Kapitel 1

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Sasuke erzählte mir, dass er mich schon einmal gesehen hatte, bevor er mich rettete. Doch bevor er mich rettete, trainierte er mit Orochimaru und nahm sich vor, mir erst dann zu helfen, wenn ich danach immer noch Hilfe bräuchte. Er ließ sich Zeit und beeilte sich nicht, hoffte schon ein bisschen, dass ich weg war und mir jemand anderes geholfen hatte, damit er nicht derjenige sein musste, der den großen Aufwand von ein paar Minuten machen musste. Aber ich war noch da. Nachdem das Training mit Orochimaru beendet war, betrachtete er zufrieden das demolierte Feld mit den Einschlaglöchern und den brennenden Bäumen. Orochimaru schien auf Sasuke zu warten, doch er regte sich nicht.

„Ich werde nachkommen“, sagte er, ohne sich zu ihm zu drehen.
Es kümmerte ihn wenig, ob Sasuke mit oder nachkam. Er war schließlich alt und stark genug, um auf sich selbst aufzupassen. Kaum war Orochimaru weg, stieg Sasuke von dem Baumstumpf herunter und ging gemütlich über das Feld, vorbei an den brennenden Bäumen. Nach einigen Metern war er an Bäumen angelangt, die nicht mehr brannten und noch grün strahlten. Es war alles schön grün bewachsen und lebhaft, wenn man das Trainingsfeld verließ.

Der Trampelpfad im grünen Wald nach dem Platz ging ca. 10 Meter steil nach unten. Auf dem Weg waren einzelne Steinplatten verteilt, die einen groben Weg andeuteten. Über Sasuke kreuzten sich die bewachsenen Äste und er musste vorsichtig gehen, da der Weg ein wenig mit feuchtem Moos bedeckt war. Die letzten Steinplatten mündeten an einem Fluss. Es war ein warmer Sommertag. Die Sonne war schon dabei unterzugehen, doch heiß genug war es trotzdem, weshalb Sasuke auch oberkörperfrei durch den Wald ging. Die Vögel zwitscherten noch und auch die Grillen zirpten. Bei dem Fluss angekommen betrachtete er die starke Strömung. An einem abgebrochenen Ast, der halbwegs in den Fluss hing, lag ich mit meinem Oberkörper. Sasuke sah mich dort schon vor dem Training hängen, doch er sagte sich, er würde nochmal schauen, wenn das Training vorbei war. Und ich war noch da.

Er schaute sich um, doch sah keine anderen Personen außer uns. Seufzend balancierte er auf dem Ast zu mir und kramte meine langen Haare aus den Ästen, die sich dort über die Stunden festgehakt hatten. Mein Kopf lag seitlich auf dem Ast und ich war bewusstlos. Nach nervigen Minuten voller Wuseln und leise vor sich hin fluchend hatte er meine Haare endlich von Ästen befreien können und kämmte mir die befreiten Haare mit seinen Fingern auf den Rücken. Er packte seine Hände unter meine Achseln, um mich hochzuziehen, was für ihn sehr einfach war.

Genervt schleifte er mich aus dem Fluss auf das Gras neben den Fluss und ließ mich los. Er setzte sich neben mich und betrachtete mich mit einer mies gelaunten Miene. Ich war mit Schnitt- und Schürfwunden übersehen, sowie blauen Flecken und mehreren Prellungen. Er wettete auf einen Kampf, aber meine Kleidung deutete auf keinen Shinobi hin, sondern nur auf einen ‚normalen Menschen‘. Eine weiße Bluse und ein langer, lilafarbener Rock, die aber teils zerrissen waren. Sasuke rang mit sich, ob er mir helfen sollte oder ob er mich dort einfach liegen lassen sollte, so erzählte er es mir später. Es war nicht seine Art, jemanden einfach so zu helfen, aber da ihn niemand sah, schüttelte er mich leicht und klatschte mir vorsichtig gegen die Wangen. Als ich dadurch aber nicht aufwachte, schüttelte er mich an den Schultern stärker. Mit einem Ruck schrak ich auf, wobei ich Wasser ausspuckte. Ich rang nach Luft, atmete stark und hustete.

„Ja danke“, sagte er schlecht gelaunt, als ich ihn mit dem Wasser angespuckt hatte.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt bereute er es, mir geholfen zu haben. Er seufzte und schaute zu mir und als ich mich beruhigt hatte, schaute ich zu ihm. Ich hielt mir die Hand ans Herz und atmete noch schnell.

„Wie wäre es mit einem 'Dankeschön'?“, fragte Sasuke mich.
„Hast du mich gerettet?“, fragte ich.
Sasuke nickte und wartete immer noch.
Ich wollte mich bedanken, doch ich kam nicht dazu. Meine Gedanken waren ganz woanders und irgendwie dachte ich auch, dass ich mich bedankt hatte. Ich schaute mich nur verwirrt um, versuchte meine Gedanken zu ordnen und aufzustehen, doch das würde ohne Hilfe nicht funktionieren.

„Würdest du mir bitte helfen?“

Er seufzte genervt, doch half mir tatsächlich. Mühelos zog er mich mit nur einer Hand hoch, sodass ich stand. Ich fasste mir an den Kopf, als ich stand und auf den Fluss schaute. Mit müden Augen schaute ich zu ihm.
„Wer bist du?“, fragte ich.

Ich schaute dabei zu Sasuke hoch, der zu mir herunterschaute. Ich war bestimmt mehr als einen guten Kopf kleiner als er, doch das schien ihn nicht zu stören.
„Sasuke Uchiha“, sagte er stolz. „Und du?“
Ich schaute weg, mein Blick schweifte auf den Fluss und ich dachte nach.
„Ich weiß es nicht“, sagte ich betrübt.

Erst als er mich fragte, wer ich bin, fragte ich mich das auch. Zuvor hatte ich nicht an mich gedacht. Es war, als wenn ein schwarzer Schleier über mir lag und ich nichts mehr sah. Nicht mehr sah, was passierte.

Ab dem Moment bereute Sasuke es noch mehr, mich gerettet zu haben. Er hatte Angst, dass ich mich an ihn binden würde, da er mich ja gerettet hatte und ich keine Erinnerungen mehr hatte. Er wollte einfach schnell das Weite suchen und mich dort zurücklassen. Und das konnte man an seinem Blick sehen.

„Weißt du nicht mal mehr deinen Namen?“, fragte er nochmal nach.
Ich dachte gründlich nach, doch es war mir entfallen, genau wie alles andere. Gerne hätte ich meinen Namen und alles andere gewusst, doch es blieb verschollen. Während ich versuchte, mich an meinen Namen zu erinnern, dachte Sasuke darüber nach, wie er mich am besten loswerden könnte. Schnell fiel ihm ein, dass er mich einfach den Fluss schmeißen könnte, denn dann würde ich einfach untergehen und er wäre mich los.
„Ich weiß meinen Namen nicht mehr.  Deinen Namen habe ich aber auch noch nie gehört, tut mir leid“, sagte ich.

Sein Vorhaben wurde aber unterbrochen, da er nachdachte. Einerseits fand er es gut, dass ich ihn nicht kannte, da ich dadurch keine Vorurteile ihm gegenüber hatte, andererseits wusste ich damit nicht, in welche Gefahr ich mich damit brachte.
„Du hast noch nie von den Uchihas gehört?“
Ich schüttelte nachdenklich den Kopf. Sasuke dachte daran, mich in den Fluss zu schmeißen, doch ich bekam plötzlich den Gedanken, ihn schon einmal gesehen zu haben. Und dieser Gedanke fühlte sich sicherer an, umso länger ich darüber nachdachte. Aber er drückte ein Auge zu, mich nicht in den Fluss zu schubsen.

„Gut, da du jetzt wach bist, kann ich ja gehen“, sagte er und ließ mich los.
Sein plötzliches Loslassen hatte zur Folge, dass ich wieder zurück auf den Boden fallen musste, denn mein Gleichgewicht und meine Kraft waren noch nicht zu 100% zurückgekehrt. Ihn störte dies nicht wirklich und er ging wieder den Steinpfad zurück nach oben.
„Sag mal, wir kennen uns doch“, sagte ich.

Sasuke blieb stehen. Er hatte gehofft, dass mir das nicht auffallen würde.
„Das glaube ich nicht“, sagte er kühl.
Er wollte gerade weitergehen, doch ich rappelte mich auf und hielt ihn zitternd am Handgelenk fest. Da war er kurz davor, mich wirklich einfach in den Fluss zu schubsen und das sah man sehr deutlich an seiner Körperhaltung und seinem Gesichtsausdruck. Erst besaß ich in seinen Augen die Frechheit, ihn einfach anzuspucken, bedankte mich nicht mal für die Rettung und dann fasste ich ihn sogar einfach noch an.

„Doch, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns schon einmal gesehen haben“, sagte ich.
Sasuke hatte auch das Gefühl, mich schon einmal gesehen zu haben, doch das sagte er nicht.
„Lass mich in Ruhe“, zischte er und blickte mit dem Sharingan zu mir.
Ich erschrak etwas und wich von ihm zurück. Das Sharingan hatte ich auch schon einmal gesehen. Mein Körper wurde starr vor Angst, da sich ein unbeschreibliches Gefühl in mir breit machte, als ich in seine Augen schaute. Da waren auf jeden Fall eine Menge schmerzhafte Erinnerungen, die mit dem Sharingan zusammenhingen.

Langsam fing meine Unterlippe an zu zittern. Es war durch die Wunden und der emotionale Zustand etwas zu viel für mich, weshalb sich bei mir das Licht ausknipste. Ich wäre nach hinten gefallen, hätte Sasuke mich nicht gefangen. Doch was er nun mit mir anstellen sollte, wusste er nicht. Aber es nervte ihn sehr.
„Großartig...“, flüsterte er.
Er nahm mich auf den Arm und wusste nicht ganz, was er machen sollte, oder eher, wohin er gehen sollte.

Circa zwei Kilometer weiter war ein kleines Dorf, welches auch ein Krankenhaus hatte. Er legte mich dort einfach schnell vor der Tür ab und verschwand dann auch wieder. Bevor er mich nicht mehr sah, schweifte sein Blick kurz zu mir. Aber mir würde geholfen werden, ich war auch nicht mehr sein Problem, von daher war ich ihm egal, genau wie die ganze Zeit.
Aber trotzdem fragte er sich, warum er mir dann geholfen hatte. Das hing dann wohl wahrscheinlich damit zusammen, dass er mich scheinbar mal irgendwann gesehen hatte.
Die Sonne war zwar noch nicht untergegangen, doch trotzdem kam Sasuke erst spät zurück. Orochimaru war neugierig, doch er fragte nicht nach, da er wusste, dass er von Sasuke keine richtige Antwort bekommen hätte.

Es hieß, es sei eine retrograde Amnesie gewesen. Mit der Diagnose gab ich mich nicht zufrieden, aber was hätte ich denn tun sollen? Ich hatte selbst keine Ahnung, was mit mir nicht stimmte und ich war auch kein Arzt. Das Gute an einer Amnesie war, dass ich meine Erinnerungen wiederbekommen würde. Da ich aber sogar meinen eigenen Namen nicht mehr wusste, war diese Amnesie eine schwerwiegende und es deutete auch auf ein schweres Trauma oder ein schlimmes Ereignis hin, warum genau ich die Amnesie bekommen hatte. Diese Diagnose gefiel mir gar nicht. Dadurch wollte ich nicht wirklich mehr wissen, was zuvor passiert war, doch gleichzeitig wollte ich es auch wissen. Schließlich müsste ich eine Familie haben, die sich um mich sorgen, wenn diese überhaupt noch lebte. Woher kam ich und warum war ich in einem Fluss? Auch hatte ich Verletzungen, die nicht einfach aus einer Situation oder durch einen kleinen Streit mit einem Geschwisterkind entstehen.

Ich hatte viele Fragen, doch eigentlich wollte ich gar nicht erst die Antworten wissen. Im Inneren war es ein hin und her, ob ich nun alles wissen wollte oder nicht. Letzten Endes konnte ich es sowieso nicht beeinflussen, was ich früher oder später wieder an Erinnerungen bekommen könnte. Von daher lohnte es sich kaum, Gedanken daran zu verschwenden, trotzdem plagten mich die Fragen.

Ich trug die ganzen Fragen, auf dessen Antworten ich wartete, mit mir herum, was auch eine Krankenschwester merkte. Sie war seit einer Woche für mich zuständig, doch helfen konnte sie mir nicht wirklich. Meine Tage dort bestanden eigentlich nur darin, im Bett zu liegen und mal aus dem Fenster zu schauen, doch ich sah nur Bäume. Essen durfte ich unter Aufsicht, damit mir auch nichts passierte. Es wurde so getan, als würde ich gar nicht mehr lebensfähig sein. Es nervte mich. Schwerwiegende Verletzungen hatte ich nicht; nicht mal einen Knochen hatte ich mir gebrochen. Nur ein paar Schürfwunden, Kratzer und Prellungen, die mich in meinem Alltag nicht beeinflussen würden.
„Ich würde gerne einmal ins Dorf“, sagte ich.
Ich wollte wissen, wie der Ort aussah, wo ich mich befand. Zudem hatte ich nichts zu tun. Ich ging auch schon ohne Hilfe auf die Toilette und das war kein Problem für mich. Deshalb traute ich mir selbst zu, mich frei im Dorf bewegen zu können.

Es war gegen die Empfehlung vom Arzt, dennoch hatte sie mich mit nach draußen in die Stadt begleitet. Wahrscheinlich war es aus Mitleid gewesen, aber das war mir recht, solange ich aus dem Zimmer kommen würde. Sie bestand darauf, meinen Arm unter ihren zu haken. Draußen war es noch sehr heiß, obwohl sich der Tag dem Ende zuneigte.

Ich war in einem dieser weißen Krankenhauskleider, die gut durchlüftet waren und ich deshalb auch nicht ganz schwitzte. Kaum waren wir aus den Türen des Krankenhauses, wurde es wie ein Schlag warm. Gesund war es nicht, vor allem, weil ich die kühle Luft aus dem Krankenzimmer gewohnt war, einen Rückzieher wollte ich aber nicht machen. Die regelmäßigen Bäume in der Einkaufsmeile ermöglichten aber einen kühlen Schatten und ein generelles kühleres Klima. Die Einkaufsmeile war nett ausgestattet: ein paar Läden für Klamotten, hier ein Café und dort ein Dango-Laden, trotzdem nichts Spektakuläres. Man konnte dort kaum etwas tun und auch die Leute schienen sehr langweilig zu sein. Nichts Außergewöhnliches.

Und etwas Spannendes machen hätte ich nicht machen können, die Krankenschwester war noch bei mir. Mit anderen Worten: Mir waren die Hände gebunden und ich konnte nur zusehen, wie andere ihr Leben normal lebten und nichts Spannendes machten, außer sich an einem Dienstagabend mit den Arbeitskollegen in ein Café zu setzen, weil man sonst nichts machen konnte. Es wurde für mich erst interessant, als ich Sasuke sah, der sich unter einem Mantel versteckte und an in meine Richtung ging.

Trapped in moonlit * Sasuke ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt