Kapitel 19

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Kapitel 19

Mit schnellen Schritten lief ich den Weg zurück, blieb aber abrupt stehen, als ich plötzlich etwas hörte. Es war ein kratzendes Geräusch. Ich bog ab und folgte dem Geräusch. Hinter mir hörte ich jemanden meinen Namen rufen, aber es war mir egal. Ich rannte zwischen den Häuserblocks entlang und sah mich um, horchte auf das Geräusch. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich es wieder hörte. Gebückt schlich ich weiter und stoppte vor einem kleinen Schuppen, der ziemlich verratzt aussah. Suchend sah ich mich um und entdeckte ein Loch in einer der Wände. Etwas Schweres war davorgeschoben worden, um es zu verdecken. Beherzt packte ich zu und stemmte meine Beine in den Boden um es zur Seite zu hieven. Als ich es endlich geschafft hatte, hörte ich etwas leise wimmern. Ich bückte mich, um in dem kleinen Loch etwas erkennen zu können. Da sah ich zwei Augen aufblitzen.
„Ihr könnt ruhig heraus kommen. Ich tue euch nichts, versprochen", sagte ich sanft. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und ich konnte zwei kleine Gestalten ausmachen. Anscheinend getrauten sie sich nicht, aber wer konnte ihnen das auch verdenken. „Ich bin kein Vampir, ich bin ein Mensch", sagte ich und streckte zaghaft meine Hand hinein, denn ich war mir sicher, dass sie es riechen konnten. Ich spürte eine kalte Nase an meiner Hand und sah verwirrt ins Loch. Ich zog meine Hand wieder heraus und dann sah ich endlich mehr. Es waren zwei kleine Wolfsjungen. Beide waren gleich groß. Sie sahen mich aus ihren funkelnden Augen an und mein Herz wurde mir schwer. Einer nach dem anderen kamen sie aus dem Loch heraus. Sie waren kaum größer als eine Katze. Beide sahen völlig verängstigt aus und zitterten wie Espenlaub. Ich streckte ganz langsam meine Hand aus und sie schmiegten ihre kleinen Köpfe dagegen. Unwillkürlich musste ich lächeln. Tränen brannten in meinen Augen und kurz darauf wollten beide auf meinen Schoß. Ich nahm beide auf meine Arme und trug sie den ganzen Weg zurück, als ich wieder jemanden meinen Namen schreien hörte. Als ich wieder auf dem ursprünglichen Weg war sah ich Rhys.
„Sophie! Gott sei Dank, ich hab mir Sorgen um dich gemacht", sein Blick fiel auf die Welpen in meinen Armen.
„Wo hast du sie gefunden?", er kam zu mir und strich behutsam über die kleinen Köpfe. In seinem Gesicht lag so viel Wärme, dass es mich ganz sprachlos machte. Meine Augen waren nun nicht mehr auf die Welpen in meinen Armen gerichtet, sonder nur noch auf Rhys, aber es dauerte nicht lange, da war der Moment auch schon wieder vorbei. Ein paar Frauen kamen herbeigeeilt und ich gab ihnen die Kleinen. Sie sahen mich alle an, als wäre ich ein Engel, der von Gott persönlich geschickt worden war. Ich sah den Kleinen nach und war zufrieden mit mir, wenigstens etwas geholfen zu haben. Danach wanderten meine Augen wie von allein wieder zu Rhys und ich sah Stolz, Sorge und ein schlechtes Gewissen in seinen Augen.
„Es tut mir leid, ich hätte das nicht sagen sollen", er seufzte. „Es ist nur so, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe und deshalb bin ich etwas wütend geworden"
„Weißt du Rhys, ich bin niemand der sich gern etwas vorschreiben lässt. Nach allem was ich mitbekommen habe, konnte ich einfach nicht tatenlos in meinem Zimmer herumsitzen und Däumchen drehen", er seufzte.
„Ich weiß, aber du bist..."
„Ein Mensch, schon klar Rhys, das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich zu nichts zu gebrauchen bin"
„Das wollte ich nicht sagen", ich sah ihn fragend an. „Ich wollte sagen, dass du mir wichtig bist und ich deswegen nicht will, dass du dich in Gefahr bringst"
„Oh", ich wurde rot, weil ich nicht wusste was ich dazu sagen sollte. „Ich bin trotzdem niemand, der brav Zuhause bleibt", er grinste und streckte seine Hand aus. Ganz sanft fuhr er über meine Wange.
„Ich weiß, genau aus diesem Grund mag ich dich so", er trat noch einen Schritt näher an mich heran und sah zu mir herab. Jetzt nahm er auch noch die andere Hand und legte sie an meine Wange. Sein Blick ruhte erst auf meinen Augen, dann sah er zu meinen Lippen. Er kam mir näher, sah abwechselnd zu meinen Augen, dann wieder meinen Mund an. Ich konnte jetzt seinen Atem auf meinem Gesicht spüren. Fast hatte er meine Lippen erreicht.
„Rhys!", kam es um die Ecke geschossen. Derjenige kam um die Ecke und blieb abrupt stehen, als er uns so sah. Rhys seufzte genervt auf und ließ mich los, dann sah er zu dem anderen Mann. Dieser fühlte sich sichtlich unwohl in seine Haut und ich musste darüber grinsen, auch wenn ich etwas enttäuscht war, dass wir gestört wurden. In Gedanken, hatte ich seine Lippen schon auf meinen gespürt, ihn geschmeckt und mein Hände in seinen vollen Haaren vergraben.
„Was?", kam es genervt von Rhys und ich grinste noch breiter. Wenigstens wusste ich, dass er genauso enttäuscht war, gestört worden zu sein.
„Ähm, wir brauchen noch ein paar mehr Transporter"
„In Ordnung, ich kümmere mich darum"
„Und du solltest dir noch etwas ansehen"
„Ich komme sofort", der Mann nickte und verschwand mit schnellen Schritten. Rhys drehte sich zu mir herum und betrachtete mich entschuldigend.
„Geh nur, ich suche Misha", sagte ich gleich. Er berührte mich schnell an der Wange und lächelte.
„Das holen wir nach", sagte er eindringlich und verschwand dann um die Ecke. Ich konnte ihm nur sehnsüchtig hinterher starren. Bei dieser Hinteransicht war das aber auch nicht gerade fair. Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht machte ich mich dann auf die Suche nach Misha.

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