Kapitel 19

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Es war ganz gleichgültig, wann ich es verstand, aber ich verstand, was Itachi zu mir sagte. Diese Erkenntnis hinter seinen Worten kam nicht sofort, sondern bastelten sich wie ein Puzzle über die letzten Tage zusammen und ergaben ein in sich stimmiges Bild. Wenn ich im Nachhinein darüber nachdachte, war es eigentlich total simpel.

Ich schenkte ihm einfach mein Vertrauen, dass er damit recht hatte, nur noch Sasuke würde mir wichtig sein. In den letzten Tagen war ich noch zu betrübt gewesen, es zu merken, aber ich glaubte ihm. Und ich wollte keinen weiteren Fehler machen und mich nicht auch noch damit befassen müssen, dass ich ja am Tod von Sasuke verantwortlich sein könnte. Ich hatte schon genug mit Rens Tod zu tun, da wollte ich nicht für noch einen verantwortlich sein, der mir wichtig war. Aber wenn ich Sasuke beschützen wollte, musste ich ihn von mir fernhalten. Er durfte nicht versuchen, mich dort herauszuholen. Daher musste ich ihn aus meinem ganzen Leben streichen, damit dies nicht passierte. Ihn so auszuschließen, dass er gar nicht mitbekommen würde, was ich tat.

‚War es das, was Sasuke damals auch mit mir versuchte?‘, fragte ich mich selbst in den letzten Tagen so oft, dass ich nicht mal schätzen konnte, wie oft ich mich das eigentlich gefragt hatte.
Es ergab Sinn und das erste Mal verstand ich seinen Gedankengang, wenn seine Antwort auf diese Frage ein ‚ja‘ gewesen wäre. Da ich diesen Rat, Sasuke von mir zu trennen, von Itachi bekam, vermutete ich, dass er ebenfalls Dinge tat, um Sasuke zu beschützen. Aus Gründen, die ich nicht kannte, liebte er ihn immer noch, auch wenn er seinem kleinen Bruder solche schrecklichen Dinge angetan hatte. Trotzdem hatte Itachi recht. Wenn es sich noch für etwas lohnte zu kämpfen, dann für Sasuke.

Dennoch wollte ich mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, obwohl ich schon in einer betrübten Verfassung war. Diese Verfassung wollte ich ausnutzen und stimmte dem Befehl von Pain zu, mich mit Sasuke zu treffen und ihm meine Lügengeschichte aufzutischen. Ich wusste ziemlich gut von mir, dass wenn ich wieder bei klarem Verstand war und ich merkte, wie wichtig mir Sasuke eigentlich war, ich es nicht so einfach tun könnte, wie ich es in dem Moment konnte.

Körperlich erholt hatte ich mich in den letzten Tagen kaum, psychisch eigentlich genauso wenig. Aber solange es noch ging, wollte ich mich mit ihm treffen, was dann auch fünf Tage nach meiner Operation funktionierte. Das wurde auch durch einen Spion von Akatsuki so eingefädelt, dass Sasuke nur flüchtig mitbekam, wo ich mich befand.

Tobi reichte mir meine Kontaktlinse, die ich mir in mein linkes, mein neues Auge setzte. Auch versteckte ich meine ganzen Verbände unter meinem Mantel und achtete darauf, meine mit Gips bedeckte Hand nicht unter dem Ärmel hervorzuheben. Also zusammenfassend konnte man sagen, dass ich gar nichts außer gehen durfte. Tobi hatte inzwischen auch einen Akatsukimantel an. Nur beiläufig hatte ich erfahren, dass ein anderes Mitglied verstorben sei und er nun seinen Platz eingenommen hatte.

„Bereit?“, fragte er.
Ich nickte und stellte mich neben ihn. Zusammen teleportierte er uns zu einem Felsvorsprung. Bedrückt setzte ich mich auf den Boden und schaute mir die grüne Landschaft an, die von wehenden Bäumen und Büschen benetzt war. Auch ein großer See streckte sich über einen großen Raum.

„Er dürfte gleich da sein“, sagte Tobi und setzte sich neben mich.
Und er hatte recht. Schon wenige Minuten später sah ich Sasuke durch die Gegend eilen. Dabei hatte er das Sharingan aktiviert und schaute dabei hektisch um sich herum.
„Ich komme gleich wieder“, sagte ich und stand auf.

„Stell bloß nichts Dummes an“, warnte er mich.
Aber mein ernstes Gesicht und die leicht hochgezogene Augenbraue ließ ihn darauf kommen, dass ich nichts Dummes tun würde und dass seine Bemerkung nur unnötig war. Tobi brachte mich noch nach unten, da ich noch nicht von dem Felsvorsprung springen konnte. Als er mich nach unten brachte, verschwand er danach wieder.

Leise seufzend machte ich mich auf den Weg zu Sasuke, der gerade auf einer Lichtung stand und sich umsah, bis ich ihm ins Auge fiel. Ich stand neben einem Baum und lehnte mich an ihn. Dabei versuchte ich mein Gesichtsausdruck so neutral wie möglich zu halten. Sasuke wollte etwas sagen, sah wohl aber in dem Moment meinen schwarzen Mantel und verstummte daher. Ich setzte die ersten Schritte an und schritt von den Schatten der Bäume in die warme Sonne, die auf uns beide schien.

„Lass es mich erklären“, sagte ich, denn einer von uns musste ja anfangen.
Sein Blick war enttäuscht und hasserfüllt. Aber ich redete weiter.
„Weißt du, ich habe Ren gefunden“, fing ich an. „Aber er ist tot und ich weiß, wer ihn getötet hat. Und Akatsuki will mir nun dabei helfen, diesen Mann zu finden, der mir meine wichtigste Person im Leben genommen hat.“

Während ich redete, achtete ich auf kleine Details. Dass Ren und nicht Sasuke meine wichtigste Person im Leben war, war zwar nur eine Kleinigkeit, aber sie wirkte sich trotzdem auf ihn aus. Mit diesen kleinen Details musste ich ihn von mir trennen.
„Im Gegenzug helfe ich ihnen bei ein paar Sachen, aber das geht in Ordnung. Gerade du müsstest es ja verstehen, ich meine, warum bist du sonst zu Orochimaru gegangen? Ich will auch nur jemanden töten und bekomme eben Hilfe“, sagte ich.

Ich schaute zu ihm und nach einem langen Schweigen stellte er fest, dass ich fertig war.
„Das ist alles?“, fragte er. „Ich habe Tage lang nach dir gesucht.“
Er kam ein paar Schritte auf mich zu und ich sah, wie verärgert er war.

„Dörfer und Städte habe ich nach dir abgesucht, jeden Hinweis bin ich nachgegangen, nur weil es ja die kleine Wahrscheinlichkeit gab, dass dich jemand gesehen hat. Ich dachte, dass dich wer entführt hat, selbst, dass es Akatsuki gewesen sein könnte. Und weißt du Shizuku, ich glaube dir nicht. Ich kenne dich sehr wohl und du bist niemand, der auf Rache aus ist. Zumindest nicht über einen längeren Zeitraum. Zudem würdest du als allerletztes Hilfe bei Akatsuki suchen“, sagte er und kam weiter auf mich zu.

Ich musste zugeben, dass ich von ihm beeindruckt war. Einerseits, da er so viel nach mir gesucht hatte, und andererseits, weil er mich tatsächlich gut kannte. Aber ich durfte nicht weich werden.
„Wenn du mich schon dazu genötigt hast, deinen Bruder zu suchen, hättest du mich auch dazu nötigen können, diesen Mann zu töten“, zischte er mich an.

Dass ich ihn durch Akatsuki ersetze, schien er verstanden zu haben. Er packte mich an meinen Armen, wobei ich mir ein Zucken vor Schmerzen unterdrücken musste, sowie das gequälte Keuchen, das schon in meinem Hals lag.

„Nimm es mir nicht übel, Sasuke“, sagte ich und ging einen Schritt zurück. „Aber es war umsonst, dass du mich gesucht hast. Und durch Rens Tod hat sich eben viel verändert. Unser kleines Abenteuer ist vorbei.“

Zuvor konnte ich mich von seinem Griff befreien, aber als er seine Hand an meinen Hals packte, musste ich vor Schmerzen keuchen. ‚Wenn ich ihn nicht langsam loswerde, wird es brenzlig‘, dachte ich und verengte meine Augen.
„Erzähl mir nichts Dummes“, warnte er mich.

Ich packte sein Arm und musste meine Karte ausspielen, die ich eigentlich nicht gegen ihn verwenden wollte.
„Du bist schwach“, brachte ich hervor. „Du bist viel zu schwach, als dass du mir helfen könntest. Akatsuki hingegen kann mir helfen, du nicht. Warum sollte ich dann also bei dir bleiben? Mit Itachi im Team ist es viel einfacher. Er wird mir nun helfen.“
Man konnte es kaum sehen, aber etwas zerbrach in ihm. Ein kleines, winziges Teil, dass vorher noch sein verkümmerter Rest an Hoffnung, Freude und Liebe war, war nun nach meiner Aussage verschwunden. Gleichzeitig verschwand auch meins, nachdem ich Sasuke so sehen musste.

Er stieß mich mit einem Ruck zurück und schaute von oben auf mich herab. Sein Gesicht war nun kälter als zuvor und ich kam mit dieser Aussage zu ihm durch. Tatsächlich hatte ich es geschafft, dass er mich hasste.

„Dann viel Glück mit ihm an deiner Seite“, sagte er und drehte sich um.
Ich fühlte mich zwar die ganze Zeit scheiße, aber als er sich abwandte, fühlte ich mich besonders dreckig. Wenn ich ihn nach meiner Rettung in Ruhe gelassen hätte, wäre das alles nie passiert. Wenn ich doch nur auf ihn gehört hätte. Und was hatte ich ihm am Ende gebracht? Gar nichts. Ich war nun die diejenige, die ihn den letzten Funken an seiner Menschlichkeit nahm.
Lieber wollte ich ihm hinterher und sagen, dass ich lieber bei ihm bleiben wollte und dass Akatsuki an Rens Tod schuld ist, aber ich musste mich zusammenreißen. Für ihn. Nicht mal ein kleines ‚Alles wird wieder gut‘ oder ‚Ich mein das nicht so, aber das wirst du irgendwann verstehen, wenn ich es dir erklären kann‘, konnte ich ihm sagen. Das Beste, was ich tun konnte, war, mich ebenfalls abzuwenden.

Schweren Herzens tat ich dies dann auch, ohne zu Sasuke zurückzublicken. Ansonsten wäre ich noch in alte Muster gefallen und wäre hinterhergelaufen, was ich mit aller Kraft zu vermeiden versuchte. ‚Es ist besser für ihn‘, sagte ich mir die ganze Zeit in meinem Kopf. Nichtsdestotrotz liefen mir dabei die Tränen herunter und ich rieb unabsichtlich meine Hände, die wie Espenlaub zitterten.

„Es scheint funktioniert zu haben“, hörte ich plötzlich Tobi neben mir.
Ich hatte gar nicht darauf geachtet, dass er auf einmal neben mir erschien. Erschrocken schaute ich zu ihm und wischte mir die Tränen weg. Er brachte uns zurück in den Tempel, in dem ich schon die letzten Tage verbrachte.

„Du hast gut abgeliefert“, meinte er noch.
Ich beließ es kommentarlos und ging einfach von ihm weg, um mich zu beruhigen und nicht um irgendeinen dummen Streit mit ihm anzufangen, den ich am Ende auch noch verlieren würde. Leise schluchzte ich vor mich hin und hatte das Gefühl, dass ich mich selbst gar nicht wiedererkannte. Alles, was ich inzwischen tat, sprach gegen meine Moral und ließ mich daran zweifeln, es wirklich für Sasuke zu tun, wenn ich ihn von mit wegstieß.

Ich war noch vor Akatsuki der Meinung, dass wenn die mich zu sich holen wollen, ich trotzdem an Sasukes Seite bleiben und weiterhin gegen sie sein würde, egal, was sie auch nur vorhatten. Nur dass weil ich ihn hatte, mir nichts passieren würde.

Diesen Gedankenablauf konnte ich immer und immer wieder wiederholen und in meinem inneren Auge abspielen lassen, aber verstehen konnte ich es nicht mehr. Damals – vor nicht mal einer Woche -, hatte ich wohl noch einfach keine Ahnung, wie naiv ich war. Ich dachte wohl, dass die mich dann einfach in Ruhe lassen würden, wenn ich sie abweisen würde. Ansonsten ergab es keinen Sinn, was ich dachte. Hinterher denke ich, dass es besser gewesen wäre, wenn ich mich einfach auf diesen Tag vorbereitet hätte. Aber nun war es sowieso zu spät.

„Man gewöhnt sich dran“, erschien auf einmal Itachis Stimme neben mir.
Zusammengekrümmt saß ich an dem Mondbrunnen im Tempel und schaute mir das sich leicht bewegende Wasser an. Überraschenderweise hörte ich auch auf zu weinen und hatte nur noch den Blick aufs Wasser.

„Inwiefern gewöhnt man sich daran?“, fragte ich ihn.
Er hatte sich in der Zwischenzeit einfach neben mich gesetzt und schaute ebenfalls aufs Wasser. Zu meiner Frage sagte er nichts. Entweder wollte er mir die Antwort nicht sagen, oder er wusste sie einfach nicht.

„Gibt es irgendeine Möglichkeit, Akatsuki zu verlassen, ohne dabei Sasukes Leben zu gefährden?“, fragte ich ihn dann nach einer Weile.

Wenn ich es mir recht überlegte, war es an sich nicht klug gewesen, so etwas ein anderes Akatsuki-Mitglied zu fragen, aber bei Itachi machte ich eine Ausnahme. Er hatte mir das Gefühl gegeben, dass ich ihm so etwas erzählen konnte und dass er mich verstand. Leiden konnte ich ihn deswegen noch lange nicht, aber wenn er schon auf meiner Seite war, traute ich es mich, auch so etwas zu fragen.

„Nein“, sagte er ernst. „Wenn du ihn nicht gefährden möchtest, dann solltest du hier bleiben. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.“

Trapped in moonlit * Sasuke ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt