weitem zu. Er war damit beschäftigt alles zu regeln und neue Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, weswegen ich ihn auch nicht weiter störte. Mit Misha zusammen hatten wir den fleißigen Helfern etwas zu Essen und zu Trinken besorgt. In der anderen Zeit, hatten wir die Beisetzungszeremonie vorbereitet. Ich hatte erfahren, dass es bei den Werwölfen keine Friedhöfe gab, weil die Toten nach einer alten Tradition verbrannt wurden und die Asche über einer Klippe verstreut wurde um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Wir brauchten also Unmengen an Holz, um die Zeremonie vorzubereiten, aber zum Glück hatten uns ein paar Männer geholfen. Ich war schon an einem mitteldicken Baumstamm gescheitert. Anscheinend musste ich ziemlich verzweifelt ausgesehen haben, denn ein Mann hatte den Baumstamm genommen und mich dann auf eine Bank gesetzt. Von wo aus ich ihnen jetzt wieder total nutzlos zugucken konnte. Kurz bevor es Nacht wurde, waren wir fertig mit den Vorbereitungen und alle versammelten sich wieder. Mittlerweile war das gesamte Areal durch Fackeln beleuchtet und die Toten auf dem Holz platziert worden. Überall um das Holz herum wurde gerade noch alles mit Blumen verziert und die letzten Feinschliffe gemacht. Misha legte mir einen Arm um die Schulter und so standen wir da und warteten darauf dass es anfing. In dem Moment als sich alle einfanden und sich im Kreis um die Toten versammelten, kam ich mir irgendwie fehl am Platz vor. Ich hatte von dieser Zeremonie und den Bräuchen keinen blassen Schimmer. Als Rhys anfing zu sprechen löste ich mich von Mishas Umarmung und wollte wieder Richtung Villa laufen, aber Misha hielt mich am Arm fest.
„Wo willst du denn hin?", ich sah sie ernst an.
„Ich gehöre nicht hierher", ich sah wie sie mich nachdenklich musterte.
„Es ist vielleicht besser wenn du es dir von drinnen anguckst", stimmte sie mir zu. Eigentlich hatte ich es locker nehmen wollen, aber es von Misha bestätigt zu bekommen, war wieder eine andere Sache. Ich drehte mich wieder herum und ging gekränkt zurück in die Villa. Mein Weg führte mich direkt in die Küche. Das Gefühl, nicht dazu zu gehören, war wirklich beklemmend und im Moment würde ich alles tun, damit ich mich nicht so einsam fühlen würde. Nach einer halben Stunde hörte ich plötzlich Wölfe heulen und erschrak zu Tode. Schnell rannte ich ans Fenster und sah hinaus, aber die Zeremonie war zu weit weg. Ich sah nur den roten Schein der Fackeln am Waldrand und kurz darauf, wie ein Feuer aufloderte. Das Holz war angezündet worden. Die Wölfe stimmten ein Lied an, das klagend und voller Trauer war, sodass ich eine Gänsehaut bekam und meine Arme um den Körper schlang. Eine Träne rollte über meine Wange und tropfte lautlos auf den Boden. Plötzlich war ich froh allein zu sein, selbst das Licht hatte ich ausgelassen, damit ich draußen wenigstens das Feuer erkennen konnte. Ich saß Stunden am Fenster und wartete. Sie verbrachten den ganzen Abend draußen und warteten, bis alles verbrannt war und dann noch so lange, bis die letzte Glut aus war. So hatte es mir Misha erklärt. Irgendwann war ich allerdings so müde und kaputt, dass ich mich dazu aufraffte, nach oben in mein Bett zu gehen. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen und für heute, versuchte ich meine Gedanken an Rhys und seine Exfreundinnen ruhen zu lassen. Morgen konnte ich mir schließlich immer noch den Kopf darüber zerbrechen.

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