Kapitel 20

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Direkt nachdem sich meine Knochen und Prellungen erholt hatten, wurde ich sofort zum Training geschickt. Auf die Frage, wer denn mit mir trainieren würde, bekam ich keine Antwort. Schnell musste ich dann aber feststellen, dass es niemand war; ich sollte allein trainieren. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, wie ich mit jemanden zusammen trainiert hätte, daher wusste ich überhaupt nichts mit mir anzufangen, als auf dem Feld stand und mir fest vornahm, zu trainieren. Zwar wollte ich Akatsuki nicht den Gefallen tun, das zu machen, was von mir verlangt wurde, aber ich tat es für mich.

Ich sah mich fast schon gezwungen, mich für das an Pain zu rächen, was Ren angetan wurde. Und da der letzte Kampf nicht positiv für mich ausfiel, musste ich mich mehr anstrengen, um den nächsten Kampf für mich entscheiden zu können. Der Gedanke, dass falls ich Pain besiegen könnte, ich dann auch generell Akatsuki einfach verlassen könnte, wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich wusste zwar nicht, wie die anderen Mitglieder so waren, wie viele es eigentlich noch gab und ob sie irgendwie mit mir im Zusammenhang standen, aber sobald der Kopf der Organisation gefallen war, stand mir nichts mehr im Weg, als Akatsuki hinter mir zu lassen. Wenn ich ihn nicht töten könnte, würde es bestimmt irgendwann ein anderer tun.

Dafür war ein Training Voraussetzung. Beinahe hätte ich auch Itachi gefragt, ob er mit mir trainieren würde, aber dafür war ich dann doch zu stur, wofür ich mir innerlich immer wieder Vorwürfe machte, denn es konnte eigentlich nicht schaden, wenn jemand mit Ahnung und Erfahrungen dabei war, die ich ja offensichtlich nicht hatte.

Die schwarzen Kugeln, die, wie ich Pain einmal hörte, Gudoudama genannt wurden, waren wohl eine starke und sogar flexible Kraft, die ich ausfeilen und perfektionieren könnte. Selbstverständlich wurde mir auch nicht gesagt, wie man das macht, das wäre ja auch zu einfach und nett gewesen. Trotzdem musste ich es versuchen, denn aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund hatte ich Angst, geschlagen zu werden, wenn ich nicht das tat, was mir gesagt wurde. Auch wenn das bis jetzt nicht vorkam, konnte ich es mir gut vorstellen, also tat ich es lieber, bevor mir noch mit Sasuke gedroht wurde.

Als wären die Kugeln nur ein Teig von einem Brot oder einer Pizza, knetete ich ihn vor mich hin und versuchte etwas anderes darauf zu formen, was mir auch gut gelang. Einmal machte ich einen recht krüppeligen Speer aus der Kugel und ein anderes Mal ein Schutzschild. Danach verformte ich die Kugel mit meinen Gedanken, so wie ich es bei dem Kampf gegen Pain tat.
Das war genauso anstrengend, wenn nicht sogar anstrengender als das Kneten.

Es forderte einen großen Teil an Vorstellungskraft und auch Willenskraft, die beide bei mir begrenzt waren.
Gegen Nachmittag legte ich meinen Kopf einfach erschöpft auf einen Baumstumpf ab und schloss die Augen. Zuletzt hatte ich vor ein paar Monaten mit Sasuke trainiert und ich fühlte mich, als wenn ich in einer noch schlechteren Verfassung war als damals. Das war wirklich erschreckend. Aber ich hatte auch niemanden, mit dem ich trainieren konnte.

Der mich aufbaute und mir gut zusprach. Mich dazu motivieren konnte, weiterzumachen. Immerhin konnte ich mich mit ein paar Stunden Training rechtfertigen.
Ehe ich mich versah, war ich auch schon an dem Baumstumpf eingeschlafen. Es kam mir nicht mal so vor, als hätte ich geschlafen. Als hätte ich nur einmal geblinzelt. Aber es waren Stunden vergangen. Das wusste ich, da es dunkel war und ich nur noch die leisen Zikaden hörte, als ich meine Augen langsam öffnete. Das war aber nicht der Grund gewesen, warum ich aufgewacht war.
Ich brauchte eine Weile, um merken, dass mich gerade Itachi zurück zum Versteck getragen hatte. Aber ich sagte nichts und schaute ihn einfach an.
Innerlich zweifelte ich schon ein wenig an meiner Überzeugung, Itachi wäre ein schlechter Mensch. Er schien einen guten Kern zu haben, auch wenn ich seine Taten nicht verstehen konnte und auch die Tatsache, dass er Sasukes Leben zur Hölle gemacht hatte, ließen mich sauer auf ihn sein.

Trotzdem hatte er mir nichts getan. Es war nur das, was ich von anderen hörte, was mich so sauer auf ihn werden ließ. Bis jetzt hatte sich Itachi sogar – auch wenn es schwer für mich war, es einzusehen – um mich gut gekümmert, vor allem im Vergleich zu den anderen Akatsuki-Mitgliedern.

„Du bist wach?“, fragte er nach einer Weile.
„Uh-hm“, sagte ich nur müde.
Wahrscheinlich merkte er das, weil ich nicht mehr so entspannt wie vorher auf seinem Rücken lag, sondern mich inzwischen festhielt und mich umsah. Er ging in einem langsamen Tempo auf den Tempel zu, in dem ich die letzten Tage gewohnt hatte. Ob er auch dort war, wusste ich nicht. Ich sah nie jemanden dort.
„Warum trainierst du nicht mit mir?“, fragte ich ihn nach einer Weile.
Er musste schmunzeln.
„Warum sollte ich mit dir trainieren?“, fragte er zurück.

„Weil ich das Gefühl habe, dass alle von mir erwarten, ich könnte so etwas. Ich habe nur drei Mal mit Sasuke trainiert, aber das ist auch schon lange her. Und jetzt soll ich auf einmal den ganzen Tag allein trainieren? Ich weiß doch nicht mal, was ich überhaupt trainieren soll, denn niemand erzählt mir auch nur irgendetwas über meine Fähigkeiten. Und du kannst mir nicht erzählen, dass die Leute hier nichts über mich wissen, denn ansonsten hätten sie nicht meinen Bruder getötet und mir sein Auge gegeben. Ich weiß auch nicht mal, inwiefern ich überhaupt nützlich sein soll, wenn ich nicht richtig trainiere. Denn wenn könnte ich zum Kämpfen geeignet sein, aber dafür muss man mich auch trainieren“, jammerte ich.

Ich hatte das Gefühl, dass Itachi der Einzige war, der mir zuhörte, auch wenn er mir nicht antwortete. Also musste ich diese Chance nutzen und ihn als meinen Beichtstuhl nutzen.
„Wofür auch immer ich eigentlich kämpfen soll. Ihr scheint auch ohne mich ganz gut klarzukommen, also was will Pain eigentlich?
Lieber wäre ich jetzt noch mit Sasuke unterwegs und würde meinen Bruder suchen, ihn am Ende lebendig finden und einfach ein glückliches Leben mit beiden führen. Ist das wirklich zu viel verlangt?“

Nach einer langen Pause hörte ich ihn einmal leise schmunzeln.
„Liebst du ihn?“, fragte er mich dann einfach.
Das war eine gute Frage. Ich war mir sicher, dass ich die typischen Symptome davon hatte. Mit allen Mitteln wollte ich ihn beschützen, immer für ihn da sein, meine Zeit mit ihm verbringen und den ganzen anderen Kram.

„Als Liebe würde ich es nicht beschreiben“, gab ich ehrlich zu und dachte weiter darüber nach. „Klar, ich hab ihn total gerne und ich würde auch alles für ihn tun, aber Liebe ist es nicht.“
„Aber es könnte eine werden?“, fragte er schmunzelnd nach.
„Ja, ich denke bei mir zumindest schon. Bei ihm weiß ich nicht, der hasst ja alles und jeden“, sagte ich verdrehte dabei die Augen. „Warum fragst du überhaupt?“
Aber ich bekam keine Antwort. Innerlich ärgerte ich mich darüber, dass ich immer alle Fragen beantwortete, aber nie welche beantwortet bekam.
„Weißt du zufällig, was er so macht?“, fragte ich dann nach einer kurzen Stille.
Ich hatte seitdem nichts mehr von Sasuke gehört. Wie auch, wenn ich den ganzen Tag im Tempel war und nicht mal Kontakt zu anderen Menschen außer zu Tobi und Itachi hatte.

„Ich habe gehört, dass er Orochimaru getötet haben soll“, erzählte mir und ich versteifte sofort.
An den seltsamen Orochimaru konnte ich mich nur zu gut erinnern, umso überraschter war ich, dass Sasuke ihn doch tatsächlich umgebracht haben soll, denn eigentlich schienen sich die zwei doch ganz gut zu verstehen.

„Warum, weiß ich nicht“, antwortete mir Itachi, bevor ich meine Frage überhaupt gestellt hatte.
Nachdenklich legte ich mein Kinn wieder auf Itachis Schulter ab und schaute mir den Weg vor uns an. Wir waren schon beinahe beim Tempel.
„Bist du eigentlich auch im Tempel?“, fragte ich.
Es fühlte sich total seltsam an, dass ich eigentlich gefühlt immer allein im Tempel war. Der Tempel war riesig, aber ich hatte noch nie jemanden dort gefunden.
„Wieso stellst du eigentlich so viele Fragen?“, fragte mich Itachi.
„Wieso stellst du immer so viele Gegenfragen?“
Daraufhin schmunzelte er nur.
„Ich war die ganze Zeit im Tempel. Heute gehe ich aber mit Kisame“, sagte er dann doch.
Verwundert drehte ich meinen Kopf zu ihm. Ich hatte ihn nicht einmal gesehen. Oder auch nur gehört.

Trapped in moonlit * Sasuke ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt