Kapitel 2

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Jemand rüttelte unsanft an meiner Schulter. Stimmen summten in meinem Kopf wie ein aufgebrachter Bienenschwarm und meine Kehle fühlte sich ausgetrocknet an und schmerzte. Allmählich sickerten einzelne Wortfetzen zu mir durch. Erschreckt riss ich die tränennassen Augen auf und wich vor dem hellen Licht zurück, bis ich einen Widerstand im Rücken spürte. Eine Stuhllehne. Ich bin bei diesem Monster, schoss es mir durch den Kopf, er hat mich verschleppt und ich bin ihm ausgeliefert, und im selben Augenblick packte mich jemand am Handgelenk und zischte meinen Namen. Immer wieder. Panisch schlug ich in die Richtung, in der ich meinen Peiniger vermutete, doch meine kleinen Fäuste trafen nichts als Luft.

"Luce, ich bin es, Jordan, beruhig dich verdammt nochmal!", drang eine mir bekannte Stimm an meine Ohren. Überrascht hielt ich inne. Was macht Jordan denn hier? Erst nach mehrmaligem Blinzeln klärte sich mein Blickfeld und Jordans Silhouette erschien vor mir. Ein Alptraum. "Lass mich los es geht wieder", stammelte ich und atmete tief durch. Langsam, so als würde er meinen Worten nicht trauen, ließ er meine Handgelenke los, während er mich mit seinen blauen Augen skeptisch musterte. Genau wie der Typ. Zittrig holte ich Luft und verschränkte die Arme vor der Brust, denn als ich meine unmittelbare Umgebung wieder wahrnahm bemerkte ich, dass sich ein Teil der Studenten aus der Vorlesung zu mir umgedreht hatten und mich anstarrten. Wie peinlich. Kann sich bitte ein Erdloch für mich auftun und mich für immer verschlucken?
"Alles wieder okay, Luce?", raunte mir Jordan zu und ich wandte mich ihm halb zu, die Leute um mich herum ignorierend. Ob alles okay war? Wonach sah es denn für dich aus, Jordan? Nach einem gemütlichen Nickerchen? Die Alpträume kamen in letzter Zeit immer wieder, und sie wurden Mal für Mal schlimmer. Aber damit würde ich ihn nicht auch noch belasten.
Stattdessen fragte ich, um einen lockeren Ton bemüht: "Wie lange habe ich geschlafen? Habe ich was wichtiges verpasst?" Jordan sah mich noch immer abschätzend an, dann nahm er meine kleine Hand in seine große und flüsterte: "Du hast bestimmt 1 h geschlafen wie ein Murmeltier, Respekt. Aber jetzt lenk nicht ab, Kleine. Was genau war das eben? Kann ich dir irgendwie helfen?"
Ich fühlte mich ein wenig zu unwohl auf Grund seiner Neugierde und entzog ihm vorsichtig meine Hand. Immer schön auf neutralem Boden bleiben, Lucinda.
Ich schenkte ihm ein Lächeln, welches allerdings gehörig danebenging und widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Professor, der von meinem kleinen Aussetzer wohl nichts mitbekommen hatte. Ein Glück.
"Hey, sag mal würdest du heute Abend mit mir ins Kino gehen? Also nur falls du Zeit findest, ich weiß ja dass du durch deinen Job nicht so viel Freizeit hast. Aber..", nachdenklich fuhr er sich mit seiner Pranke von Hand über den Nacken, "Naja ich denke dir würde ein wenig Ablenkung bestimmt gut tun, oder?"
Ein wenig von seinem Vorschlag überrumpelt, knetete ich gedankenverloren an meinen Fingern und betrachtete Jordan verstohlen von der Seite. Sollte ich? Und wie steht Jordan zu mir? Will er eventuell mehr als ich? Ich mein, schlecht sieht er nun wirklich nicht aus mit seinen feinen Gesichtszügen, der Brille und den freundlichen blauen Augen, mal ganz davon abgesehen, dass er durch sein regelmäßiges Rudertraining einen nicht zu verachtenden Körper hat, aber stehe ich auf so etwas? Keine Ahnung.
Jordan schien meinen Blick auf sich gespürt zu haben, denn er zwinkerte mir von der Seite zu. "Hey Spannerin, bekomme ich noch eine Antwort?" Unwillkürlich musste ich grinsen und nickte schließlich. Warum auch nicht? "Okay, Jordan, lass uns ins Kino gehen."

Dunkles VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt