Kapitel 8

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Niemals hätte ich gedacht, dass ich mir so langweilig werden würde, wenn ich keinen Kontakt mehr zu Sasuke haben würde. Man hätte meinen können, dass ich ihn schon vermisste, eingestehen wollte ich es mir aber nicht wirklich.

Wenn man bedachte, wie viel Ärger ich mir ohne ihn ersparte, ließ es mich schon besser fühlen, auch wenn ich nicht wusste, ob ich wirklich mit ihm in Schwierigkeiten geraten wäre. Die Wochenenden konnte ich nur ziemlich schwer überbrücken. Meistens saß ich in der Küche, las dort ein Buch, machte sauber oder schaute nur blöd aus dem Fenster und dachte darüber nach, was Sasuke machte.

Manchmal auch, was wir wohl eventuell zu zweit hätten machen können, hätten wir Kontakt. Ich fühlte mich dann immer so dumm und war auch immer kurz davor, ihm ein Brief zu schreiben, ließ es dann aber doch. Und auch wenn es nur mickrige fünf Wochen waren, in denen wir uns nicht sahen, hab ich mich noch nie so einsam gefühlt. Er gab mir zwar nicht das Gefühl von Freundschaft und Vertrautheit, doch trotzdem hatte ich jemanden, zu dem ich gehen konnte. Dieses Gefühl von Einsamkeit erlebte ich zum ersten Mal bewusst und fragte mich, ob ich früher schon mal so etwas erlebt habe.

Wenn ja, wie bin ich damit umgegangen? Das waren solche Fragen, die mir am Tag den Kopf zerbrachen und auf die ich wahrscheinlich nie eine Antwort bekommen würde. Um nicht komplett in sinnlosen Fragen zu ertrinken, machte ich einfach Überstunden, um beschäftigt zu sein. Das passte auch gut mit der Jahreszeit zusammen, denn es wurde Herbst. Langsam wurden die letzten Ernten und auch schon die ersten Vorbereitungen für den Frühling getroffen. Es wurde alles stressiger und es gab so viel zu tun, dass ich echt froh war, einen Job zu haben, der mich von meinen Gedanken ablenkte.

Es war ein windiger Herbsttag auf dem Feld, als ich arbeitete. Ich arbeite das erste Mal weiter außerhalb der Stadt. Die wirklich großes Felder waren nämlich weiter entfernt von dem Wald und mehr in der Nähe vom Strand gelegen.

Meine Aufgaben bestanden aus dem Ernten der Kartoffeln, sie zu waschen und zu verstauen. Es waren sehr simpel zu verstehen Aufgaben, körperlich war es aber sehr anstrengend. Völlig verschwitzt stand ich mitten auf dem Feld und rechnete mit Überstunden, wenn ich in diesem Tempo weitermachen würde. Ich war dabei, die Kartoffeln in die Kisten zu lagern, wobei mir meine nervigen Haare ins Gesichts hingen. Es dauerte nicht lange, bis ich keine Geduld mehr hatte und aufstand.

Meine Haare klebten in meinem Gesicht, wahrscheinlich war ich auch noch wegen der Hitze rot angelaufen und an meine Klamotten wollte ich gar nicht erst denken. Mit Mühe wuselte ich die Haare aus meinem Gesicht. Mein Blick fiel dabei auf den Horizont bedeckt mit den ganzen Feldern, die teils bewachsen und teils auch kahl waren. Die Sonne kam ebenfalls direkt aus der Richtung; die Farben der Pflanzen wurden intensiver, die kleinen schwarzen Punkte, die ständig durch die Luft flogen, waren die Blätter der Bäume, die langsam ihren Weg zum Boden suchten. Viele Kilometer auf der rechten Seite konnte man das Dorf schon wieder sehen, links war nur ein Weg, danach wieder Felder und in der Mitte war ich, auf den anderen Feldern. Und umso länger ich auf die wehenden Blätter schaute, fielen mir zwei schwarze Punkte auf, die sich kaum bewegten.

Als Unterstützung hielt ich meine Hand gegen die Sonne, um besser zu sehen. Schon nach kurzer Zeit fiel mir auf, dass es sich um zwei Personen handelte, die auf dem Weg neben den Feldern gingen. Ich war auch nicht die Einzige, die zu den Unbekannten schaute.
Mit meinem rechten Auge konnte ich das Ziel besser anvisieren und erkennen, um wen es sich handelte. Wie aus dem Nichts zog ich plötzlich die Luft ein und hielt sie auch an. Das rötliche im Sharingan hätte ich überall erkannt. Das Sharingan war zudem auch unverwechselbar und rief in mir ein bekanntes Gefühl von Angst aus, aber gleichzeitig auch Freude.

