Kapitel 16

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Die Arbeiter am Schalter mussten wohl selbst merken, wie dringend ich nach Kumo musste. Seit geschlagenen zwei Tagen schaute ich gefühlt jede Stunde am Hafen vorbei, um nach einem Schiff zu fragen, dass das Kumo fährt. Aber jedes Mal wurde ich abgelehnt, was auf Dauer ziemlich frustrierend war. Und mit jeder weiteren Stunde spürte ich schon den bevorstehenden Hass von Sasuke, der wie eine Welle auf mich zukommen wird, wenn wir uns wiedersehen.
„Und heute fährt auch wirklich kein Schiff mehr?“, fragte ich verzweifelt nach.

„Nein, tut mir leid, du kannst erst morgen wiederkommen“, sagte er mir.
Wie in den letzten Tagen auch hätte ich mir mit dem Kopf gegen die Wand schlagen können. Ich fühlte mich so dumm, dass ich es nicht mal geschafft habe, auf das richtige Boot zu gehen. Nur eine Aufgabe hatte ich zu erledigen und nicht einmal das konnte ich auf die Beine bringen. Müde ging ich durch die vollen Straßen am Hafen und wusste nicht, wohin ich gehen sollte. In den letzten Tagen war ich in einem Hotel gewesen, aber gemacht hatte ich kaum etwas, da ich mich auf die Suche nach einem guten Schiff konzentrierte.

Und das passierte das, was ich nicht mehr erwartete: Obwohl es schon Mitte Februar war, fing es wieder an zu schneien. Überrascht schaute ich in den Himmel hoch und sah die kleinen Flocken, die sich langsam auf den Weg zur Erde machten. Ein paar davon landeten auch in meinem Gesicht. Nur nebenbei hörte ich einen Mann, der zur seiner Frau sprach. Er fragte sie, ob er ihn auch gesehen habe. Meine Aufmerksamkeit schlich sich unbemerkt zu dem Gespräch der zwei.
„Nein, zum Glück nicht“, antwortete sie ihm.

„Dass er hier nicht willkommen ist, ist ihm denke ich klar“, fügte der Mann hinzu.
Automatisch drehte ich mich zu den beiden Gesprächspartner und dachte sofort an Sasuke.
„Aber bei dem Sharingan kann man ja nie sicher sein, vielleicht kommt er ja auch wieder.“
„Entschuldigen Sie“, mischte ich mich ein. „Meinen Sie Sasuke Uchiha?“, fragte ich.
Sie nickte.

„Wo haben Sie ihn gesehen?“, fragte ich aufgeregt.
„Am See, aber wieso wollen Sie das wissen?“, fragte er nach.
„Wo ist dieser See?“

„Dort“, sagte die Frau und zeigte in eine Richtung. „Durch den Wald am Wasserfall.“
Ohne ein weiteres Wort verließ ich die zwei und machte mich sofort auf den Weg dorthin. Ich drängelte mich durch die ganzen Leute und rannte in den Wald, wobei mein Herz schon vor Anstrengung und Aufregung ganz verrückt schlug. Es überraschte mich, dass Sasuke mich schon gefunden hatte, obwohl ich davon ausging, dass er einfach in Kumogakure auf mich warten würde. Gut, er konnte eigentlich nur erahnen, wo ich sein könnte, aber dass er tatsächlich diesen Umweg machte, rührte mich total.

Den ganzen Ärger, der mich bei ihm erwarten würde, schluckte ich einfach herunter. Das war mir noch nie so egal gewesen; ich wollte mich einfach um seinen Hals werfen und heulen. Das zweite tat ich sogar schon fast und das, obwohl ich noch nicht mal da war.

Der Wasserfall verriet mir, dass ich schon in der richtigen Richtung war. Während ich lief, überschlugen sich meine Beine fast die ganze Zeit und nur der Wille, schneller zu rennen, hielt mich davon ab, nicht hinzufallen und damit Zeit zu verschwenden.

Dass es hinter ein paar Bäumen hell wurde, offenbarte sich als eine Lichtung mit dem Wasserfall. Wie ein zu schnelles Reh sprang ich aus dem Busch und wollte mich abfangen, fiel aber hin. Mein Tempo war wohl zu schnell gewesen, als dass ich einfach so stehen bleiben konnte. Ich überschlug mich einmal und rollte noch ein paar Meter, bevor ich endlich zum Stehen kam. Meine Augen hatte ich zusammengekniffen und mein Bein schmerzte, aber das war nebensächlich.

Ich öffnete auf der Stelle meine Augen und setzte mich auf. Da ich kurz durch den hellen Schnee so geblendet war, nützte es mir nichts, mich umzusehen. Erst nachdem ich mich aufgesetzt hatte und ein paar Mal geblinzelt hatte, kam mein Sichtfeld langsam wieder zurück. Das weiß hüllte alles in meiner Umgebung ein und ließ mich nur schwer etwas erkennen, bis ich an ihm hängen blieb. Meine Freude war aber nicht so hoch, als ich nicht Sasuke in dem Mantel ausmachte, sondern Itachi. Sein Blick war überrascht, genau wie die Gesichter seiner zwei Kameraden, die mich eindringlich musterten.

Den einen kannte ich schon, der, der immer bei Itachi war, aber den anderen kannte ich nicht. Seine Augen waren die eindringlichsten: Dieses stechende Gefühl, dass er alles über mich wusste, wovon ich nur träumen konnte. Es war klar, dass seine Augen besonders waren. Keiner von ihnen rechnete mit mir, genauso wenig wie ich mit ihnen rechnete.

Mein Herz blieb für ein paar Sekunden stehen, aber wenn ich nicht handelte, würde es endgültig stehen bleiben. Ich suchte die Stelle, aus der ich gefallen war, um dort wieder schnellstmöglich hinzukommen, aber bevor ich diese Stelle überhaupt fand, fiel ich erneut nach hinten.

Zumindest dachte ich für einen kurzen Moment, dass ich nach hinten fiel, wurde aber nach hinten gezogen und schwebte fast schon über den Boden. Mit aller Kraft versuchte ich mich gegen dieses unbekannte Jutsu zu wehren, hatte aber keine Chance. Es war nur eine Zeit von ein bis zwei Sekunden, bis ich beim mit den eindringlichen Augen ankam. Er hatte seine Hand nach mir ausgestreckt und mich am Hals gepackt, als ich nah genug war.

Ich keuchte einmal schmerzerfüllt auf und versuchte mich loszureißen, was aber auch nicht funktionierte. Dass es so weh tun würde, am Hals gepackt zu werden, war überraschend. Das lag auch hing auch wohl damit zusammen, dass höchstens meine Zehenspitzen gerade mal auf den Boden ankamen. Aber nicht so nah, dass ich mich abstützen und damit den Schmerz ertragbarer machen konnte. Einige Meter entfernt stand hinter dem Mann ein großer Stein, der augenblicklich in mein Visier gelang.

Wie ich es gemacht hatte, dass ich mit diesem Stein den Platz tauschte, wusste ich nicht, aber das war mir auch gleich, Hauptsache, ich kam von ihm weg.
Die erstaunten Gesichter folgten mir, aber lange ließ ich nicht auf mich warten, bevor ich wieder mit allem, was mir möglich war, zu fliehen. Ein paar Meter ging es auch gut, bis ich wieder nach hinten gezogen wurde. ‚Das kann doch nicht sein‘, dachte ich. Solange er dieses Jutsu bei mir benutzte und ich nicht dahinterkam, um was es sich handelte und wie ich es umgehen konnte, blieb mir wohl nichts anderes übrig, als jeden Fluchtversuch zu unterlassen.

Wie beim ersten Mal wurde ich zurückgezogen und am Hals gepackt, aber das soll’s noch nicht gewesen sein: sobald mich der Mann in seiner Gewalt hatte, nahm er mit der Hand ordentlich Schwung und drückte mich aus der Luft heraus auf den Boden. Ich spürte die Risse von dem Boden an meinem Rücken und konnte nicht mal irgendwelche Laute von mir geben, so sehr schmerzte mein ganzer Körper.

Als ich dachte, dass es damit vorbei war und er mich endlich in Ruhe lassen würde, sah ich den Stab auf mich zurasen, der meine linke Schulter durchbohrte. Erst dann konnte ich schmerzhaft quälend aufschreien. Aus Reflex wollte ich mit meiner anderen Hand den Stab entfernen, was aber nur zur Folge hatte, dass auch meine Hand einen Stab durchgebohrt bekam. Sie war nun über meinen Kopf und zuckte noch vor sich hin, während mir die Tränen aus den Augen liefen. Meine Hand und meine Schulter waren nun im Boden befestigt und nur dann schien er sich sicher zu sein, dass ich nicht nochmal abhauen würde.

„Ich glaube nicht, dass das nötig war“, mischte sich Itachis kalte Stimme ein.
Mein Atem war unregelmäßig, schnappte immer so schnell es ging nach Luft und stieß sie auch wieder aus, nur um ein Ventil für die ganzen Schmerzen zu haben. Ich biss mir auf die Zähne.
„Was wollt ihr?“, brachte ich hervor.

„Wir möchten, dass du Akatsuki beitrittst“, sagte der, dessen Name ich nicht kannte.
„Wieso sollte ich das tun? Was solltet ihr schon mit mir anfangen können?“
Auf diese Frage bekam ich keine Antwort. Stattdessen schauten sich die drei einmal kurz alle an.
„Was hast du denn Besseres zu tun?“, fragte Kisame belustigt.

Fast hätte ich meine Mission, meinen Bruder zu finden, ausgeplaudert, schloss aber doch lieber den Mund. Lieber wollte ich diese Information für mich behalten.
„Du suchst deinen Bruder, nicht wahr?“, fragte der mit den besonderen Augen.
Mein geschockter Blick bejahte seine Frage. Er beugte sich zu mir herunter.

„Wir haben ihn bei uns. Und wenn du ihn jemals wiedersehen möchtest, solltest du lieber mit uns kommen.“
„Und habt ihr einen Beweis, dass er auch wirklich bei euch ist?“, fragte ich ihn.
„Nein, haben wir nicht. Du kannst gerne versuchen, ihn weiterzusuchen, aber du wirst ihn nicht finden.“

Zugegebenermaßen schmerzte es, dass im Raum stand, Ren könnte bei denen sein.
„Ich werde trotzdem nicht mitkommen“, zischte ich ihn an.
Dabei bewegte ich meinen Kopf nach oben, um ihm die Stirn zu bieten, was aber keine so gute Idee war. Er stand wieder auf und schaute mit einem finsteren Blick auf mich herab.
„Gut, wenn das so ist“, sagte er. „Wenn dir dein Bruder nicht am Herzen liegt, tut es Sasuke doch sicherlich auch nicht, oder?“

Die Wut braute sich in mir auf und ich spürte, wie mein Körper heißer wurde. Die Vorstellung, dass sie Sasuke nur meinetwegen etwas antun würden, machte mich ganz verrückt.
„Nein, dass würdet ihr nicht wagen“, war wohl nicht die beste Antwort, die ich geben konnte.
Mein Blick fiel dabei zu Itachi.

„Wieso sollten wir nicht? Wir haben keinen Halt vor deinem Bruder gemacht und wir wissen, wo Sasuke gerade ist. Wie ein Irrer rennt er von einem Hafen zum anderen, um dich zu finden. Gerade ist er noch in Kumogakure“, sagte er mir und die Bilder, die sich in meinem Kopf bildeten, ließen mir Tränen in die Augen laufen.

Ich wollte nicht, dass ihm etwas passiert.
„Warum tust du nichts?“, fragte ich an Itachi gerichtet. „Sasuke ist dein kleiner Bruder, da musst du ihn doch verteidigen“, warf ich ihm vor, aber Kisame lachte nur.
„Er war doch erst der, der die gesamten Uchihas ausgerottet hat“, sagte er noch lachend.
Es ergab nun alles Sinn. Dieser unendliche Hass von Sasuke, den er auf seinen Bruder hatte, dass ich kaum von anderen Uchihas außer den beiden gehört habe und dass Sasuke böse geworden ist, um sich zu rächen. Rache trieb ihn an. Schon bevor ich ihn getroffen hatte, war das sein Ziel.

„Also ist Sasuke deinetwegen so?“, fragte ich ihn und Itachi nickte.
Ich schloss die Augen und riss mich zusammen. Es war moralisch nicht vertretbar, ein Menschenleben über das von mehreren zu stellen, egal, wie wichtig mir Sasuke war. Ich musste vernünftig sein, auch wenn es mir verdammt schwerfiel.

„Ich werde nicht beitreten“, sagte ich sicher, wobei ich mir eigentlich unsicher war.
„Bist du dir sicher? Itachi hat seine ganzen Leute getötet, da wird einer mehr oder weniger gar nicht auffallen“, sagte er.
Ich ließ die Augen geschlossen und versuchte mich im Gedanken abzulenken, nicht zu weinen. Meine Hände zitterten und ich wollte, dass es aufhört.
„Shizuku.“

Seine Stimme war eindringlich, genau wie seine Augen. Als ich meine Augen zusammenkniff, hatte ich damit gehofft, diese Augen loszuwerden, aber wenn die Stimme genauso unerträglich war, hatte es mir mal wieder nichts gebracht.

„Du hast dich so für diese Beziehung mit ihm angestrengt. Und jetzt, nach fast einem Jahr euer Bindung möchtest du ihn da mit hineinziehen? Dafür sorgen, dass er deinetwegen stirbt? Nur weil du dich nicht zusammenreißen kannst? Wie egoistisch.“

Mir war durchaus bewusst, dass seine Worte eine reine Manipulation war und dass hinter diesen Worten wahrscheinlich gar nichts steckte. Aber es brachte mich zum Ende. Ich wollte es nicht riskieren, dass er seine Drohung vielleicht doch wahr werden ließ und mir die Schuld an Sasukes Tod gab.
Mir wurden die Stäbe aus dem Körper gezogen.
„Du hast noch drei Tage Zeit, um zu überlegen. Wenn du deine Antwort hast, komm nach Amegakure. Dort werden wir auf dich warten“, sagte er.

Ich öffnete langsam die Augen und spürte die Tränen meinem Gesicht herunterlaufen, bis sie an meinen Ohren ankamen. Er war der Erste, der sich von mir abwandte. Danach ging ihm auch Kisame hinterher und Itachi war noch der Einzige, der noch bei mir stand. Auch er ging schon wenigen Sekunden, sodass ich allein dort im Schnee lag und nicht mehr wusste, was ich tun sollte. ‚Wäre es zu riskant, wenn ich zu Sasuke gehen würde? Wahrscheinlich‘, dachte ich.
Erschöpft setzte ich mich auf.
„Wartet“, sagte ich.

Die drei blieben stehen und schauten zu mir. Ich durfte Sasukes Leben nicht riskieren. Er rettete meins und das sollte nun der Dank dafür sein?
„Ich komme mit“, sagte ich trocken und versuchte aufzustehen, was nicht so einfach war.
Meine Schulter schmerzte, genau wie meine Hand.
„Das ging ja schnell“, sagte der vorderste und ging weiter.

Itachi und Kisame warteten noch auf mich, bis ich die beiden eingeholt hatte. Beide gingen hinter mir weiter, sodass ich in der Mitte war.

Trapped in moonlit * Sasuke ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt