Tevin musste ein Gähnen unterdrücken. Roneck führte sie seit dem frühen Morgen durch dunkle Tunnel. Sie waren aufgestanden, hatten eine Kleinigkeit gefrühstückt, sich von Rijas verabschiedet und wanderten nun schon seit Stunden durch enge Gänge. Nebeltänzer, Flocke und Scills Brauner trotteten gemütlich hinter den vieren her. Der Stallknecht hatte sie schon gestern Abend für den Aufbruch ihrer Herren bereit gemacht und heute Morgen waren sie von ihnen abgeholt worden. „He Roneck! Ich hab ne Frage." Rief Tevin vom Ende des Zuges nach vorne.
„Was willst du denn wissen?"
„Es hat mit den Ratsmitgliedern zu tun, die an Scills Audienz teilgenommen haben."
„Was ist mit ihnen?" Fragte Roneck zurück.
„Es waren Zwerginnen dabei, die genau wie die Männer Rüstungen an hatten. Sind das auch Kämpfer?"
„Ja und Nein. Im Zwergenreich erhält jeder einzelne Zwerg eine Ausbildung im Kampf. Später wählt er dann den Beruf, den er machen will. Im Rat gibt es wenige echte Krieger. Nur drei an der Zahl. Der Oberbefehlshaber, der Kriegsstratege und der oberste Ausbilder für unsere Sprösslinge. Die weiteren Ratsmitglieder sind die Chefin der allgemeinen Arbeiten, eine Lehrerin die unserem Nachwuchs alles Wichtige über das Leben unter und über der Erde beibringt, drei Weise die alles über unsere Vergangenheit und selten sogar über unsere Zukunft wissen und unser oberster Magier. Bei wichtigen Entscheidungen helfen diese Neun dem König das zu entscheiden, was für sein Volk am besten ist."
„Die drei Alten, wie alt sind die?" Wollte Tevin wissen.
„Ist das nicht ein klein wenig unhöflich so etwas zu fragen?" zischte Kolina leise in Tevins Richtung, dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern.
„Ich bin mir selbst nicht ganz sicher. Ich glaube der älteste unter ihnen ist an die achthundert Jahre alt." Antwortete Roneck auf Tevins Frage.
„Uff, kein Wunder, dass sie aussehen wie alte Steine." Flüsterte Tevin. Kolina musste grinsen und auch Scill der Tevins Worte gerade noch so verstanden hatte musste sich ein Lachen verkneifen. „Das ist ganz normal..." Erklärte Roneck plötzlich. Tevin zog verlegen den hochroten Kopf zwischen die Schultern. Er hatte gedacht, dass Roneck ihn nicht hören würde. „...je älter ein Zwerg wird, desto grauer wird sein Haar, aber auch seine Haut. Stirbt ein Zwerg im Kampf ergeht es ihm wie den Menschen, er wird begraben und die Erde holt ihn sich zurück. Wird ein Zwerg jedoch alt, so alt wie einer unserer Weisen, so wird er müde. Seine Muskeln werden schwach und er kann sich nur mühsam bewegen. Wie schon gesagt seine Haut und sein Haar werden grau wie Steine und irgendwann wird auch das Blut in seinen Adern immer fester und erstart völlig. Dann ist der Zwerg in die ewigen Hallen seiner Urväter eingetreten und nur sein Körper bleibt zu Stein erstarrt zurück, sodass am Ende aller Tage, in der letzte großen Schlacht, die Seele zurück in ihren ursprünglichen Körper kann um das Böse ein letztes Mal zu bekämpfen." Verlegen schwiegen die jungen Erwachsenen bei den voller Ehrfurcht gesprochenen Worten Ronecks. „Möchtest du noch etwas wissen?" Fragte dieser Tevin ohne auch nur im Geringsten verärgert zu klingen. Er schien es Tevin nicht übel zu nehmen, dass er sich über die Weisen lustig gemacht hatte. „Nein. Danke dass du mir meine Fragen beantwortet hast."
„Gern geschehen."Gegen Mittag des 19 Tages, Scill glaubte jedenfalls, dass es Mittag war, erreichten sie einen Ausgang. Sie waren am südlichen Rand der Berge angelangt. „Das ist unglaublich!" Rief Kolina. Sie standen am Rande einer hohen Plattform und blickten in das weite Tal unter ihnen. Am Fuße des Berges streckte eine große Stadt ihre zahlreichen Türme in den Himmel. Das musste Karopin sein. Das Grau der Mauern und Türme leuchtete matt im Sonnenlicht. Die roten Schindeln der Dächer jedoch strahlten hell und die bunten Fahnen, die an jedem Turm flackerten, zeigten eine Farbenpracht, wie sie Kolina noch nie in einer Stadt gesehen hatte. Im Osten war der Bergwald zu erkennen und im Westen erstreckten sich weite Flächen hügeligen Graslandes. Am Rande des südlichen Horizonts war ein rötlich gelber Streifen zu erkennen. Das musste der Anfang der Wüste sein, die sich im feurigen Land erstreckte. Auch dunkle Schatten waren dort zu erkennen, das mussten die ersten Ausläufer des Vulkanfeldes sein. „Wir danken dir Roneck. Du warst ein guter Führer. Es ist unglaublich wie schnell wir hier her gekommen sind." Bedankte sich Scill. Freundschaftlich drückte dieser Scill kurz an sich. „Es war mir eine Freude. Ich hoffe wir sehen uns wieder wenn du dann König bist. Lebt wohl." Richtete er das Wort auch noch kurz an Kolina und Tevin, dann drehte er sich um und verschwand im Tunnel hinter ihnen, dessen Eingang sich sofort wieder schloss, nachdem er eingetreten war. Es war ein sehr kurzer Abschied gewesen. Verblüfft starrte Scill Roneck hinterher. Er schien keiner zu sein der viel von Abschied nehmen hielt. „Wir sollten uns an den Abstieg wagen." Meinte Scill um das unangenehme Schweigen zu brechen. Keiner hatte etwas gesagt. Sie waren zu überrascht von dem fast schon überstürzten Weggang des Zwerges. Tevin und Kolina nickten einverstanden.
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Das Drachenamulett
FantasyIm Grunde führt Skill ein ganz normales Leben. Zusammen mit seinem Großvater lebt er in den Bergen in einem Land voller Schönheit und Magie. Doch als das große Turnier der Drachenkämpfe ansteht und Skill in die Hauptstadt reist um daran teilzunehme...