Einerseits verband ich es mit dem Angriff aufs Dorf, aber auch mit Sasuke. Für einen kurzen Moment machte ich mir Sorgen um Sasuke, da andere ihn schon gesehen hatten und er das Dorf auch nicht betreten durfte, bis mir ein weiteres Licht aufging. Es ließ mir die Schaufel aus der Hand fallen, als ich erkannte, dass es sich nicht um Sasuke, sondern um Itachi Uchiha handelte. Er hatte auch seinen Kameraden dabei, auf den ich nicht weiter achtete. Diese schwarzen Mäntel mit den auffälligen Wolken sorgten auf den Feldern mächtig für Aufmerksamkeit und selbst die anderen erkannten die zwei.

Offensichtlich dabei war, dass niemand von dem Besuch der zwei erfreut war. Und zu meiner Überraschung zeigten sie das auch offen. Einer ging sogar zu den beiden und schien mit denen zu reden. Das Gespräch zwischen den dreien holte mich zurück in das hier und jetzt. Ich musste reagieren. Aber ich durfte auch nichts zu Auffälliges machen. Ich war in einem Zwiespalt, was ich tun sollte. Wenn ich einfach weggerannt wäre, würde das wohl am meisten Aufmerksamkeit auf mich lenken.

Vielleicht bildete ich mir auch nur zu viel auf mich ein und die beiden waren gar nicht wegen mir dort. Die Rechtslage dort war, dass die beiden aber durch die Felder gehen durften, um auf die andere Seite des Landes zu kommen. Dafür war Kamigakure überhaupt nicht gut gelegen, da dort oft andere Menschen durchgehen mussten, um ins andere Land zu kommen. Direkt durch die Stadt durften aber keine Abtrünnigen. Die Felder waren nur für das Durchqueren erlaubt, was sogar bald abgeschafft werden sollte.

Kurz zog ich auch das Dorf in Betracht, mit der Hoffnung, dort sicher zu sein, konnte so schnell aber nicht dorthin gelangen. 80 Meter links von mir war das Gewächshaus, wo unter anderem Besprechungen stattfanden und es auch Toiletten gab. Das schien eine gute Alternative zu sein, um mich dort zu verstecken, bis die zwei weit weg waren. Als Tarnung nahm ich drei Kisten mit Kartoffeln auf den Arm, um einen angeblichen Vorwand zu haben, um dorthin zu gehen.  Die Erleichterung wurde immer größer, umso näher ich dem Haus kam, bis ich gegen jemanden lief. Es war mein Chef für diese Abteilung, gegen den ich lief.

„Stell die Kisten einfach an die Wand“, sagte er mir und ging weiter.
Wie befohlen stellte ich die Kiste zu den anderen an die Wand und wollte mich danach in das Haus schleichen, aber die Tür war verschlossen. Die Panik kam in mir hoch, ich rüttelte mit Gewalt an dem Türgriff, konnte aber nichts bewirken.
„Ehm“, sagte ich zu meinem Chef.

Genau hinter ihm sah ich noch um die 500 Meter Itachi und seinen Kameraden stehen, die sich schon von dem Bauer verabschiedet hatten und weitergingen. Mein Herz raste.
„Könnten Sie mir vielleicht die Tür aufschließen?“, fragte ich mit schwitzigen Händen.
„Wieso?“

„Ich müsste auf die Toilette“, log ich mit zittriger Stimme.
„Tut mir leid, ich habe gerade keinen Schlüssel, werden aber gleich einen holen. Ich komme in zehn Minuten wieder“, sagte er und ging.
Mein Lächeln blieb auf meinen Lippen, auch wenn mir danach überhaupt nicht zur Mute war. Andere kamen mit zu dem Haus und stellten ihre Sachen ab. Dabei schienen sie über die Abtrünnigen zu lästern.

Umso mehr sich dort versammelten, desto sicherer fühlte ich mich. Schnell machte ich mir einen Dutt, schnappte mir einen Strohhut, der auf den Kisten lag und setzte ihn mir auf. Meine Kontaktlinsen hatte ich schon aus Gewohnheit drin, deshalb stellte das kein Problem mehr dar; mein rechtes Auge würde mich also nicht verraten.

Da ich relativ klein war, konnte ich mich hinter ein paar Kollegen stellen, denen das nicht mal auffiel. Wir alle hielten einen Abstand von ca. zwei Metern zu den Unbekannten und tuschelten. Es war die Mission von meinen Kollegen, Fremden, besonders Abtrünnigen, deutlich zu machen, dass sie unerwünscht sind. Ich hielt die Luft angespannt an, die Schweißtropfen liefen mir das Gesicht herunter und alle paar Sekunden musste ich meine Hand an meiner Hose abwischen, weil sie so nass war. Angespannt schaute ich auf den Boden, versuchte aber, mich zu entspannen, was nicht funktionierte. Ich wollte einen möglichen Trigger vermeiden, indem ich einfach nicht in die Augen der beiden sehe oder wodurch auch immer ein Trigger ausgelöst werden kann. Die Schritte von denen ließen mich schätzen, wo sie ungefähr waren.

Und als ich die Schuhe sehen konnte, zuckte ich kurz. Dazu kam noch, dass sie stehen blieben. Automatisch schaute ich so doof wie war nach oben. Itachi schaute zu den anderen, die neben mir standen, bis sein Blick auf mir stehen blieb. So eine Selbstbeherrschung hatte ich zuvor noch nicht erfahren. Noch nie habe ich mich so sehr angestrengt, keine Emotionen zu zeigen. Ich wusste nicht, wie lange ich das aushalten konnte, aber ich wurde erlöst.
„Was guckst du denn so?“, fragte einer meiner Kollegen den Uchiha in einem sehr unhöflichen Ton.

Itachi wand seinen Blick ab und ging weiter, genau wie sein Kollege.
Erst, als die beiden schon weiter weg waren, konnte ich ausatmen.
Selbst nach einer halben Stunde zitterten meine Beine noch. Ich versuchte diesen Schock mit Arbeit zu besänftigen, konnte mich aber kaum beruhigen. Letzten Endes zog ich die Arbeit bis spät abends durch. Müde und erschöpft ging ich zurück ins Dorf. Nebenbei nahm ich mir vor, mich gut zuhause auszuruhen und überlegte sogar auch, ob ich eventuell Sasuke schreiben sollte, was am Tag geschehen war. Bis ich zuhause ankam, hatte ich noch keine Antwort darauf gefunden.

Kaum hatte ich die Haustür geschlossen, ging ich ins Badezimmer. Ich ließ das Wasser in die Wanne laufen und ging in das Wohnzimmer. Mit einer Hand schmiss ich die Schlüssel auf den Tisch. Die Zeit verging wie in Zeitlupe, als die Schlüssel in der Luft waren. Ich bekam ein sehr seltsames Gefühl. Keine Ahnung, was es war, aber es hieß nichts Gutes.

Das Klimpern der Schlüssel bedeckte ein weiteres Geräusch. Ein leises Geräusch ertönte im Hintergrund und ich konnte es nicht zuordnen, da es nicht von mir kam. Nichts ahnend drehte ich mich um, um festzustellen, was das für ein Geräusch war.

Und als ich ihn sah, war klar, dass es sich um das Knarren des Bodens handelte, als er sich bewegte. Es war Itachi, der in meiner Wohnung stand und mich anschaute. Seine schwarzen Augen schauten mich ohne Ausdruck an. Ich war starr vor Angst und traute mich nicht, irgendetwas zu machen. Kein Zentimeter von meinem Körper bewegte sich, auch vielleicht tief im Inneren mit der Hoffnung, dass er mich dann nicht sehen würde. Das war natürlich Unsinn.

„Bist du Shizuku Hyuuga?“, fragte er mich.
Ich schüttelte den Kopf, bis ich nachdachte. Wie konnte ich mir sicher sein, dass ich nicht doch diese Person bin? Ich wusste meinen Namen nicht und hatte bis dahin immer nur Naomi genannt.

„Also ich glaube nicht“, stotterte ich.
Ich schaute mich um, eventuell war sein Freund auch mit in meiner Wohnung. Außer Itachi sah ich aber niemanden. Die Tür in die Küche war offen und ich hätte aus dem Fenster springen können. Mit einer langen Einatmung nahm ich meinen Mut zusammen und lief los. Ich fühlte mich gut, als ich endlich meine Beine bewegen konnte, aber zur meiner Verwunderung kam ich wieder im Wohnzimmer war. Ohne auch nur kurz anzuhalten, lief ich nochmal in die Küche, kam aber wieder im Wohnzimmer an. Im Inneren verzweifelte ich und fragte mich, ob ich nun verrückt wurde.

„Versuch‘s erst gar nicht. Seitdem du mir bei den Feldern in die Augen geschaut hast, stehst du unter meinem Gen-Jutsu“, sagte Itachi.

Seine Stimme ertönte im ganzen Raum, kam aber nicht direkt von ihm vor mir. Es war, als wenn er Lautsprecher an der Decke gehabt hatte. Ich fragte mich, was ein Gen-Jutsu war. Ich konnte mir nur vorstellen, dass ich unter seinem Einfluss litt und deshalb auch keine Chance zum Entkommen hatte. Tief atmete ich ein und wieder aus. Und als ich die Augen öffnete, stand ich in meiner Anfangsposition vor ihm. Mit ernsten Augen schaute ich ihn an, obwohl mir sicherlich anzusehen war, dass ich innerlich gerade am Verzweifeln war.

Als Itachi auf mich zukam, wollte ich in Kampstellung gehen, nur wusste ich keine geeignete. Ich verfluchte mich innerlich, dass ich in all der Zeit nicht einmal so etwas geübt hatte, obwohl ich doch so jemanden wie Sasuke kannte, der so etwas gut beherrschte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich an den Tisch zu lehnen und mich weiter nach hinten zu lehnen, umso näher er kam. Mit weit geöffneten Augen starrte ich zu ihm.

Seine Hand kam meinem Kopf sehr nahe, bis ich seine Berührung spürte. Aus Angst kniff ich die Augen zusammen, als er mir den Hut abnahm. Vorsichtig öffnete ich wieder meine Augen, nachdem er den Hut abgelegt hatte. Seine Gesichtszüge ähnelten die von Sasuke sehr und selbst diese kalten Augen hatten sie gleich. Er war um einiges älter als Sasuke, das sah man sofort.

Seine Hand wanderte wieder an meinen Kopf und öffneten dieses Mal meinen Dutt. Ich fragte mich, was das werden sollte. Seine Finger wanderten durch meine Haare und streiften sei damit nach vorne über meine Schulter.

„Nimm die Kontaktlinsen heraus“, sagte er.
Mehr war das ein Befehl, dem ich auch nachging. Es war schwierig, die Linsen herauszubekommen, wenn man Tränen in den Augen hatte. Meine Hände zitterten zudem sehr stark, was auch kein Wunder war, wenn man Todesangst hatte. Nach einer halben Minute hatte ich die Linsen auf den Tisch gelegt, der Blick war auf seine Füße gerichtet.

Itachi hob mit seiner Hand mein Kinn nach oben, damit ich ihn in die Augen schaute. Es war wohl eine Bestätigung für das Auge, welche er suchte. Es war auch der Moment, wo meine erste Träne vor Angst lief. Ich hätte auch nicht sowas sagen können wie: „Ich habe nichts getan, bitte lass mich in Ruhe“, schließlich wusste ich ja gar nicht, ob ich nicht wirklich gar nichts getan habe. Vielleicht hatte ich irgendetwas getan, was ihn verärgert hatte. Aber ich erinnerte mich nicht. Und ich wollte auch nicht sterben.

„Bitte tut mir nichts“, flüsterte ich.
Er ließ mich los.
„Wir werden dir nichts tun, Shizuku“, sagte er.

Ich wurde durch sein plötzliches Verschwinden so verunsichert, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. War das nur eine Ablenkung und waren die wirklich so seltsam? Eigentlich war ich nicht so der Fan davon, Sasuke zu mir zu holen, aber wenn selbst Itachi hier ins Dorf gelangen konnte, dann konnte Sasuke das bestimmt auch. Auch aus dem Grund, dass Itachi das einfach so geschafft hatte, ließ mich in Kamigakure nicht mehr sicher fühlen. Und es klang bescheuert, aber bei Sasuke fühlte ich mich irgendwie sicher und es war nun mal so, dass ich ihn zu dem Zeitpunkt brauchte.

Die Schrift war unordentlich, aber das war mir egal. Ich schickte den Brief per Brieftaube ab. Etwas anderes als zu Warten blieb mir nicht übrig.

Trapped in moonlit * Sasuke ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt